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Wenn man seine Filmparodie nicht etwa primär an den weltberühmten Paul-Verhoeven-Klassiker anlehnt, dessen legendäre Verhörszene man sich trotzdem für das Poster borgt, sondern ganz direkt nach einem bedeutungslosen Michael-Madsen-Thriller aus dem Vorjahr benennt… dafür braucht man schon Nüsse. Oder einen Carl Reiner.

„Fatal Instinct“ nennt sich das Ergebnis offiziell, wurde aber während der Produktionsphase auch mal „Frontal Attraction“ gerufen, bekam im Nachhinein den Spitznamen „Triple Indemnity“ verpasst und wurde nebenher für den begriffsstutzigen Deutschen in „Crazy Instinct“ umbenannt, um die phonetische Nähe zur Basic-Instinct-Schablone zu bewahren und marktschreierisch darauf hinzuweisen, dass wir es mit einem lustigen Film zu tun haben. Ein Titel-Overkill, der aber doch ungefähr eine Vorstellung davon geben dürfte, auf welches Ziel die Konfetti-Kanone ausgerichtet ist.

Spoof Comedy ist ja dank Zucker-Abrahams-Zucker, Mel Brooks & Co. immer schon eine äußerst bunte Angelegenheit gewesen. Ob Western, Science Fiction oder Katastrophenfilm, kein Genre war je heilig, mit Ausnahme der Komödie selbst natürlich, die immun ist gegen jede Form des Parodiertwerdens. Wo allerdings der Ernst, die Anmut, die Eitelkeit regieren, da ist ihr Zerrspiegel nicht weit.

1993 schmorte der parodistische Film allerdings schon ein wenig im eigenen Saft. „Hot Shots“ unternahm bereits seinen zweiten Versuch, den Actionfilm auf den Arm zu nehmen, „Loaded Weapon“ schlug bequem in die gleiche Kerbe und buchstabierte sein primäres Vorbild dabei inzwischen sogar schon aus. Dass die 80er auch und vor allem eine Dekade des Actionfilms waren, lässt sich an der Häufung von hochexplosivem Gag-Material gut ablesen. Selbst „Robin Hood – Helden in Strumpfhosen“, eine Demontage von Edelmut und Heldentum, ist im Dunstkreis der Ballerbirnenbrüder Charlie Sheen und Emilio Estevez einzuordnen, denn was ist das altmodische Wald- und Wiesenabenteuer schließlich anderes als Action mit schmalem Kaliber?

Reiner wiederum gibt vor, sich vornehmlich am klassischen Film Noir abzuarbeiten, einer Ausformung des US-amerikanischen Kriminalfilms, die in ihrer ursprünglichen Form in den 40er und 50er Jahren verbreitet war und mit Eleganz wesentlich mehr zu tun hatte als mit Daueraction. Mit Blick auf die Hauptfigur hat man allerdings vom Start weg das Gefühl, all der Zigarettenqualm, die Saxophone und der Fatalismus stehen am Ende im Dienste des Bemühens, im Fahrwasser der neuen Galionsfigur der Spoof-Komödie zu schwimmen, der Nackten Kanone höchstpersönlich, Leslie Nielsens Trottel-Cop Frank Drebin.

Wenig jedenfalls unterscheidet Armand Assantes („Vorhof zum Paradies„) Interpretation eines Gesetzeshüters von Nielsen, der im Jahr darauf zum dritten und letzten Mal als Drebin auf Verbrecherjagd gehen sollte. Alle Trademarks sind da: Signale werden falsch gedeutet, Fettnäpfchen en masse mitgenommen, das große Ganze geflissentlich ignoriert, das selbst verkörperte Stereotyp bleibt unverrückbar in einem eskalierenden Plot der Widerstände. Assantes Charakter Ned Ravine, der seinen Namen dem Ned Racine aus „Body Heat“ (1981) zu verdanken hat, ist zwar eher Noir Detective als schießwütiger Dinosaurier-Cop der Eastwood-Schule, aber auch der Drebin-Humor zeigte sich ja stets leicht angenoirt und liebäugelte mit der Hilflosigkeit des Mannes im Angesicht rassiger Weiblichkeit.

