Review

Sarkar soll eine düstere indische Variante von Coppollas Paten sein, von irgend so einem indischen angeblichen Kultregisseur, der passender- und modernerweise im Volksmund nur noch unter RGM oder P oder McQ oder P Diddy oder Hanswurst auf indisch geht.
Was könnte man also erwarten?
Einen 3,5-Stunden-Film mit sehr viel Gesang und Getanze, ein bißchen herumgeeire als politisches Gepülänkel getarnt, viel buntes, wenig tiefes und sehr viel nicht subtiles. Viel Gekreische, große Gesten, aber vielleicht würde es ja irgendwie passen.
Der Pate selbst dauert ja schon drei Stunden, also auf Bollywoodniveau müßte das dann noch länger werden, wenn man diese endlos langen und langweiligen Passagen weglassen würde, dafür aber mehr Musik reinstopft, dürfte es sich ja die Waage halten.
So viel zur Theorie, ob der Film dann gut wäre, sei mal dahingestellt, da der Pate ja von seiner langsamen Athmosphäre lebt, aber andererseits braucht ja der gemeine Inder mehr kribbeliges hibbeliges Zeugs.
Und was kriegen wir?

Alles was folgt ist ein fetter SPOILER:

1.:Zuerst einmal ist Sarkar mit einer Spieldauer von knapp zwei Stunden extrem kurz gehalten. Man könnte ja jetzt hoffen, dass der Film die Langatmigkeiten ausräumt und ein strafferes Epos reproduziert.
2.: Es gibt nicht eine einzige Gesangs- und Tanzeinlage!!! Auch dies ist eigentlich einem knallharten Gangsterfilm eher zuträglich.

Bis hierhin muß es ja nicht unbedingt was Schlimmes sein, kann sogar funktionieren. Da Indien nun mal nicht Amerika ist, müßte man wohl auch ein paar Zugeständnisse an das Publikum machen, nehme ich an, denn anders kann ich mir folgende gravierende Änderungen bezüglich des Paten nicht erklären:

3.: Sarkar ist kein Gangsterboss wie es Vito Corleone war, statt dessen ist er eine Art ungekrönter König, den alle um Rat und Hilfe anbetteln, wo immer staatliche Willkür den armen Mann benachteiligen. Er ist eine Art Gerechtigkeitshersteller und wird Messiasmäßig verehrt.
Wie er zu dem geworden ist, was er ist, unwichtig, wie er sein Geld verdient, vernachlässigbar, erklärt er sich? Nein, er ist ein aufrichtiger Mann, der über allem zu stehen scheint, sozusagen über jeden Zweifel erhaben.
Da hat Vito Corleone vergleichsweise mehr Profil, aber wie gesagt, das indische Volk braucht vielleicht einen anderen Ansatz, und bisher muß das ja nicht unbedingt was schlechtes sein.

4.: Der ältere Sohn ist eine Mischung aus Sonny und Fredo, mit sehr viel von Ödipus (hat jetzt nichts mit den Corleones zu tun), denn anfangs jähzornig, dann ein verweichlichtes Weichei, der sich von den Feinden seines Vaters aufwiegeln läßt, was aber nicht allzu schwer ist, da er von Anfang an schon einen riesigen Vaterkomplex hat.
Als er dann schließlich auch noch als Attentäter auf seinen eigenen eigenen Vater fungiert, disqualifiziert sich dieser Charakter vollends.

5.: Der berühmte Brudermord aus dem zweiten Teil des Paten muß wg. Punkt 4 also schon in diesem Film passieren, und zwar - man höre und staune - nicht erst nachdem die Eltern tot sind, sondern sofort. Das nennt man wohl, ehre die Eltern, die Familie und so weiter.

6.: Der zweite Sohn, sozusagen Michaels Charakter aus dem Paten, ist sofort im Geschäft drin, als es darum geht, ohne groß unterwiesen werden zu müssen, er geht keine Wandlung durch, muß nicht auf Grund der Ermordung eines Familienmitglieds notgedrungen die Initiative ergreifen, sondern ergreift sie einfach ohne große Hintergrundbeleuchtung.

7.: Als der Sarkar die Erlaubnis verweigert, Drogengeschäfte zu tätigen, wird das nicht weiter erläutert, es wird einfach so gesagt.
Als der gute Sohn sich von seiner Langzeitfreundin trennt (Diane Keatons Charakter) gibt es eine Menge dunkler Einstellungen, die nicht vorhandene Tiefe simulieren sollen, schließlich gibt es kaum Dialoge warum sie sich trennen. Außerdem könnte man von einer Freundin schon erwarten, dass sie in der schlimmsten Zeit zu einem hält und nicht einfach nur egoistisch an sich selbst denkt.

8.: Allgemein ist die schauspielerische Leistung durchweg auf unteriridisch schlechtem Niveau, selbst gestandene Darsteller wie der Hauptdarsteller spielen unter ihren Möglichkeiten.
Das liegt daran, dass der Regisseur mehr Wert auf sein Style und seine "Story" legt.

9.: Die wenigen Action-Szenen sind schwach in Szene gesetzt, so als würde man einen indischen Davidoff-Cool-Water--Werbespot vorgesetzt kriegen.
Auch die finale virtuos inszenierte Abschalchtung der Bösen aus dem Paten wird lächerlich übersteigert übernommen, wobei ganz gute Ansätze durch die dümmlichen Dialoge und Erklärungen geradezu negiert werden.

10.: Das ist jetzt nicht groß wichtig, aber gab dem Paten einen gewissen Charme, Vito Corleone stirbt am Ende als er mit seinem Enkel spielt. Diese Szene muß man ja weiß Gott nicht übernehmen, es reicht ja, dass Michael der Pate geworden ist.
Aber der Regisseur denkt wohl, er müsse es besser als Coppolla machen: Die letzte Einstellung des Films ist ein alter Sarkar, der mit seinem Enkel spielt, ohne dass etwas passiert.
Wie gesagt, selbst das ist ja nicht so schlimm, er muß ja nicht sterben, aber wenn er diese Szene übernimmt, erwartet man dann auch die letzte Konsequenz, und das fehlt definitiv.

11.: Die Anspielungen auf die Verflechtungen der Mafia mit Politik und Unterhaltung, die ganzen korrupten Senatoren, Frank Sinatras Alter Ego im Paten, all das wird auch nur ansatzweise übernommen aber recht einfallslos kopiert.

Fazit:
Als normaler Bollywoodgangsterfilm vielleicht eine große Nummer, aber im internationalen Vergleich im allgemeinen relativ schwach auf der Brust.
Und als Hommage an den Paten einfachg nur eine Katastrophe.
Ich bin kein großer Fan des Paten, aber man kann den Paten nicht auf zwei Stunden reduzieren, dafürlebt er zu stark von seiner atmosphäre und langatmigkeit, in der in aller Langsamkeit der Machtwechsel zelebriert wird.
Hier wird auf die Schnelle eine Szene nach der anderen runtergespult, die nur dann einen gewissen Wiedererkennungswert hat, wenn man das Original kennt. Und das ist ein absoluter Schwachpunkt in so einer Inszenierung, denn dann vergleicht man automatisch die beiden Filme bis ins kleinste Detail.
Wie man ein gutes Remake, bzw. ein ziemlich eigenständiges Remake dreht, dabei aber die Schlüsselszenen beibehält, kann man beispielsweise in Scarface nachschauen, wo Brian DePalma (Kommt ja selten genug vor) fast einen formal gesehen perfekten kleinen Gangsterfilm abliefert, der sich vor dem ohnehin schon großen Original nicht im geringsten zu verstecken braucht.

3 Punkte

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