„Leute, die morgens bumsen, sind eigenartige Leute – denen ist nicht zu trauen!“
„Die tödliche Warnung“ aus dem Jahre 1980 bedeutete nicht nur Italo-Regisseur Damiano Damianis nach „Ein Mann auf den Knien“ zweite Zusammenarbeit mit Giuliano Gemma („Eine Pistole für Ringo“), sondern nach meinem derzeitigen Kenntnisstand auch seine letzte Arbeit innerhalb seines 1968 mit „Der Tag der Eule“ begonnenen Poliziesco-/Mafia-/Polit-Thriller-Kanons für das Kino.
Commissario Baresi (Giuliano Gemma) wird unfreiwillig direkter Zeuge einer perfiden Methode der einflussreichen Mafia, sowohl Angst und Schrecken zu verbreiten, als auch zu bestechen: Er bekommt eine hohe Geldsumme unbekannter Herkunft auf sein Bankkonto überwiesen. Kurze Zeit später meldet sich ein anonymer Anrufer und fordert eine Gegenleistung für die Summe. Zunächst lässt sich Baresi nicht darauf ein. Nachdem jedoch Chefkommissar Vincenzo Laganà (Franco Odoardi, „Sacco und Vanzetti“), der Anwalt Milanesi (Giordano Falzoni, „Der Name der Rose“) und zwei weitere Menschen in der Polizeistation von drei als Polizisten verkleideten Mördern erschossen werden, wird Baresi Laganàs Nachfolger, geht zum Schein auf das Geschäft ein und vertieft sich in die Ermittlungen. Laganà hatte gegen die Mafia ermittelt und war ebenfalls Empfänger derartiger Zahlungen. Wie sehr war er mit der Mafia verstrickt? Und was weiß seine Witwe Silvia (Laura Trotter, „Ich habe Angst“), die sich weitestgehend bedeckt hält? Und ist Polizeipräsident Martorana (Martin Balsam, „Mordanklage gegen einen Studenten“) überhaupt zu trauen?
1980 schien Damiani, zuvor Garant für hochspannendes anspruchsvolles Kino im o.g. Bereich, etwas die Puste auszugehen. Zwar packt der mit einem stimmigen Riz-Ortolani-Soundtrack untermalte Film einmal mehr ein verdammt heißes Eisen an und ist von großer inhaltliche Schwere mit politischer und gesellschaftlicher Relevanz, beschäftigt er sich doch erneut mit Damianis bevorzugtem Thema der von der Mafia unterwanderten bzw. gekauften Gesellschaft bis in höchste staatliche Kreise hinein, doch litten diesmal durchaus wahrnehmbar die Kreativität und das Erzählerische. Das gilt selbstverständlich noch nicht für den schockierenden Moment zu Beginn, wenn ein Erschießungskommando mit Schalldämpfern skrupellos und konsequent seine blutige Tat verrichtet und der unnatürliche Klang des gedämpften Schüsse lange in den Ohren nachhallt. Doch nachdem Baresi mit der Untersuchung betraut wurde, wird mit einer Vielzahl von Namen um sich geworfen, wie man es zwar von Damiani durchaus gewohnt ist, hier aber Überhand nimmt und die Konzentration arg erschwert. Bringt man diese auf, wird man mit interessanten Mafia-Methoden wie dem Bringen von Strohmännern, an deren tatsächlicher Täterschaft gezweifelt werden darf, ebenso belohnt wie mit dramatischen Szenen, wenn die Laganà-Witwe einen emotionalen Ausbruch erleidet und sich auf Baresis Verdächtigungen hin die Pulsadern aufschneidet.
Ansonsten aber konzentriert sich „Die tödliche Warnung“ auf sein Klima des zermürbenden Misstrauens, insbesondere zwischen Baresi und Martorana, die sich lange Zeit gegenseitig verdächtigen – eingebettet in eine komplexe Handlung, die nicht ohne eine Vielzahl von Personalien auskommen will und in ihrer Dialoglastigkeit oft spröde und trocken wirkt, was im eigenartigen Widerspruch zum temperamentvollen Vorgänger „Ein Mann auf den Knien“ steht. Das äußerst starke Ende indes stimmt wieder versöhnlich und zeigt, dass sich die Aufmerksamkeit lohnte. Somit ist „Die tödliche Warnung“ trotz seiner erzählerischen Schwächen ein mit verdienten Schauspielern besetzter, würdiger Abschluss dieser gewichtigen Phase Damianis Schaffens, die er 1984 mit seiner TV-Serie „Allein gegen die Mafia“ wieder aufgreifen sollte.