Während die Police-Procedural-Routine in etwa dieselbe ist wie bei „Die nackte Kanone“, wo es von Tatort zu Tatort ging, geht das Drehbuch von „Crazy Instinct“ jedoch eigene Wege und kreuzt Milieus, in denen Reiner als Regisseur bereits zu Gast war („Tote tragen keine Karos“, 1982). Klassische Noirs wie Billy Wilders „Frau ohne Gewissen“ (1944) und moderne Erotikthriller wie Adrian Lynes „Eine verhängnisvolle Affäre“ (1987) setzen die Koordinaten und liefern Stoff nicht nur für einzelne Slapstickeinlagen und Easter Eggs, sondern für ganze Plotelemente. Gleich bei der Eröffnung am Santa Monica Pier bedient sich die Inszenierung sämtlicher Tricks des Business, beginnend mit einem Close-Up-Schwenks in Form stöckelnder Frauenfüße, gehüllt in High Heels. Wir wissen, dass die Kamera nun die wohlgeformten Linien hinauf in den Norden nehmen wird.

Nur diesmal wird nichts draus, weil sich sämtlicher Müll des Stegs am Absatz der Dame verfängt, die daraufhin hektisch mit dem Bein zu zucken beginnt. Im Namen des heiligen Running Gags kann man sich schon mal darauf einstellen, dass der unkonventionelle Müllpicker in den weiteren Szenen-Intros noch eine Menge zu tun bekommen wird; es ist der Auftakt des üblichen Spiels zwischen der Erwartungshaltung, gebildet durch jahrzehntelang ausgereifte Konventionen, und dem Bestreben, sie konsequent zu unterlaufen.

Obwohl Assantes Deadpan-Humor im Grunde nicht viel anders funktioniert als der seines weißhaarigen Kollegen, geht die Rechnung zumeist nicht ganz auf, was man ebenso über Reiners Regie sagen könnte. Wenn die Dame in unschuldigem Weiß um Feuer für ihre Zigarette bittet und der Detective eine Taschenlampe hinhält, ist das ein Gag, der nicht erst in der deutschen Übersetzung verlorengeht, sondern im Grunde nie einer war; zumindest keiner von Format.

Man kann nicht so recht einordnen, wo es hakt. Gefeuert wird schließlich aus allen Rohren, auch die Streuung ist breit: Es gibt Zitate und Nachstellungen bekannter Filmszenen, Double Entendres und Funny Background Events in praktisch jeder Filmminute. Naturgemäß sitzt gelegentlich auch ein Schuss, und Humor ist immerhin etwas zutiefst Individuelles, so dass das Muster der Einschusslöcher wohl bei jedem Zuschauer ein wenig anders aussieht. Und doch wirkt aus dem Vergleich mit den Premium-Vertretern dieser speziellen Art der Comedy vieles schlichtweg plump, verkrampft und unnatürlich; ein wenig so, als würde das alles auf dem Papier wesentlich besser funktionieren.

Assante möchte man dabei eigentlich gar keinen Vorwurf machen, ebenso wenig wie der Casting-Abteilung. Der Hauptdarsteller hat den geeigneten Rollenhintergrund und genau die steinernen Gesichtszüge, um einen den Part überzeugend auszufüllen. Aber wer in einer solchen Rolle gegen einen Leslie Nielsen antritt, kämpft eben gegen Windmühlen… obwohl seine Körperbeherrschung beim Mambo in roten Hochhackigen wahrlich eine echte Schau ist. Auch Sean Young erstarrt als Abziehbild der blonden Versuchung in den kühlen Anlagen ihrer Figur, so dass die Kontraste zwischen Unnahbarkeit und menschlichem Makel bei ihr nicht deutlich genug werden. Besser schneidet da schon Sherilyn Fenn als liebreizende Sekretärin ab, weil sie wesentlich mehr Nuancen aus ihrer grundsätzlich ebenso stereotypen Figur herausholt. Christopher McDonald und Kate Nelligan in einem heißblütigen Verhältnis sowie James Remar als De-Niro-Karikatur funktionieren immerhin als Comic Reliefs nahezu perfekt.

In letzter Instanz ist der Film Noir aber vielleicht auch nicht das dankbarste Objekt für eine Persiflage; nicht etwa, weil sich seine Anlagen dafür nicht eigneten, sondern weil seine Angriffspunkte im Verlauf der fortschreitenden Postmoderne bis auf die Knochen geplündert wurden, nicht nur von namhafteren Beiträgen ähnlicher Art wie „Dick Tracy“ (1990) oder „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ (1988), sondern sogar von Filmen, die sich den parodistischen Akt nicht als Primärziel auf die Flagge geschrieben haben. Als wenig beachteter Vertreter zweiter Reihe in einer Filmgattung, die in den frühen 90ern fast vollständig von zwei, drei späteren Klassikern dominiert wurde, lassen sich in einer Restekiste aus Räusperern und trockenen Hustern aber immerhin eine Handvoll hochgezogener Mundwinkel bergen, hervorgebracht von einem einsatzfreudigen Armand Assante und einer hinreißenden Sherilyn Fenn.

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