Inhalt:
David (Tobey Maguire, hier noch vor seiner Spiderman-Ära) ist einer dieser typischen "Nerds" - in der Schule unauffällig, erfolglos bei den Mädchen, aber ein großer Fan einer alten 50er Jahre Fernseh-Soap namens "Pleasantville". Er kennt alle Folgen auswendig, kann Dialoge synchron mitsprechen und fiebert seit Tagen dem großen Event der langen Pleasantville-Nacht entgegen: Vier Stunden schwarzweiße, naive Glückseligkeit in Folge.
Seine Schwester Jennifer (Reese Witherspoon) scheint das genaue Gegenteil von David zu sein: Cool, schulischen Leistungen gegenüber eher unambitioniert, hat sie es endlich geschafft, bei allen beliebt und angesagt zu sein. Den Höhepunkt ihrer gesellschaftlichen Karriere an der Highschool stellt ein gemeinsamer Fernsehabend mit dem coolsten Typen der Schule dar. Problem: Ausgerechnet an dem Abend, an dem Jennifer und Ihr Schwarm an der heimischen Glotze ein Konzert auf MTV ansehen wollen, findet auch die lange Pleasantville-Nacht statt. Ärger ist vorprogrammiert, und so geraten die Geschwister alsbald in einen heftigen Streit um die Oberhoheit des Fernsehgeräts, in dessen Verlauf - Oh Graus! - die Fernbedienung zu Bruch geht, ohne die ihr Hightech-TV nicht funktionieren will.
Unerwartete Hilfe steht nur eine Minute später an der Haustür bereit, als ein seltsamer Kauz von Fernsehtechniker mit einer Tasche voller Ersatzfernbedienungen auftritt. Nachdem er David in ein Gespräch über beider Lieblingsfernsehserie (eben Pleasantville) verwickelt und sich ob dessen umfangreichen Wissens über ebendiese beeindruckt gezeigt hat, schenkt er David eine ganz besondere "Ersatzfernbedienung", die es in sich hat.
Kaum hat David den Fernseher mit Hilfe der neuen Fernbedienung eingeschaltet, finden sich er und seine Schwester Jennifer auch schon auf magische Weise inmitten der Handlung von "Pleasantville" versetzt. David ist nun Bud, Jennifer seine Fernsehschwester Mary Sue - beide in stilechtem schwarzweiß.
Pleasantville scheint die perfekte amerikanische Kleinstadt zu sein: Sauber und freundlich, liebevolle und fürsorgliche Eltern (William H. Macy, Joan Allen), jeden Tag scheint die Sonne, das ansässige Basketballteam hat noch nie ein Spiel verloren, und die Feuerwehr rettet noch persönlich mit viel Getöse die Katze der Nachbarin aus dem Baum. Eine wahre Idylle... eigentlich.
Meinung:
Der Film Pleasantville ist meiner Meinung nach eine echte Überraschung. Nicht nur, dass das Thema "Reise in den Fernseher" für Hollywood-Maßstäbe noch recht unverbraucht ist, versucht Pleasantville einen Genre-übergreifenden Bogen von der Teenie-Komödie über den Fantasyfilm bis hin zum Drama zu schlagen - und das gar nicht einmal schlecht.
Recht harmlos anfangend und mit so einigen Soap-Klischees spielend, entwickelt sich Pleasantville schließlich zu einer Parabel über die nicht einfach und schmerzfrei zu vollziehende Veränderung der menschlichen Gesellschaft, die künstlerische und intellektuelle Freiheit des Einzelnen, bis zur Ausgrenzung der Andersartigen.
Diese anfangs nicht vermutete Metamorphose von leicht bekömmlicher Fantasykomödie zum gesellschaftskritischen Drama steht dem Film gut zu Gesicht. Allerdings offenbart sich hierin leider auch der große Schwachpunkt des Films, der der hollywoodtypischen Inkonsequenz bei solchen Themen geschuldet scheint: Allzu plakativ und klischeebehaftet winkt der Film gerade an denjenigen Stellen mit dem Holzpfahl, an denen eine etwas sensiblere (und alltagskompatiblere) Darstellung der Ereignisse wünschenswert gewesen wäre. So greift das Skript etwas vorschnell zu symbolüberfrachteten Szenen von öffentlichen Bücherverbrennungen, Zerstörung von "entarteter" Kunst und Ausgrenzung der "Farbigen", die die filmische Veränderung der betroffenen Bürger Pleasantvilles visualisiert (jedes Individuum im Film hat während der Handlung eine Wandlung in Form einer persönlichen Horizonterweiterung zu vollziehen, deren Erfolg dadurch dargestellt wird, dass die Protagonisten in der ansonsten schwarzweiß gehalten Kulisse künftig eben "farbig" durchs Leben schreiten).
So hinterlässt Pleasantville schließlich einen zwiespältigen Eindruck. Hätte man nicht gleich zur Keule der großen Gesten gegriffen, hätte man das Thema Ausgrenzung und Intoleranz wirklichkeitsnäher und somit im Alltag nachvollziehbarerer veranschaulichen können. Doch bei Bücherverbrennungen und Kunstschändungen wird man leider sofort an das deutsche Naziregime erinnert, während die Ausgrenzung und Verfolgung der Farbigen zu sehr auf die Rassenunruhen Amerikas hinweisen. Eine Darstellung von Ausgrenzung und Intoleranz "im Kleinen" würde beim Zuschauer sicherlich einen nachhaltigeren Anstoß zum Nachdenken über das eigene Verhalten hinterlassen haben. Insofern verfehlt der Film vermutlich seine Intention, den Zuschauer zum Nachdenken über sein eigenes alltägliches Verhalten anzuregen.
Den größten Schwachpunkt des Films stellen allerdings der "Showdown" und das doch recht aufgesetzte Happy End dar. Der Showdown, der in Form der öffentlichen Anhörung während einer Bürgerversammlung stattfindet, kommt recht einfallslos daher, ganz so, als seien dem Autor hier die Ideen ausgegangen, wie er seine Geschichte noch zu einem für alle Beteiligten versöhnlichen Abschluss führen kann. Statt dessen vollziehen plötzlich aufgrund eines recht inhaltschwachen Plädoyers alle "übriggebliebenen" Bürger ihre Verwandlung in die Welt der Technicolorfarbe, so dass auf wundersame Weise alle gesellschaftlichen Hindernisse obsolet werden. Ein ungewisseres Ende hätte der Geschichte an dieser Stelle sicherlich besser zu Gesicht gestanden.
Dennoch ist Pleasantville ein überraschender und endlich einmal wieder interessanter Film, der allemal einen Abend lang gut zu unterhalten vermag.
7/10