Wer hätte das gedacht?
Es gibt ihn also doch noch, den modernen Film, der auch ohne übertriebene Effekte auskommt und fast ausschließlich an einem Schauplatz spielt, aber dennoch gehörig Spannung aufbauen kann und den Zuschauer zu fesseln vermag.
Anfänglich war ich zugegeben etwas skeptisch, nachdem ein ähnlich anmutendes Konzept beim Film "The Forgotten" meiner Meinung nach vollkommen in die Tiefen der gänzlich kreativitätsfreien Hose ging. Aber zumindest aus dem Trailer zu "Flightplan" sollte man wohl schließen können, dass wir es hier nicht mit übersinnlichem Hokuspokus zu tun bekommen werden.
Die Geschichte beginnt mit einigen anfangs kurz verwirrenden Schnitten und Sprüngen im verschneiten Berlin. Schon früh wird dem Zuschauer eine melancholisch-düstere Stimmung vermittelt, die treffend die Gefühlswelt der zentralen Hauptfigur Kyle Pratt (Jodie Foster) widerspiegelt. Hintergründe und Ausgangslage werden rasch verdeutlicht und so befindet man sich schon nach recht kurzer Zeit an Bord des großen Passagierflugzeuges auf seinem Weg nach New York – und die eigentliche Geschichte kann ihren Lauf nehmen.
Der verstorbene Ehemann soll im Sarg nach Amerika zur letzten Ruhe gebracht werden. Die Mutter und ihre 6-jährige Tochter Julia fliegen mit, um in den USA einen neuen Anfang zu schaffen. Die psychisch-labile Verfassung, in der sich beide befinden, wird durchaus überzeugend gespielt, das beängstigend klaustrophobisch anmutende Setting des fliegenden Riesenjets tut das Übrige. Insbesondere Jodie Foster läuft für meinen Geschmack zur Höchstform auf, spätestens als sie nach kurzem Nickerchen erwacht und ihre Tochter plötzlich verschwunden ist. Niemand will etwas bemerkt haben, Kyle wird immer aufgeregter und verstörter... und auch der Zuschauer fühlt sich alsbald von einer festen Faust der Spannung gepackt und zwischen Realität und psychischer Geschwächtheit der Protagonistin hin und hergerissen. Wo ist die Tochter, und was ist passiert? Ist sie überhaupt mit an Bord gekommen, oder spielt die schwere Trauer der Mutter ihr einen bösen Streich? Geschickt wird der Spannungsbogen auch weiterhin durch verschiedene Wendungen und neue Informationen aufrecht gehalten, und der Zuschauer wird durch die schauspielerische Leistung und die geschickte abwechslungsreiche Inszenierung – die ja eben nur in einem Flugzeug spielt – mit in die Wahrnehmung und Wissenswelt der Kyle Pratt gezogen. Somit sind auch wir nicht klüger als sie.
Selbst als der Film schließlich zu seiner Auflösung gelangt, schafft Schwentke es auch weiterhin, den Zuschauer zu fesseln. Immer neue Kameraperspektiven, die endlich mal nichts zu kopieren suchen, sondern ganz und gar dem Film und seiner Geschichte folgend eingesetzt werden, ein Soundtrack, der nicht übertrieben fehlende visuelle Durchhänger ausgleichen muss und keine übertriebenen Spezialeffekte, die von großen Storylöchern ablenken sollen oder müssen – all dies verleiht dem Film eine besondere Ehrlichkeit und irgendwie auch Glaubwürdigkeit.
Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass sich auch hier einige "Aber-was-wäre-denn-gewesen-wenn"- oder "Wie-kann-es-sein-dass"-Fragen aufdrängen. So bleibt auch "Flightplan" leider nicht von einigen dramaturgischen Ungereimtheiten verschont, was aber zum Glück während des Filmes kaum weiter ins Gewicht fällt, denn viel Zeit zum Nachdenken wird dem Zuschauer erst gar nicht gegeben (zudem lässt sich so mancher logischer Fehler auch im Nachhinein durchaus überzeugend relativieren und verzeihen). Naja, und über die wenigen und zudem kurzen hollywoodtypischen und eher klischeehaften Szenen kann man im Gesamteindruck auch hinwegsehen; gehört halt beim Kinovergnügen "Made in USA" mittlerweile zum obligaten Standardrepertoire. Unterm Strich bleibt aber festzuhalten: So manch anderem Film gelingt der Spagat zwischen einer intelligenten Story und weitgehendem Verzicht auf einen tricktechnischen visuellen Overkill weitaus weniger als hier. Entweder man wird von einer zu konstruierten Geschichte vergrault oder gibt sich vollkommen sinnfreien Actionorgien hin (was ja auch nicht schlecht sein muss – leider aber nur selten wirklich überzeugend funktioniert). Dass man sich aber beim modernen Spannungskino auf schwache Remakes oder Drehbücher wie ein Schweizer Käse beschränken muss, wird auf clevere Weise widerlegt.
Ergo: Endlich mal wieder ein von Anfang bis Ende spannender Film, der dank seiner hervorragenden Hauptdarstellerin und einer gekonnten Inszenierung auch die wenigen Unklarheiten und Stolpersteine des Drehbuchs zu überwinden vermag. Statt viel Schnickschnack bietet uns Schwentke eine überzeugende Jodie Foster in einer cineastisch bodenständigen Verfilmung. Wenn der Deutsche so weiter macht, kann ich mich ehrlich auf seine weiteren Werke freuen. Wie der Film beim zweiten Mal anschauen wirkt, kann ich leider nicht sagen. Aber das sollte sowieso keinen Einfluss auf die Bewertung haben. Nicht hinterfragen - anschauen! (8/10)