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1953: Eine amerikanische Film-Crew nimmt das kleine englische Dörfchen St. Mary Mead in Beschlag, um dort in authentischer Kulisse ein elisabethanisches Drama zu drehen, mit dem die Hollywood-Diva Marina Rudd nach längerer Leinwand-Abstinenz ihr Comeback feiern will... doch dummerweise hat der windige Produzent Martin N. Fenn ihrem Regisseur und Ehemann Jason die verhasste Schauspielerin Lola Brewster als Nebendarstellerin aufgezwungen, was schon vor Drehbeginn für einige Spannungen sorgt. Während einer Willkommens-Feier, bei der das gesamte Dorf anwesend ist, verstirbt urplötzlich die junge Einheimische Heather Babcock... die, wie sich herausstellt, mit einem Drink vergiftet wurde, der allem Anschein nach für Marina Rudd vorgesehen war! Die Ermittlungen in der Angelegenheit übernimmt Chief Inspector Craddock von Scotland Yard, bei dem es sich zudem auch um den Lieblings-Neffen der resoluten Miss Marple handelt, die zwar mit einem verletzten Fuß in ihrem Häuschen hockt, sich aber genauestens über sämtliche Vorgänge in Kenntnis setzen lässt und die verzwickte Angelegenheit mit klarem Blick auf die Ereignisse und ihrem scharfen Verstand bald schon durchschaut... Es ist immer schlecht, wenn die erste Szene in einem Film auch direkt schon die beste ist: Wenn Miss Marple da beim gemeinsamen Kino-Abend vor der versammelten Dorf-Gemeinschaft das Ende eines Krimis darlegt, weil der Projektor im entscheidenden Moment den Geist aufgegeben hat, dann ist das doch ein ziemlich gewitzter Einstieg in die Geschichte... aber so erstaunlich clever geht es hier im Anschluss über die restliche Laufzeit dann leider nicht mehr zu. Zwar erweist sich "Mord im Spiegel" als insgesamt recht getreue filmische Umsetzung der literarischen Vorlage (die hierzulande auch unter den Titeln "Dummheit ist gefährlich" und "Die Botschaft der Madonna" erschienen ist), allerdings hat er da doch das Problem, dass bereits der zugrunde liegende Roman schon nicht unbedingt einer von Agatha Christies spektakulärsten ist. Da ist das Setting weder so exotisch wie in "Mord im Orientexpress" oder "Tod auf dem Nil", da gibt es keinen Proto-Slasher-Body-Count à la "Zehn kleine Negerlein" und zum Schluss hat man auch mal wirklich keinen irrsinnigen narrativen Twist wie in "Alibi" in petto, der dem Leser damals bestimmt so richtig schön den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Nö, stattdessen gibt es hier bieder-betuliches Whodunit?-Krimi-Getue, bei dem die zur Lösung des Falles dringend notwendigen Hinweise dem Zuschauer allerdings weitestgehend vorenthalten werden, so dass man da am Ende, wenn Miss Marple zur großen Erklärung ansetzt, quasi vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Der größte Schauwert, den "Mord im Spiegel" auffährt - und der es hier auch für einen rausreißen muss - ist also wieder mal die echt eindrucksvolle Star-Besetzung... zuvorderst natürlich Elizabeth Taylor, deren Rolle natürlich mehr als nur ein wenig die Realität widerspiegelt, inklusive Karriere-Knick und psychischen Problemen. Knapp dahinter kommt dann Kim Novak, bei der die Kostüm-Abteilung echt beachtliche Arbeit geleistet und Dekolleté-mäßig alles aus ihrer Oberweite herausgeholt hat, was ging. Angela Lansbury - zum Zeitpunkt des Drehs zwar erst Mitte Fünfzig, aber künstlich auf älter getrimmt - verkörpert Miss Marple sicherlich sehr viel mehr im Sinne ihrer Schöpferin, aber die Darstellung von Margaret Rutherford bleibt doch die ikonischere und nach wie vor unerreicht. Bei den "inneren" Werten des Ganzen sieht es dann jedoch schon dusterer aus: Innerhalb der unaufgeregten Inszenierung will nämlich weder echte Spannung aufkommen noch wird das Publikum wirklich dazu angehalten, das Krimi-Puzzle da selbst zusammenzusetzen, zumal Miss Marple innerhalb der Handlung auch nicht wirklich den aktiven Detektiv-Part übernimmt, sondern sich da die meisten Infos von ihrem Neffen und der Haushaltshilfe zutragen lässt. "Goldfinger"-Regisseur Guy Hamilton hat da im Anschluss den zweiten Kino-Auftritt von Peter Ustinov als Hercule Poirot in "Das Böse unter der Sonne" doch sehr viel unterhaltsamer und erinnerungswürdiger hinbekommen, auch wenn "Mord im Spiegel" da Angesichts von Streifen wie "Ein Unbekannter rechnet ab" oder "Tödlicher Irrtum" doch sicherlich nicht die allerschlechteste Agatha Christie-Verfilmung ist... würden sich hier jedoch nicht wieder mal so viele bekannte Nasen auf der Leinwand tummeln (darunter in einer Szene auch ein ganz junger Pierce Brosnan in seiner ersten, stummen Film-Rolle!), dann wäre diese hier aber auch schon längst vergessen...

5/10

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