Review

"Room 6" von Regisseur Mike Hurst, dessen "House of the Dead 2" eigentlich sehr gut unterhalten konnte, enttäuscht leider in nahezu jeder Hinsicht. Sowohl die schauspielerischen Qualitäten, als auch die Inszenierung lassen mächtig zu wünschen übrig, denn kaum eine Szene wurde so realisiert, dass sich die gewünschte Wirkung einstellt, die man von einem Horrorfilm mit Elementen eines Psychothrillers erwartet.

Amy und Nick sind ein glückliches Paar - bis ein Autounfall die beiden trennt. Nick wird von einem Krankenwagen abtransportiert, ohne dass man Amy mitteilt, in welches Krankenhaus man ihn bringt. Zusammen mit dem anderen Unfallbeteiligten Lucas, dessen Begleiterin ebenfalls vom Unfallort verschwindet, macht sich Amy auf die Suche nach ihrem Freund und wird dabei von zunehmend erschreckenderen Visionen heimgesucht.

Die ganze Handlung wirkt zunächst einmal wie aus Versatzstücken vergleichbarer Albtraumszenarien sehr ungeschickt zusammengebastelt. Die deutsche DVD Veröffentlichung nennt auf dem Backcover in diesem Zusammenhang recht werbeträchtig "The Sixth Sense" und "Jacob's Ladder" - beides ohne Zweifel Produktionen, die man als überaus gelungen bezeichnen darf. Leider beschränken sich die Gemeinsamkeiten jedoch im Wesentlichen auf die sehr platt untergeschobene Auflösung der von Anfang bis Ende unglaubwürdigen und unlogischen Story von "Room 6". Von der bedrückenden Atmosphäre, den sorgfältigen Charakterzeichnungen, den subtil aber schlüssig konstruierten Zusammenhängen und überhaupt der kongenialen Erzählweise der beiden genannten Filme (die ferner nicht als einzige Genrefilme erkennbar als Vorbild dienten) ist die wirre Geschichte des Geisterhospitals Lichtjahre entfernt.

Die Hauptfiguren Amy, Nick und Lucas agieren geradezu abstrus unglaubwürdig, ein Eindruck, der durch die paar belanglosen Dialogzeilen, die ihnen das Drehbuch in den Mund legt, noch zusätzlich unterstrichen wird. Den Rest der Cast kann man getrost als Nebenfiguren bezeichnen und selbst deren Darsteller wirken permanent überfordert mit dem, was ihnen ihre Rolle an Funktionalität innerhalb der Handlung abverlangt. Die Distanz des Zuschauers zu irgendeinem der Beteiligten könnte folglich nicht größer sein. Da die Story von "Room 6" sich jedoch überaus ernst gibt, wird durch die dämliche Präsentation genau das Gegenteil erreicht: spätestens als Amy nach dem Unfall bei den unsagbar klischeehaft gezeichneten Prolleltern einer ihrer Schülerinnen einläuft, um dort im mit lächerlichen Monsterbildchen tapezierten Kinderzimmer einen Wink mit dem Scheunentor zu erhalten, verabschiedet man sich als Zuschauer ohnehin von jeder Hoffnung auf eine versöhnliche Zusammenführung der zerfaserten Handlung.

Stattdessen darf man sich an furchtbar gruseligen Spezialeffekten ergötzen, wie einem Windhauch, der in der Kirche mal geschwind die Kerzen ausbläst. Hui, da ist mal wieder Nägelkauen angesagt!  Derweil schmort Nick im (scheinbar einzigen) Gemeinschaftskrankenzimmer des Horrorspitals, das allerdings mehr wie eine schnöde gekachelte Waschküche anmutet und darf sich mit den wenig zimperlichen Krankenschwestern auseinandersetzen. Deren Rollen wurden mit Damen besetzt, wie man sie sonst eigentlich nur in billigen Erotikfilmchen findet und tatsächlich - man ahnt es schon - es dauert nicht lange, bis der Schwesternkittel fällt und sich die Damen reichlich unbeholfen abfingern und gegenseitig mit Kunstblut einsudeln dürfen. Ergibt keinen Sinn? Macht nichts, der Rest des Films auch nicht!

Bevor es für Nick nun erwartungsgemäß bald richtig eng wird, darf Amy sich aber noch kurz in der örtlichen Bibliothek über die furchtbar mysteriöse Geschichte von St. Rosemary's (ohne Baby) aufs Laufende bringen. Natürlich gibt es hier eine schrullige, aber sehr hilfsbereite alte Dame, die noch rasch das letzte Informationsdefizit beim Zuschauer beseitigt (irgendwie muss man ja die Handlung zusammenkleistern) und auf geht es zum großen Showdown im Hospital der Geister. Weil aber spätestens jetzt die Ideen des Drehbuchs aufgebraucht sind, wird eben noch kurz ein Flashback eingebaut, der Amys Krankenhausphobie erklärt und zum krönenden Abschluß einfach die Eingangsszene im OP recycelt. Hey, das ist wirklich große Erzählkunst.

Mein persönliches Highlight des Films ist aber die Szene, in denen der ach so empathische Lucas der gestressten Amy nach dem Duschen an die Wäsche gehen will ("Ich möchte deine Brüste streicheln und in dich eindringen" - was muss man eigentlich nehmen, damit einem solche hirnverbrannten Dialogzeilen einfallen?). Wirklich sehr logisches Verhalten in Anbetracht der Umstände, selbst wenn man die Auflösung des ganzen Psychozirkus berücksichtigt und die Szene im Grunde nur ein weiterer Wink mit dem Zaunpfahl ist, dass hier nichts so ist wie es scheint.

Wer jetzt aber noch immer nicht davon überzeugt ist, sich umgehend dieses Meisterwerk anzutun, für den sei noch auf ein paar eher läppische Schocksequenzen verwiesen, für die man sich von "Jacob's Ladder" hat inspirieren lassen (immerhin ist das Make-up der Masken recht gelungen), sowie einige meisterhaft dilettantisch abgedrehte Szenen in denen Amy auf der Flucht vor den zombiehaften Krankenhausbewohnern im flackernden Neonlicht durch halbdunkle Krankenhauskorridore rennen darf. Ein waschechter Wettlauf gegen die Zeit - da macht es auch fast gar nichts, dass die Inszenierung der OP-Szene so endlos breit getreten wird, dass einem ob so viel Nervenkitzel fast die Augen zufallen. Ja, so inszeniert man echte Spannung.

Fazit: Sehr schwache und schlecht strukturierte Story in einer noch schwächeren Inszenierung, der einzig durch das (mittlerweile allerdings reichlich unoriginelle) Schlag-mich-tot-Argument der Auflösung etwas Sinn untergeschoben wird. Selbst für anspruchslose Vielseher kaum empfehlenswert. Zum Einsatz in der Anästhesie dagegen sehr geeignet. Daher noch gnädige 2 / 10 Vollnarkosen.

Details
Ähnliche Filme