Dass Horrorfilme dank blutiger, makabrer Szenen nicht grundsätzlich sofort ins Primitive/Perverse abgleiten müssen, beweist eindrucksvoll der südkoreanische Genre-Beitrag Cello. Dabei ist der Film gar nicht so sehr als reinrassiger Horrorstreifen anzusehen als vielmehr eine perfekte Symbiose zwischen tragischem Familienmelodram, straffem Spannungsbogen und blutigem Grauen, dargereicht in perfekt polierten, qualitativ hochwertigen Bildern (was ja schon fast koreanischer Standard ist).
Zunächst einmal beginnt Cello wie ein durchschnittliches Drama. Hong Mi-Ju (Seong Hyeon-A), die mit ihrem Mann, zwei kleinen Töchtern und ihrer Schwester in einem großen Haus lebt, arbeitet als Aushilfslehrerin an einer Universität. Eine ihrer Schülerinnen verursacht ihr jedoch Probleme, da sie der Meinung ist, Mi-Ju wäre schuld an ihrem schlechten Zeugnis. Diese Schülerin ist es auch, die alles ins Rollen bringt, nachdem sie scheinbar in Mi-Jus dunkler Vergangenheit gegraben hat und Mi-Ju dies auch wissen lässt. Schon recht früh im Film wird der Zuschauer darauf hingewiesen, dass Mi-Ju in ihrer eigenen Studentenzeit Cello gespielt hat, aber niemandem verraten möchte, weshalb sie irgendwann damit aufgehört hat. Einen Großteil der Spannung hat Cello genau diesem Vorfall in der Vergangenheit zu verdanken, der in einigen Rückblenden nach und nach rekonstruiert wird.
Als Mi-Jus stumme Tochter sich ein Cello wünscht, gehen im Hause der Hongs seit dem Erwerb besagten Cellos seltsame Dinge vor sich. Und siehe da, Mi-Ju hatte früher eine Cello-Partnerin, Kim Tae-Yeon (Park Da-An), die bei einem Autounfall ums Leben kam. Und genau die wütet nun als Geist durch Mi-Jus Haus, angetrieben von nackten Rachegedanken, unter denen nicht nur Mi-Ju selbst, sondern ihr ganzes Umfeld leiden muss. Die ersten Leute sterben.
In Cello wird stellenweise eine ganze Menge Blut vergossen, wobei es der Film meisterhaft versteht, diese Szenen nie auf das Niveau einer dieser sensationsgeilen Splatterfilme hinabzuschrauben. Bei Cello fühlt es sich eher so an, als wären die Protagonisten nur deshalb blutüberströmt, weil die Dinge, die ihnen widerfahren, ganz einfach einen Blutrausch erfordern. Außerdem verdichtet das ganze Blut noch das Gefühl, dass es sich hier um ein gar nicht so abwegiges Familienmassaker handelt, wenn man mal außer Acht lässt, dass der ganze Plot von einem Geist geleitet wird. Was jedoch viel schockierender anmuten mag als einige wirkungsvoll eingestreute Schockmomente, ist die Tatsache, dass es sich hier um eine Mutter handelt, die nach und nach ihre Familie verliert, während sie selbst, auf gewisse Weise, noch nicht einmal ganz unschuldig daran ist.
Nachdem ich einige entweder eher langweilige, übertriebene oder durchschnittliche asiatische Horrorfilme gesehen habe, zählt Cello für mich ganz klar zu einem der besten dieses Genres. Wer kann einer gelungenen Mischung aus spannender und dramatischer Handlung, großartigem Kameraspiel und einem schönen, atmosphärisch passendem Soundtrack (größtenteils Cello-Musik) schon widerstehen?