Der blanke Trash!
Eine weitere "Distel" auf dem ungepflügten Acker deutsch-dilettantischer Trash-Serien, die Mitte der 90er Jahre auf diversen offenen TV-Kanälen deutscher Großstädte erwuchsen - und sich in Auge und Ohr des neugierigen Zuschauers stachen.
Im Gegensatz zu den anderen Trash-Serien, wie "Montagskinder", "Berlin Bohème" oder "Licht und Schatten", die meist in bestimmten "Milieus" angesiedelt sind, zeichnet sich die "Silhouette des Tunnels" als komplette Kopistin amerikanischer Prime Time-Seifenopern der 80er Jahre Glamour-Epoche aus.
Schon der "Pannel"-Vorspann der ersten Episoden erinnert nicht nur in punkto "Schnitt-Gestaltung", sondern auch im Rahmen der musikalischen Untermalung an die TV-Serie "Knots Landing" (deutsch: "Unter der Sonne Kaliforniens").
Was folgt, ist eine verworrene Handlung, in der ein geheimnisvernebelter Tunnel, eine Gelenkpuppe (*hüstel), Psycho-Krisen, lilabesockte Piraten, korrupte Polizisten, mordende Knastschwestern, schizophrene Moderatorinnen, mafiöse "Organisationen" und die ach so schreckliche Vergangenheit mittelalterlicher Familien-Geschichte ihr hysterisch-unerträgliches Unwesen treiben!
Erahnt man in dem Wirrwarr einen Handlungsstrang, glaubt man, ihn irgendwo schon einmal gesehen zu haben. Ein tablettenschluckendes Opfer, das zum Suizid gezwungen werden soll, gekidnappte Kinder, Drogen-"Süchteleien" (die jedweder Substanz entbehren), blutige Massaker auf einer Feier, meuchelnde Knast-Insassinnen, usw. erinnern doch stark an Szenen aus "Unter der Sonne Kaliforniens", "Denver Clan", "Hinter Gittern" oder vor allem auch an "Melrose Place". Nur eben vollkommen dilettantisch in Szene gesetzt.
Gewollt oder ungewollt, fragt man sich da. Schließlich darf man nicht vergessen, dass es sich hier um eine "non profit" Trash-Soap handelt, die sich die Klischee-Überfrachtung anscheinend zur Aufgabe gemacht hat.
Und die Darsteller? Dass es sich hierbei um Laiendarsteller handelt, liegt auf der Hand. Ausnehmend sei hier Johanna Bassermann zu erwähnen, die Fans der "Lindenstraße" als "Philomena Bennarsch" noch in guter Erinnerung sein dürfte. Ansonsten konnten sich einige der Darsteller in den Folgejahren durch andere vergleichslos professionellere Theater- und Film-Projekte schauspielerisch weiterentwickeln (C. Eichholz, D. Lange-Mensing, B. Firnrohr).
Trotz aller Kritik bleibt zu erwähnen, dass "Macher" Michael Thiel (der gleichzeitig als Haupt-Akteur in jeder Episode; oder sogar jeder Szene zu sehen war) anscheinend viel Energie in die Serie steckte (immerhin lief sie über drei Jahre lang). Überdies wurde er dem Trash-Soap-Genre auf erfrischende Art in einer völlig anderen Interpretation dieses "Mediums" gerecht.
Ein abschließender Gedanke umfasst die Tatsache, dass sich das Phämonem der Trash-Soaps der 90er Jahre heute einige free TV-Sender zu eigen gemacht haben. Im Vergleich hätte es die "Silhouette des Tunnels" locker mit einer Sendung wie "K 11" aufnehmen können, sofern sie die gleichen technischen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt bekommen hätte. Rein schauspielerisch wäre wahrscheinlich noch ein besseres Ergebnis dabei herausgekommen!