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Aussie-Western nennt man es wohl, wenn kernige Cowboys mit ihren Schießeisen durchs australische Outback der Jahrhundertwende reiten. Die Unterschiede sind kaum auszumachen, außer an den Ureinwohnern, die nicht Rothäute genannt werden, sondern Schwarze. Ansonsten drängen sich Vergleiche zwischen Indianern und Aborigines geradezu auf - naturverbundene Ureinwohner, die von den vordringenden Weißen schikaniert und gemordet werden. Die Wüste Australiens steht der des mittleren Westens in nichts nach, eher ist sie noch etwas wüster, noch karger und staubiger. Die englischen Soldaten erinnern stark an die amerikanische Kavallerie, und die staubige Kleinstadt ließe sich problemlos in beiden Kontinenten ansiedeln.

Und doch lassen Nuancen wissen, dass wir nicht im Land der unbegrenzen Möglichkeiten sind, sondern mitten in einem Kontinent am Arsch der Welt. Da werden Postkutschen von Kamelen gezogen, die englische Offiziers-Ehefrau wird wie ein Alien beäugt und es ist dreckig. Ok, dreckig war es auch in Italo-Western, aber The Proposition setzt hier tatsächlich neue Maßstäbe. Zu den Darstellern wurden nämlich noch 1 Mio. Fliegen rekrutiert, die es auch nicht scheuen, sich in den Vordergrund zu drängen. Keine Szene, in der nicht ein Schwarm Fliegen um die Akteure schwirren, kein Dialog, bei dem den Personen nicht Fliegen im Gesicht rumkrabbeln, Fliegen auf den Tieren, auf den Menschen, überall. Ekelhaft realistisch... Zur Story: Guy Pearce mimt den mittleren der Burns-Brüder, eine gefürchtete Gangsterbande, deren Anführer Danny Huston so gefürchtet ist, dass sogar die Aborigines Angst vor ihm haben und ihm magische Fähigkeiten zusprechen. Nach diversen Schwerverbrechen wird es Pearce zu viel und er verlässt seinen großen Bruder und die Gang, den naiven, jüngsten Bruder Richard Wilson nimmt er mit. Sie werden jedoch von Ray Winstone gestellt, seines Zeichens britischer Offizier und schon lange hinter der Bande her. Er wirft den Kleinen in den Knast und macht mit Pearce einen Deal: du findest die Gang und tötest deinen älteren Bruder, ansonsten knüpfen wir deinen jüngeren Bruder sofort auf und du bist danach dran. Was soll man da machen...
Obwohl die Charaktere gut besetzt und die Atmosphäre auf den Punkt getroffen ist, hat der Film Längen und mag nicht so recht zünden. Das mag daran liegen, dass es schwer fällt, irgendeinen der Darsteller zu mögen. Guy Pearce als Held hat soviel Dreck am stecken und sieht auch noch genau so dreckig aus, dass man ihn eigentlich nicht sehr sympatisch findet. Ist er nun ein Guter, weil er seinen jüngeren Bruder retten will, oder ein Verräter, weil er seinen älteren Bruder töten will? Eher noch übernimmt da Ray Winstone als bemüht ehrenhafter Offizier den Part des Guten, der sich zurück nach England wünscht, permanent unter Hitze, Kopfschmerz und dämlichen Untergebenen leidet und sich voll bewusst ist, was er seiner Frau da zumutet. Diese versucht die Illusion von Zivilisiertheit aufrechtzuerhalten, indem sie stets adrett gekleidet und voller Aufmerksamkeit ihren Mann umsorgt und versucht, eine gute Ehefrau zu sein. Doch die Umstände und die Umgebung lassen all die Mühen wie eine Farce erscheinen. Der Film ist krass in der Darstellung von Dreck und Gewalt, bewusst werden Ekelszenen, Blut und Tot eingesetzt, um gar nicht so etwas wie Westernromantik aufkommen zu lassen. Dennoch sitzen die Protagonisten oft vor den unglaublichen Kulissen australischer Naturschönheit, unberührte Weiten und Sonnenuntergängen. Es ist dieser Kontrast, der doppelt bedrückend wirkt. Ein harter, dreckiger Western ohne Helden, ohne Gewinner, ohne Pathos und Ritt in den Sonnenuntergang.
Kein Film für die Ewigkeit, aber definitiv ein Film, der im Gedächtnis bleibt.
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