"Die Handlungen meiner Filme haben nichts mit meinem Leben zu tun."
~ Woody Allen
Vorher substantiell sich schon mit Beziehungen der Menschen untereinander beschäftigend, ob nun mit lautem oder leisen Humor, mit Partnerschaften, Bekanntschaften oder Familie, hat sich Autor und Regisseur hier an dem mit engsten selbstgewählten Gebilde zwischenmenschlicher Kontakte, nämlich der Ehe und den beiden Individuen darin versucht; eine Tri Star Pictures Produktion, unter der Muttergesellschaft von Sony Pictures Entertainment, natürlich und wie gewohnt mit Rollins und Joffe als Produzenten, ein gewohntes Team, ein gewohntes Bild. Der (sowohl im Deutschen wie im englischen Original) richtungsweisende Titel wurde dabei erst spät gewonnen, der Film erst ohne Namen bzw bloß als 'Herbstprojekt 91' angekündigt und vermerkt, das Reifen des Projektes nach einiger Überlegung und das Finden des Studios ebenso, war Allen doch zuvor für Orion Pictures tätig, diese aber finanziell angeschlagen, was den Filmemacher von seinem Vertrag entbindet, neue Studios aber andere Freiräume breit sind zu stellen oder nicht zu stellen, die kreative Freiheit bei Allen immer mit im Hintergrund, mit im Sinn. (es waren auch 20th Century Fox bzw. gar Walt Disney Pictures als zünftige Heimat im Gespräch; die Entscheidung für Sony Pictures lag sicherlich auch an dem alten Weggefährten Mike Medavoy, welcher von Orion kommend zuvor in den Siebzigern leitender Angestellter bei United Artists und damit jeweils vertraut mit Allen und vice versa war.)
Im Budget selber wird zwischen 10 und 15 Millionen Dollar geunkt, je nach Quelle, die Dreharbeiten ab November '91, vorher die Suche nach geeigneten Locations, das Filmen insgesamt bis Ende Januar des Folgejahres, also über Weihnachten und Silvester, über die Tage des Frohsinns und des Beisammenseins eigentlich, was hier empfindlich gestört wurde durch private Entdeckungen und dadurch ausgelöste Konflikte: Die Affäre von Allen mit seiner Adoptivtochter Soon-YI Farrow Previn und die Trennung von Mia Farrow, zudem noch ein entbrennender Sorgerechtsstreit und der Folge von polizeilichen Anzeigen inklusive Untersuchungen, was sich allesamt auf den Film selber niederschlug, welcher auch anders gestartet wurde als gewohnt und ein anderes Marketing ging, und dennoch genug Stoff für die Yellow Press bot. Ehemänner und Ehefrauen demnach, 'drum prüfe, wer sich ewig bindet' und 'In guten wie in schlechten Zeiten', hier neu und erneut vom Meister der Beziehungen dar- und aufbereitet, vom Fachmann, dessen Leben natürlich und naturgetreu und der Einfachheit halber von den Filmen auf ihn bezogen wurde und umgekehrt, wo Dampf ist, da ist auch Rauch quasi, die alte Übertragungsgeschicht', die simpelste Lesart, die Küchenpsychologie. Entsprechend wurde das Werk auch aufgenommen, mit Buhrufen bei den Vorschauen in Empfang genommen, überrannt und übermannt; nun herrscht zeitlicher Abstand, ist die Reflexion und Rezension nicht so nah wie damals dran. Eröffnen tut der Film Allen-Typisch, letztens erst wieder von einer Debatte, der #MeToo-Variante von Luca Guadagnino und seinem After the Hunt (2025) zitiert, eine doppelte Bebilderung hier wie dort, das Schreiben kann man niemand lehren, sowas kann man niemand beibringen, heißt es hier, eine Diskussion entbrennt, zwischen Mann und Frau, es wird Besuch empfangen, die Wohnung ist jetzt schon viel, viel Hektik, viel los, ein Gewohnheitsprogramm, viel durcheinander gesprochen, dann kommt etwas Ernstes, zu aller Überraschung, es wird für einen schlechten Scherz gehalten: eine Trennung.
Der Film begleitet zwei Paare. Jack und Sally Simmons [ Judy Davis & Sydney Pollack ] sowie Gabe und Judy Roth [ Woody Allen & Mia Farrow ]. Jack und Sally besuchen Gabe und Judys Wohnung, um ihre Trennung bekannt zu geben. Gabe ist schockiert, fängt sich dann aber wieder, Judy hingegen nimmt es persönlich und ist tief verletzt. Die vier gehen in ein chinesisches Restaurant essen, immer noch verwirrt über die Situation. Wenige Wochen später lernen sie Jacks neue Freundin Sam [ Lysette Anthony ] kennen, eine Aerobic-Trainerin; während Judy ihrer Freundin Sally den neuen Kollegen Michael Gates [ Liam Neeson ] 'schmackhaft' machen möchte. In der Zwischenzeit befasst sie Gabe intensiv mit einer seiner Studentinnen, der jungen Rain [ Juliette Lewis ].
