Ja, ich gebe zu, ich steh' auf Kampfszenen! Als passionierter Jackie-Chan-Fan und selbst Kampfkünstler schlägt mein Herz schneller, wenn ich Tony Jaa sehe. Oder zumindest, was dieser Goldjunge kann. Seine akrobatischen und kämpferischen Leistungen sind, ohne zu übertreiben, oberste Spitzenklasse. Was er vor der Kamera macht, hat man so bisher noch von niemandem gesehen, der nicht an einem Drahtseil gekettet war.
Revenge of the Warrior ist, genauso wie das Prequel im Geiste Ong-Bak, eine thailändische Filmproduktion. Die ist bisher weder für ihre guten Streifen noch überhaupt bekannt gewesen. Bis Ong-Bak das Licht der Welt erblickte und ein internationaler Erfolg wurde. Geschafft hat der Film dies durch nie da gewesene, atemberaubende und unglaublich intensive Kampfszenen im ebenfalls bis dato unbekannten Muay-Thai-Kickboxstil. Hauptsächlich mit Ellbogen und Schienbein kämpft sich ein Junge, der eigentlich nur Gutes im Kopf hat, durch Horden von bösen Gangstern. Dieses Schema trifft auf beide Filme zu. Diesmal sucht er, Kham, ein Elefantenjunge, in Australien, Sydney nach seinen beiden entführten Elefanten. In Ong-Bak war's übrigens ein entführter Statuenkopf, was meiner Meinung nach viel weniger nachvollziehbar war und schon fast wie religöser Fanatismus wirkte. Die Geschichte um die Freundschaft zwischen Mensch und Tier und der Rache am Tod der Elefantenkuh klappt einfach besser und geht künstlerisch sogar am Ende als Metapher für die großen Gegner auf. Der Nebenplot um den ermordeten Polizeichef und die Straßengang als exekutiver Arm eines riesigen Wirtschaftsmoguls und den thailändischen Polizisten allerdings ist so undurchsichtig und, ja schlicht und ergreifend unwichtig, dass diese Szenen die Mitte des Films unnötig ziehen. Es wurde also wieder bewiesen, dass das Team um Regiesseur Prachya Pinkaew keine vernünftige Story erzählen kann.
Das macht aber nicht viel aus, da sie sowieso nur der Aufhänger für die grandiosen Kampfsequenzen ist. Im Grunde genommen erinnert der Film an die Kung-Fu-Klassiker der 70er Jahre, nur das heute zumindest der Versuch um eine richtige Geschichte existiert, wenn auch der weitestgehend erfolglose. Fernerhin denke ich, dass der finanzielle Erfolg von Ong-Bak geringstenfalls der ersten Hälfte von Revenge of the Warrior nicht gut getan hat. Hier wurde u. a. in einer recht lächerlichen Bootsverfolgungsjagd versucht, Action und Explosionen darzubieten, die man schon hundertmal besser gesehen hat. Zur zweiten Hälfte hin konzentriert sich der Film dann genau auf das, was er am besten kann: einen rachebetäubten Superkämpfer in Extase zeigen, der einer Hundertschaft von Gegnern den Garaus macht, und zwar in professionellen Kameraeinstellungen und mit dem richtigen Tempo, was Hollywoodproduktionen z. B. ülicherweise nie hinkriegen. Darin übertrifft er sogar Ong-Bak, Parallelen sind trotzdem erkennbar. Beide Filme folgen einer sehr strikten Struktur, die von ihrer Klimax lebt: Zu Anfang sind die Gegner allesamt kein Problem für den Helden, doch im Verlauf des Films kommt er an seine Grenzen, überwindet selbst diese wieder und geht als gezeichneter Sieger vom Platz, wobei ich es allerdings stimmiger und moralvoller gefunden hätte, wäre Kham am Ende heldenhaft gestorben. Während in Ong-Bak versucht wurde, sämtliche Kampfarten abzuhandeln ("sportlicher" Ringkampf, Straßenkampf, Waffenkampf, Einzel- und Gruppenkämpfe), setzt Revenge of the Warrior mehr auf Masse statt Klasse der Gegner, obwohl auch hier besondere Schmankel aus der Trickkiste gezogen werden, die das Klischeeherz höher schlagen lassen: der tanzende Capoerakämpfer, der turmhohe Massivholzwrestler und die waffenschwingende Lady. Dabei schafft es der Film, eine konsequente, funktionierende Steigerung in der Intensität der Kämpfe aufzubauen. Doch auch weitere avantgard'sche Kniffe sind zu entdecken, wie die laut imdb.com längste, ohne Cut unterbrochene Kampfszene der Filmgeschichte; sie dauert über fünf Minuten lang. Dies ist eine unglaubliche logistische Meisterleistung!
Fans dieser Art von Knochenbrecher-Action können sich den Film bedenkenlos antun, da er wieder einmal bisher ungesehene Szenen zu bieten hat. Dafür müssen Abstriche bei Story sowie Charakterzeichnung gemacht werden, da einfach keine erzählenswerte Geschichte erreicht wird. Die Figuren bleiben, bis auf Kham, profillos und nur Mittel zum Zweck. Die schauspielerischen Leistungen sind besser als bei Ong-Bak, zweifelsohne, aber immer noch auf Thai-Niveau. Ich würde nicht sagen, dass das alles bei einem solchen Film egal ist, wie es viele andere tun. Andererseits muss man auch immer die Intention eines solchen Werks beachten, wie stets bei Kunst: Dieser Film möchte spektakuläre Bilder transponieren, und keine fein ausgearbeitete Geschichte. Wobei ich mir dann auch die Kampfszenen seperat zusammenhangslos anschauen würde und keinen Film als Rahmen bräuchte, doch damit lässt sich natürlich nicht soviel Geld machen wie mit einem Kinofilm. Und Geld braucht der thailändische Film.
Wie angemerkt, für Kampfsportmuffel ist der Film definitiv nichts. Aber man sieht wieder par excellence, wie sich bei einem Film die Geister scheiden können.
Bleibt auf weitere Filme aus der thailändischen Traum(a)fabrik zu warten, insbesondere auf Ong-Bak 2. Meine Prognose ist da allerdings eher auf Bodenhöhe angesiedelt: Lange kann diese Jagd nach Superlativen nicht gut gehen, was man an Born to Fight sieht. Der Trailer zeigte mir persönlich nur auf denselben Zug aufgesprungene, wenn auch recht originelle Action, diesmal aber von mehreren Hauptakteuren. An dieser Stelle muss ich anmerken, dass Ong-Bak und Revenge of the Warrior von Tony Jaas Charakter und Ausstrahlung getragen werden, sodass der Film in ihm seine Identität findet. Wie manche Menschen allerdings auf die Idee kommen, er sei der neue Jackie Chan, ist mir unergründlich; er ist vielmehr der moderne, optimierte Bruce Lee.