Sicher, hier fehlt je nach Sichtweise Farbe und offiziell einige Minuten Filmmaterial, doch Lost Horizon oder deutsch "In Fesseln von Shangri-La" ist einer der großen Klassiker. Ein zumindest Übersee etwas zu Unrecht vergessener, angesichts dieser harten Fakten: Frank Capra, ein der Großen des alten Hollywoods, zwei Jahre Produktion, ein riesiges Budget, zwei Oscars bei sieben Nominierungen, ein umgebautes Gefrierhaus als Schneesturm-Schauplatz, eine unvergleichlich große Filmkulisse. Fakt ist aber auch, das die großen Darsteller fehlen.
Shangri-La, ein fiktives tibetisches Paradies, ein märchenhafter Sehnsuchtsort des Friedens, ein Jungbrunnen. Hier hin werden fünf westliche Abenteurer aus der realen Welt, also die voller zivilisatorischer Konflikte, gespült. Ihr Aufenthalt ist ein in Plädoyer für Pazifismus, Entschleunigung, Zusammenhalt und einem einfachen Leben. Der ewige Traum der Menschheit von Glück und Gesundheit. Einen, dem die Protagonisten, bis auf eine Heilsbringer-Figur, aber in der filmischen Realität schnell wieder entfliehen wollen. Eine Vorlage nach der anderen also für existenzielle Fragen. Ein blauäugiger Film? Sagen wir idealistisch und voller positiv herausfordernder Gedanken, allerdings doch recht oberflächlich. Sozialkritisch? Dem Spirit entsprechend umso unterschwelliger. Ein Epos? Bildlich am Anfang und Ende, der große Mittelteil ist doch sehr gediegen, aber episch im gesprochenen Wort.
Vor fast 100 Jahren sah man dem Zusammenbruch der sich selbst zerstörenden Gesellschaft vor Augen. Was würden die Denker seinerzeit wohl zu den aktuellen entmenschlichten Trümmerhaufen sagen?