Das Paar selber ist sich einig, man hat sich gemeinsam dafür entschieden, ein Auseinandergehen im Guten, "Wir sind uns einig.", ein "sehr positiver Schritt", "Wir wollen gar nichts groß zerstören.", das eine Paar ist vereint, das andere Paar verstört, zerstört, eine Aufregung herrscht, eine Aufregung, die Kamera hin und her, in der engen Wohnung, Sturm und Drang in der beschränkten Kaschemme, es werden die Personen einzeln beobachtet und genau befragt, Frau Farrow ist zuerst dran, es wird dokumentiert und evaluiert und rezipiert, es wird den Figuren in die Köpfe geschaut, hinter die Augen, den Spiegel der Seele, natürlich liest man etwas in den freudianischen Film hinein, das ist fast zwangsläufig, man muss sich beinahe losreißen davon, loseisen, auf die anderen Darsteller achten, den Pollack bspw., hier vor der Kamera und nicht dahinter, es ist zuweilen gefilmt wie eine Dokumentation, eine Reportage, der Eheleute-Report quasi, zwischen vielen Kopfmenschen, es wird nichts vergessen hier, es wird alles ausgetragen, "Du bist in einer komischen Stimmung heute.", ein intimes Porträt, eine Inszenierung, die nahe und wie improvisiert an die Situation herangeht. Eine Paranoia breitet sich aus, es wird viel nachgehakt, nachgefragt, die Vergangenheit und die Gegenwart betrachtet, es werden die Geschlechter und ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede beachtet, die Kamera von Carlo Di Palma oft nah dran am Geschehen, an den Figuren, ein Hin und ein Her, es wirkt wie aus der losen Hand gefilmt, es werden anderen Dinge gesagt als man vorher behauptet hat, es werden Dinge nachgetragen, mit offenen Gesten, mit Verwirrung und Exaltiertheit, mit Offenbarung und Schimpfwörtern, mit Bedrängen und Bedauern, mit bitteren Wahrheiten und vielen Verdächtigungen; "Jetzt verteidige nicht Dein Geschlecht!", eine seltsame Struktur, mit vielen Widerhaken.
Die junge Juliette Lewis spielt hier mit, als Ersatz für Emily Lloyd, sie spielt ähnlich wie in anderen ihren Filmen aus der Zeit, mit entsprechenden Mechanismen und Manierismen, sie bekommt die ersten vielen Fragen vom Professor, sie reagiert als Erstes darauf, ihr intensives Schreiben wird belohnt, "Es ist nur ein Trick.", Allen stellt sich selber Rede und Antwort, erzählt sich und uns etwas über sexuelle Gefräßigkeit, über die Faszination einer bestimmten Frau, "Herrlich, aber verrückt" nach einer "Kamikazefrau", eine wahrhaftige Beschreibung, später wird mal durch das kalte New York gewandert, der Wind rasend, die verlassene Frau ebenso, vor Eifersucht und Missgunst, vor Liebe und vor Hass gleichzeitig, eine Furie und dennoch mit tief schmerzempfundenen Schrei. Viel über das Essen geredet wird auch, als Nebenbei und Nebenher, man will oft essen gehen, als Angelegenheit zum Sprechen und Reden, es wird gestritten und sich zerstritten, man muss sich rechtfertigen, korrigieren und kritisieren. Passiv-aggressiv nennt man das Verhalten hier, eigentlich sind alle Menschen hier so, Männer wie Frauen, Ehemänner wie Ehefrauen, getrennte oder geschiedene, es wird selbst im Film über eine Autobiografie geredet, wie eine Vorwegnahme, zurück zum Zitat "Die Handlungen meiner Filme haben nichts mit meinem Leben zu tun.", das noch einmal und dies deutlich in Erinnerung rufen. Wunde Punkte werden hier berührt und getroffen, junge Darsteller vor die Kamera geholt, den Neeson zum Beispiel, wie erwähnt die Lewis, Neeson ein Bürokollege, der als neuer Partner auserkoren wird, es wird verkuppelt und Amor gespielt, die Konstellation erweitert, es könnte in das Unendliche gehen, vor und zurück, man könnte ganze Bücher hineinlesen in das Skript und seine Behandlung, es wird gedichtet und im Herbst spaziert, es wird durch New York gegangen und von Paris geredet, viele Umschweifungen, viele Ablehnungen, viele Lokalisierungen, viele Intimitäten, die Kamera wandert einmal durch die Stürze und den Hindernissen in den Bildern herum, es gibt wieder das Frage-und-Antwortspiel, die Babyfrage steht wieder im Raum, auch die Kupplerfrage, alles ist wie auf glatten und sehr dünnen Eis, zweimal Gefährlichkeit auf einmal, und dies nur in einer einzigen postmodernen Situation.
Darstellerisch werden in dieser abstrakten Vorstellung von Liebe einige Höhepunkte geboten, zwischen Pollack und Allen im chinesischen Geschäft – und Pollack und Anthony während und speziell nach einer Party – vor allem, die Anklage und die Erwiderung, Neeson (als "Knilch in Deinem Büro") ist rückwirkend betrachtet gleichzeitig die interessanteste Rolle, aber die uninteressanteste Person, ohne Ecken und Kanten, ein Spielball der Geschichte, nicht auf der Suche und auch ungebunden, er versucht sich als Charmeur, ein großer Schlacks, der es zu schnell angeht, dem es zu schnell geht, vor lauter Nervosität, der Dramaturgie auch enteilt und dennoch hinterher eilt, er gehört nicht richtig zur Geschichte dazu, die sich im Übrigen rückwärts dreht, die "komisch-traurigen Kurzgeschichten", mehr traurig als komisch, wenn man an die realen selbstzerstörerischen Ereignisse und den "Männer (und Frauen) in ihrer Midlife-Crisis" denkt; zudem werden auch die nackten Geheimnisse des Universums miteinander gelöst.