Stephen King und George A. Romeo sind und waren ziemlich gute Freunde. Ihr erstes gemeinsames Projekt lieferten die beiden 1981 mit der ziemlich abgedrehten Horrorgroteske "Creepshow" ab; ein Film, der sämtlichen Fans von schaurigen Filmen noch immer positiv im Gedächnis bleibt. Ende der 80er sollte es zu einer weiteren Zusammenarbeit kommen - "Friedhof der Kuscheltiere" sollte auf die Leinwand gebannt werden. Doch aus Kings Interesse, Romeo für sein bis dato düsterstes Werk zu gewinnen, wurde leider nichts, denn der "Zombie"-Vater hatte zur selben Zeit bereits an einem anderen Projekt zu knabbern. Doch wie es das Schicksal so will, dauerte es trotzdem nicht allzu lange, bis Romeo und King wieder gemeinsame Sache machten - 1993 erblickte nämlich "The Dark Half" das Licht der Kinoleinwand.
"The Dark Half" (Deutsche Übersetzung: "Stark") ist eine ganz persönliche Abrechnung Kings mit seinem alten Pseudonym des "Richard Bachman" - ein Name, den er erfand, um Bücher in einem anderen Stil zu schreiben. Als das Rätsel um Bachman und King gelüftet war, ließ der Autor sein altes Ego an "Pseudonym-Krebs" sterben, um alles sofort im Keim ersticken zu lassen. "The Dark Half" behandelt nun ein etwas surreales Thema, das man sich selbst als geneigter Kinogänger nur schwer vorstellen kann: ein Pseudonym erwacht zu grausamen Leben.
King vereint in seinem Buch zwei seiner persönlichsten Themen. Zum einen die wortwörtlich lebhafte Abrechnung mit seinem alten Ego, zum anderen die Manifestation einer Angst, die selbst King manchmal das Blut in den Adern gefrieren lässt. Es geht um den Mörder Charles Starkweather, der damals eine Spur des Grauens durch Amerika hinterließ. King war faziniert von diesem Burschen, gleichzeitig plagte ihn aber auch Angst vor der Leere, die man in Starkweathers Augen lesen konnte. So machte King aus Starkweather einfach nur "Stark" - das Pseudonym eines Mannes, der sich von seinem zweiten Ich trennen will. Es geht um Thad Beaumont, der mit seiner hochangesiedelten, aber letzlich nicht gerade erfolgreichen Literatur nicht weit kam und deswegen das Pseudonym "George Stark" erfand, unter dem er blutdrünstige Thriller schrieb. Als ein Student ihn eines Tages entlarvt und erpresst, greift Thad zur Gegenmaßnahme und lüftete selbst das Geheimnis seiner zweiten Identität. Doch Stark lässt sich nicht so einfach begraben und kehrt manifestiert aus dem Leben der Pseudo-Toten zurück, um Rache zu üben.
Das liest sich nun alles recht verworren, tatsächlich sollte man das Buch zumindest mal überflogen haben, denn der Film gibt leider nur wenige Ratschläge um Starks plötzliches Auftreten. Die Anfangsequenz erklärt zwar, dass in Thads Kopf ein zurückentwickelter Zwilling gefunden wurde, doch dieser faden wird nur unzureichend weiter gesponnen. Es wird geäußert, dass sich Stark diesen toten Embryo als Basis für sein Leben genommen habe, doch glaubhaft rüberkommen tut das im gesamten Film nicht. Romeo (Drehbuchautor, ausführender Produzent und Regisseur) beschränkt sich grundsätzlich darauf, dass Stark einfach da ist und jetzt Thads Bekanntenkreis aufmischt, während der Verdacht aber auf Thad fällt - immerhin haben er und Stark die selbe DNA, von dem Fingerabdruck mal ganz zu schweigen.
Dabei nimmt sich Romeo aber schon zurück. Nach einem schlicht genialen Anfang tröpfelt die Geschichte seicht vor sich, traut sich nur wenig und wird ab und zu etwas dialoglastig. Spannend wird es erst, wenn sich Stark aus dem improvisierten Grab buddelt, und selbst dann ist der Film auch nur dann wirklich unterhaltsam, wenn Stark den brutalen Mörder spielt. Bis dahin haben wir einen zu Unrecht angeklagten Thad, der hinter der ganzen Sachen eine Verschwörung vermutet, und ungefähr über die Hälfte des Films wird nur munter spekuliert, während der Zuschauer weiß, was sich abspielt. Das lässt alles relativ träge rüberkommen. Zu den ermorderten Menschen kann man keine wirklichen Emotionen entwickeln, da sie teilweise nur für wenige Minuten mal im Bild standen. Die Morde an sich sind dann auch nicht überschwänglich spektakulär dargestellt, was leider auch eher zur Ernüchterung beiträgt.
Beim Ende weiß man auch nicht, wie man sich denn nun fühlen soll. Damit Stark weiterleben kann, muss Thad sich ihm hingeben, quasi dem bösen Teil seines Ichs den Vorrang lassen und ein guter Verlierer bleiben. Das klingt genauso komisch, wie es dann auch im Film zu sehen ist. Aus dem Finale wird kein wirklich guter Showdown gezaubert, stattdessen baut es sich langsam auf, liefert mit dem Tod Starks noch eine recht ansehnliche Szene, ja und dann flimmert schon der Abspann über die Leinwand. Man kommt sich etwas betrogen vor, immerhin hat man nichts halbes und nichts ganzes bekommen. Zugegeben, der Film hat seine guten, handwerklich grundsoliden Szenen, aber die können über die gesamte Laufzeit auch nicht so sehr begeistern, da fehlt einfach eine ausgereifte Spannungskurve.
Timothy Hutton leistet in seiner Doppelrolle als Thad und Stark dafür jedoch eine Glanzleistung und trägt den Film. Seine Filmfrau Liz mindert dann den Gesamteindruck wieder (hysterisch runtergespielt von Amy Madigan), während Michael Rooker den verklemmten Polizisten mimen darf. Insgesamt gesehen ist man wohl einfach zu verwöhnt von Oscar-Preistträger Timothy Hutton. Ist der Film es denn trotzdem wert, als gute Verfilmung abgestemptelt zu werden? Durchaus hat er das Potenzial - der Film wirkt durchdacht, wie gesagt handwerklich einwandfrei und man merkt, dass ein Kenner hinter der Kamera gesessen hat. Doch viel zu oft wird das Geschehen zu zähflüssig, um ohne Hänger unterhalten zu können. Eigentlich will man "Stark - The Dark Half" mögen, doch letzten Endes siedelt sich die Verfilmung eher im Mittelfeld an. Es wird einfach viel zu oft viel zu langatmig, und die teilweise öden Morde entschädigen dafür nur bedingt.
Fazit
Durchaus sehenswerte Verfilmung eines King-Romans, doch Romeo inzeniert sein Machwerk manchmal viel zu träge, um wirkliche Spannung aus dem Thema rauszukitzeln. Oft wirkt alles unglaubhaft und das Finale enttäuscht fast auf ganzer Linie. Timothy Hutton holt da einiges wieder raus, doch er allein kann nicht verhindern, dass "Stark" eher eine mittelmäßige Angelegenheit geworden ist.
6,5/10