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Wieder ein Beweis für die gute alte These, daß viel Geld noch lange keinen guten Film gibt. William Gibson, auf dessen Story dieses Durcheinander basiert, kann sich ja leider nicht im Grabe umdrehen, weil er noch lebt, jedoch könnte die ihm verbleibende Restzeit bei mehrfachem Genuß enorm verkürzt werden.
Keanu Reeves gibt in dieser Multimillionenproduktion den Datenkurier Johnny, der in diesem Fall eine lebensbedrohliche Menge Daten in seinem Gehirn gespeichert hat. Leider wird der Code, der es ihm ermöglichen würde, die Daten wieder herunterzuladen, teilweise zerstört und so wird die Zeitspanne bis zur Ex- bzw. Implosion seines Kopfes zu einem Wettrennen mit der Zeit, denn hinter seinen Informationen sind nicht nur eine Menge Leute her, sondern sie sind auch für die ganze Menschheit von Bedeutung.
Das ist dann auch schon der ganze Plot, der hier kaugummiartig in die Länge gezogen wird und dementsprechend mit reichlich Nebenfiguren angereichert ist, um über die Mindestlauflänge zu kommen.
Dafür gibt es mehr Klischees als handelnde Personen zu sehen, die aber im Falle eines vorab zum Kultfilm ernannten Werkes von Fans ohne weiteres akzeptiert werden können. Also darf man straffrei vor seinem Johnny Mnemonic-Altar niederknien, doch besser wird es für normale und/oder anspruchsvolle Kinogänger deswegen nicht.
Die straften diesen Film, dem man sein Geld übrigens in keiner Szene ansieht, auch mit Nichtachtung und nur durch wackere Videofreunde (die eh jeden Scheiß ausleihen, wenn der Rückseitentext nur blöd genug ist und noch ein paar geile Fotos enthält) kam dann etwas Schotter in die Kasse.
Machen wir uns also an ein längeres Fazit: Schauspielerisch wird hier wenig geboten, erfreulich ist eigentlich nur das Wiedersehen mit Ice-T, dem immer wieder genau die passenden Rollen gegeben werden. Henry Rollins ist sträflich unterbeschäftigt und Dina Meyer kann auch mehr, wenn man sie nur mal ließe. Reeves hat eh nur die Mimik eines Nußknackers, was diesen Film zu einem unausgegorenen Vorläufer zu "Matrix" macht, wo er mit diesem Talent endlich groß abräumen konnte. Leider hat "Johnny" jedoch keine anderen Vorzüge des Nachfolgefilms: die Tricks sind auf Fernsehserienniveau, einzig die Laserschlinge läßt Atmosphäre aufkommen. Die Story zieht sich, die Computersequenzen laden zu öffentlichem Gelächter ein und die Endzeit/Slumthematik und Umgebung, mit dem mehr als die Hälfte des Films gestreckt wird ist nun aber gänzlich ausgelutscht. Und was Dolph Lundgren als aufgerüsteter Prediger/Killer/Durchgeknallter in dem Geschehen soll...vielleicht hatte er einfach gerade Zeit...oder wenig Geld...oder es lockte die künstlerische Herausforderung...
Die Auflösung ist dann genauso weithergeholt, wie die Existenz eines Bewußtseins in einem Computersystem natürlich nicht erklärt wird. Aber bitte , ist doch ein Unterhaltungsfilm...wer wird denn da nach Logik verlangen...
Unter dem Strich: eine einzige große Enttäuschung! Dann doch lieber noch fünf mal Matrix hintereinander weg. (3/10)

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