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"Wir sollten uns damit abfinden, dass es keine Lebensmittel mehr gibt, die gentechnisch frei sind."

"We Feed the World" geht unter anderem der Frage nach, wie es zu den günstigen Lebenmitteln aus Massenmärkten kommt und was die Folgen von industrialisierter Landwirtschaft sind.

Der Dokumentarfilm führt zunächst ein bedeutsames Beispiel vor: Er zeigt die Verschwendung von Backwaren durch riesige Brotberge, die in Wien täglich auf dem Müll landen. Die Menge an täglich entsorgten und durchaus noch genießbaren Backwaren ist derart groß, dass man die gesamte Bevölkerung der Stadt Graz damit ernähren könnte.
Nach dieser Offenbarung von Überfluss an Nahrungsmitteln präsentiert der Film verschiedene, industriell genutzte Produktionsstätten. Von in Österreich verkaufter Billigware wie Tomaten aus Spanien, Getreide aus Brasilien oder Fisch aus Frankreich findet sich schließlich das erschreckendste Beispiel in der Massentierhaltung anhand von Küken auf dem Fließband.

In Kapiteln unterteilt zeigt "We Feed the World" die Verdrängung des klassischen Bauern durch den Konkurrenzkampf europäischer Lebensmittelkonzerne. Um den niedrigsten Verkaufspreis zu halten, nutzt die Industrie nicht nur zur Massenproduktion sondern auch kontrovers diskutierte Technologien, beispielsweise genmanipuliertes Saatgut. Die kaum wahrgenommene Konsequenz dessen ist der Verlust der Qualität des natürlichen Geschmacks, auch wenn das Produkt selbst visuell mehr her gibt.
Um solche Botschaften zu verkünden greift die Dokumentation nicht auf erzählerische Kommentare zurück sondern verbreitet sie unterschwellig durch seine Bilder. Diese neutrale Präsentation hat allerdings eine Nebenwirkung: Nicht alle Bilder sind selbsterklärend, wodurch nicht jeder moralische Ansatz den Weg zum Publikum findet.

Neben Interviews von Managern begleitet die Kamera immer wieder die Arbeiterklasse bei der Ausführung ihrer Tätigkeiten. Was fehlt ist die Ebene des Käufers. Weder die Zusammenhänge untereinander noch die Auswirkungen des eigenen Konsumverhaltens und die Volkswirtschaft werden angesprochen.
"We Feed the World" geht keine unterhaltenden Wege. Nüchtern ist die Präsentation und nur wenige, knappe Texttafeln fassen das Gesehene noch einmal zusammen. Alternativen zu den Ungleichheiten in der industriellen Massenproduktion zeigt der Dokumentarfilm nicht.

Trotz der Brisanz der Themen findet "We Feed the World" nicht immer Wege das Publikum emotional anzusprechen. Der Dokumentarfilm verhält sich erstaunlich unparteiisch und versucht fast ausschließlich seine Moral anhand der Bilder zu unterbreiten. Dies gelingt jedoch nicht immer, wodurch der Film Längen nicht verhindern kann. Seine Wucht vermittelt er am ehesten durch schockierende Bilder von massenhaft essbarer Backware, die vernichtet wird und einer Zuchtfabrik für Geflügel, die täglich 50.000 Stück lebende Ware über Fließbänder jagt.

6 / 10

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