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Ein Film über den Bürgerkrieg in Ruanda, oder eher gesagt: das Abschlachten einer Völkergruppe durch die andere im gemeinsamen Land. 1994 wurden zwischen April und Juni 800.000 Menschen getötet, mehr als die Hälfte der Bevölkerungsgruppe - Hutu gegen Tutsi, Ruanda gegen Ruanda. Das unbeschreibliche Drama was sich seinerzeit abgespielt hast ist kaum in Worte zu fassen, insbesonders die Rolle der UNO, die sich hier nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Oh nein, der Ruanda"konflikt" zählt wohl zu den schwärzesten Kapiteln der Vereinten Nationen. Wegschauen, nicht eingreifen und am Schluß noch feige abhauen und die mordenden Massen sich selbst überlassen - es sind ja "nur" Afrikaner.

Was man kaum in Worte fassen kann wird vielleicht begreiflicher in Bildern. Dieses Unterfangen hat vor Michael Caton-Jones im vorliegenden Film "Shooting Dogs" bereits Terry George mit "Hotel Ruanda" versucht. Doch im Gegensatz zum Hotel hat Caton-Jones die klassischen Hollywood-Fehler vermieden und aus der herben Kritik am "Hotel" gelernt. "Shooting Dogs" wurde unter Einbeziehung der Opfer bzw. der Überlebenden gedreht und ist viel weniger fiktiv - daher auch ohne Happy End. Der Film wurde an Originalorten gedreht (Kigali-Kenner seufzen erleichtert auf beim Anblick der einmalig schönen Hügellandschaft) und konzentriert sich auf die Rolle der UN vor Ort, vornehmlich der Belgier.

Auch in diesem Film wird wenig auf die Hintergründe der verfeindeten Hutu und Tutsi eingegangen, der Zuschauer wird einfach hineingeworfen in die Situation. Zunächst ist alles lustig und rosig, an der technischen Schule wird gepredigt, gelehrt und Sport getrieben - und viel gelacht. Doch praktisch über Nacht wird die Schule zum Flüchtlingscamp unter UN-Schutz, das Morden vor den Toren hat begonnen und hält still an. Menschen mit Macheten schlachten ihre ehemaligen Nachbarn und Freunde, nur weil sie keine Hutu sind. Für informierte Zuschauer sicher kein Problem, für denjenigen der wenig bis nichts über den Ruanda-Konflikt weiß wohl enttäuschend wenig "Futter". Die Frage nach dem Wieso bleibt völlig offen.

Der Film richtet sich daher eher an informierte Kreise - auch der überwiegende Teil des Filmes mit seinem fast dokumentarisch wirkenden Stil unterstreicht dies. Ich weiß nicht wie es dem unbedarften Zuschauer ergeht - aber "Shooting Dogs" könnte eher als "Hotel Ruanda" anregen sich über die Vorgänge in Ruanda zu informieren.

Ein Film der bewegt und mitreißt, nicht nur des Themas wegen, sondern auch der Verdienst der zurückhaltend und authentisch agierenden Protagonisten Priester Christopher (John Hurt), Hugh Dancy als Joe und Claire-Hope Ashitey als Marie - gerade von Ashitey hofft man doch sehr bald mehr zu sehen. Einziges bekanntes Gesicht im Film ist Dominique Horwitz als Capitaine Charles Delon.

Aufrüttelnd, bewegend, perfekt inszeniert, das Ruanda-Drama soweit als überhaupt möglich bildlich eingefangen in authentischer Umgebung - "Shooting Dogs" ist ein Meisterwerk und Pflicht für jeden afrika-historisch Interessierten.

(10/10)

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