Review
von Leimbacher-Mario
Propaganda als Antikriegsfilm?
John Huston war selbst vor Ort und Veteran des zweiten Weltkriegs. Seine kurze Doku „San Pietro“ schildert und bebildert einen kleinen Auszug, eine tödliche Schlacht im Herzen Italiens. Nur eine von vielen. Und dennoch entscheidend und niederschmetternd. Damals wohl als Heldendenkmal und Motivation für die Übriggebliebenen, Weiterkämpfenden gedacht. Und dennoch abschreckend und schockierend. Damals als ausschließlich echtes Material ausgegeben. Mittlerweile ist bekannt, dass es eine Mixtur aus kurz nach der Schlacht (nach)gedrehtem Material und echten Kampfhandlungen ist. Doch auch das ändert kaum etwas an der durchschlagenden Wirkung dieser amerikanischen „Propaganda“.
Propaganda wurde damals von allen Seiten genügend gedreht und in den jeweiligen Kinos meist vor den Spielfilmen gezeigt, mit Nachrichten vermischt. Warum „San Pietro“ aber weit über die damals üblichen Kurzfilme und einseitigen Montagen hinausgeht, völlig zurecht die Zeit überstanden und seinen starken Ruf erarbeitet/erhalten hat, erkennt man ohne Verzögerung. Selbst wenn man über „Fake Material“ reden oder gar schimpfen kann. Aber der Nachdruck und den Schrecken, den das Gezeigte hat, ist nicht wegzudiskutieren. Regisseure, Filmemacher, Kameraleute und Nachrichtenmitarbeiter direkt neben Bombeneinschlägen im Nebel des Krieges. Tote Soldaten, die von ihren Kameraden den Hügel runter getragen werden. Unnachgiebiges Kreuzfeuer der Gegner. Geflüchtete und trauernde Einwohner. Mienen nach der Schlacht, die noch etliche neue Opfer, meist Anwohner, nach sich ziehen. Und das alles „nur“ für ein kleines Dorf in Mittelitalien, einen womöglich strategisch wichtigen Punkt. Schachfiguren mit dem Mut der Verzweiflung. Nicht allzu viel Pathos. Zumindest für seine „Art“. Konsequenzen und Willen. Etliche junge Leben und ganze Familienstränge ausgelöscht. Natürlich legt Huston auch Wert darauf zu betonen, dass das keiner toll finden kann, aber es eben sein musste. Dass kleine, hart errungene Siege manchmal den Unterschied machen können. Dass keiner von den Jungs umsonst gestorben ist. Den Schmerz, die gewisse Leere und die nachhallende Abschreckung der schrecklichen Bilder und solcher Konflikte nimmt das aber kein Bisschen.
Fazit: „San Pietro“ ist eines der bekanntesten und beeindruckendsten Stücke filmischer Militärpropaganda aller Zeiten. Doch man spürt sehr schnell, dass hinter John Hustons Doku noch mehr steckt. Heldentum. Schmerz. Patriotismus. Schrecken. Tod. Motivation. Erinnerung.