Review

1993 zog Mario van Peebles aus, der Welt mit seinem Film „Posse“ die bislang unerzählte Geschichte über die Rolle der farbigen Cowboys im Wilden Westen zu erzählen, und zwar anhand der Geschichte des Outlaws Jesse Lee und seiner Gang (= seiner Posse).
Zur Sicherheit übernahm er dann auch noch gleich Hauptrolle und Regie, und wagte sich an einen klassischen Western in neuem Gewand...

Die Geschichte beginnt während des amerikanisch-kubanischen Krieges. Der zum Militärdienst verurteilte Jesse Lee (Mario van Peebles) leitet dort eine Einheit farbiger Soldaten unter der Führung eines gewissenlosen Colonels (Billy Zane). Während einer Selbstmordmission erbeuten sie Waffen und Gold, wodurch sie sich nach New Orleans absetzten können – aber erst nachdem Jesse dem Colonel ins Auge geschossen und den Großteil seiner Leute ausgeschaltet hat...

Von New Orleans aus zieht Jesse dann mit seiner Truppe (bestehend aus bekannten Farbigen Schauspielern wie Tiny Lister oder Tone Loc, sowie Stephen Baldwin als einziger Weißer) gen Westen, um den Tod seines Vaters zu rächen und sich vor den Behörden zu verstecken, denn natürlich heftet sich der Colonel an seine Festen und will nun auch persönliche Vergeltung...

Es kommt schließlich zum großen Showdown in Jesses Heimatstadt – zwischen Jesse Lee, seiner Posse, den farbigen Dorfbewohnern, bösen (weißen) Einheimischen und natürlich dem Colonel und seinen Männern...

Der Film versucht die Situation der Afro-Amerikaner im Wilden Westen differenziert aufzuzeigen, scheitert aber in seinem Vorhaben fast völlig.
Die Gründe hierfür liegen in der extremen Anhäufung von Klischees (kitschige schwarz-weiß-Rückblenden / goldene Kugeln, eine für jeden Mörder von Jesses Vater, um so die inneren Dämonen zu vertreiben / weiße Lynchmobs / der KKK / Rassismus / ...), Stereotypen (Jesses Vater ist natürlich ein makelloser Prediger / Jesse liebt eine Halbblut-Indianerin / die weißen Gegenspieler (Billy Zane und Richard Jordan, in einer seiner letzten Rollen) sind abgrundtief böse, fast bis zur Karikatur überzeichnet) und einem schon fast umgekehrten schwarz-weiß-Denken der Figuren und Motive.

Da nützt es auch nichts, das große Vorhaben der unerzählten Geschichte so hervorzuheben und Ikonen des schwarzen Kinos (wie Pam Grier oder Isaac Hayes) in Nebenrollen zu besetzen, wenn man doch nur eine alte Geschichte in neuen Laken einfallslos erzählt.

Mario van Peebles, einst mit „New Jack City“ selbst als neue Hoffung des „New Black Cinema“ gefeiert, glorifiziert seine Rolle des Jesse Lee einfach zu sehr, wobei die Optik deutlich über den Inhalt siegt. Mario nimmt seine Rolle viel zu ernst – ganz im Gegensatz zu dem vergnüglich-überdreht agierenden Billy Zane als Gegenspieler.
Leider (für Mario) floppte der Film dann auch an den Kinokassen und warf Mario zurück in die zweite (die „B-“) Liga des Films – erst mit „Ali“ schaffte er es Jahre später wieder zu einer größeren Rolle in einem gewichtigen Studio-Film, doch auch dieses Projekt erwies sich als finanzieller Reinfall...

Was aber trotz dieser gescheiterten Ambitionen bleibt, ist ein solider, sehr unterhaltsamer Action-Western. Fast jedes Bild ist perfekt durchgestyled (leider wirken einige Einstellungen von „Posse“ eher wie ein großes Posen), alles wirkt wie ein schnell geschnittener, überlanger Videoclip, jedoch nicht ohne Reiz.

Western-Fans ohne größere Ansprüche kommen voll auf ihre Kosten, denn „Posse“ bietet alles, was man von diesem Genre erwartet (mit einer großen Portion Action). Was am Ende also bleibt, ist ein spaßiger, straff und temporeich inszenierter Film mit etwas Anspruch in Sachen Hintergrundgeschichte.

Alles in allem gebe ich 7 von 10.


P.S.: Gegen Ende gibt es noch einen besonders ärgerlichen Anschlussfehler (mal auf Billy Zanes Augenklappe beim Schlusskampf des Showdowns achten...)

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