Als einen Volltreffer kann man Dokumentarfilme wie diesen bezeichnen. Einige Szenen sind zwar nachgestellt, gleichzeitig haben sie sich aber so oder ähnlich abgespielt. Das bestätigen auch diverse literarische Publikationen. Verfaßt von rennomierten Journalisten, die den Fall des letzten Mafia-Oberbosses von Sizilien stetig aufzurollen versuchen. Bernardo Provenzano, der Mann, der sich über 40 Jahre lang auf der "Flucht" befand. Filmemacher Marco Amenta stellt hier die weitestgehend naive Frage: Wie kann sich jemand so lange und unbemerkt auf einer Insel verstecken? Die Antwort darauf war vielen Menschen bereits vorher klar, aber Amenta beabsichtigte, die gesamt-europäischen Zuschauer mit einzubeziehen und dokumentierte seinen Film aufklärerisch, aber ungemein interessant. Amenta hat einige Interviews und Darstellungen zu filmreif ins rechte Licht gesetzt, zu diabolisch sieht er Bernardo Provenzano manchmal, dessen Geschichte hier, wenngleich nicht ganz fehlerfrei, erzählt wird. Amenta selbst hatte seine Gründe, sich diesem Thema zu widmen. Zwei seiner Freunde waren Leibwächter von Richter Giovanni Falcone und seinem Partner Paolo Borsellino, die als Mafiajäger schon zu Lebzeiten in die Geschichte eingingen. Sie und die beiden Richter wurden bei verheerenden Bombenanschlägen auf Sizilien im Jahre 1992 von der Mafia ermordet. Hauptsächlich auf Befehl des grausamen Mafioso Totó Riina, auch die Bestie genannt, und in der damaligen Funktion des Capo di tutti capi an der Spitze aller Bosse. Als rechte Hand nominierte er Bernardo Provenzano, seinen alten, freundschaftlich verbundenen Wegbegleiter aus Corleone. Beide zogen als Soldaten für ihren Boss, Luciano Leggio, in den sogenannten 1. Mafiakrieg (1962-1963) und hinterließen eine blutige Spur. Bei einem Schußwechsel verletzte sich der noch junge Provenzano und mußte in einer Klinik ambulant behandelt werden. Man versorgte die Wunde und ließ ihn daraufhin laufen. Seit diesem Zeitpunkt war Bernardo Provenzano verschwunden. Für immer, wie man glaubte.* Auch der 2. Mafiakrieg, (la mattanza, 1981-1983) der mit dem Einmarsch der Corleoneser in Palermo endete, wird insbesondere durch erstmals freigegebenes Foto & Videomaterial ergänzt, das die Ermittler hierfür freigegeben haben. Dieses beeindruckend dokumentarische Trauerspiel lief in deutscher Sprachübersetzung auf ARTE unter dem Titel "Der letzte Pate". Einige Zeit später strahlte die ARD eine weitaus vollständigere Version mit dem Titel "Das Phantom von Corleone" aus.
*Es muß hinzugefügt werden, daß sich Bernardo Provenzano zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Films offiziell noch auf der Flucht befand. Bereits zu jener Zeit versteckte er sich seit über 40 Jahren und wurde in Abwesenheit wegen mehrfachen Mordes und anderer Anklagepunkte zu mehreren lebenslangen Haftstrafen verurteilt.
Der einsame Detektiv (11. 3. 2010)