NO Spoiler-Garantie!!!
Wow! Was für ein Film!
Puppen tragen die Gesichter ihrer Opfer!
Zuerst hängen typisch niederländische Meisjes-Souvenirs aufgeknüpft an den Häuserwänden…
Ihre Gesichter sagen voraus, wer das nächste Opfer wird…
Dann baumeln echte Frauen an grobgliedrigen Ketten.
Am helllichten Tag werden Hippies von einem mysteriösen Killer in Kalifornien hingerichtet, im eigenen Haus…
In aller Öffentlichkeit wird ein Rolltreppenbenutzer in Amsterdam niedergeschossen!
Dies alles untermalt von Beatnik-WahWah-Gitarren, heiß gespielten Orgeln und symphonischen Streichern des Giallo-Maestros Piero Piccione… (Einer aus der großen Riege mit Ennio Morricone, Bruno Nicolai, Stelvio Cipriani, Fabio Frizzi etc…)
Doch bei die ‚Ratten von Amsterdam‘ handelt es sich nicht um einen italienischen Giallo, sondern um einen erstklassigen britischen Thriller, der sich in seiner betörenden Mischung einiger Elemente zweier italienischer Lieblingsgenres bedient:
Die mysteriösen Killer samt ihrer Vorliebe für seltsam inszenierte Morde scheinen einem Giallo entsprungen.
Der beinharte Interpol-Bulle, der beinahe im Alleingang die Rätsel der Grachtenstadt lösen muss und obendrein vom Gegenwind der örtlichen Justiz gebremst wird, scheint entliehen aus einem italienischen Poliziottesco.
Ebenso undurchsichtig wie dessen spektakuläre Fälle in Mailand oder Rom, ist hier auch das unaufhaltsame Mordnetz eines organisierten Drogenkartells in Amsterdam, welches die Behörden narrt &
sogar waschechte Bondschurken präsentiert, die mit Wahnsinn und grausamen Gimmicks gegen den Einzelkämpfer vorgehen…
Twists, Morde & ein furioses Finale mit spektakulärer Schnellbootverfolgungsjagd durch die Grachten, welches dem Namen ‚Showdown‘ alle Ehre macht, verwandeln diesen recht untersehenen Powerstreifen in einen wahren Geheimtipp!
Interessant ist der außergewöhnliche Einsatz der erstklassigen Musik.
Die Macher genießen den Luxus, einen der derzeit besten Komponisten auf ihre Szenen ansetzen zu können, spielen diesen Trumpf aber nur sehr fokussiert aus.
So bleiben einige tatsächliche Höhepunkte und dramatische Geschehnisse, die in jedem durchschnittlichen Streifen von treibendem Spannungsscore untermalt würden, über lange Strecken von Musik frei, stattdessen setzt man hier auf dokumentarische Atmo, die den Zuschauer mitten ins Geschehen reißt.
Das Drehbuch stammt von einem echten Literaten, nämlich Alistar McLean, der mit ‚Die Kanonen von Navarone‘ oder „Agenten sterben einsam“ Klassikervorlagen schuf und Weltruhm erlangte…
Regisseur Geoffrey Reeve drehte später nur noch mit Weltstars wie Michael Caine, Christopher Plummer, Linda Hamilton oder Charlotte Rampling…
Allein der verrauchte Rotlicht-Bums mit lasziven Lederschwulen & choregraphierten Barbarella-Tanzmariechen im orangenen 70s Beat-Schuppen ist eine Augenweide samt Ohrenschmaus!
Sogar eine filmische Hommage an einen sehr frühen (nicht deutschen) Edgar Wallace findet sich in den Hafen-Silos. An welchen, soll hier natürlich nicht verraten werden…
Jeder kennt das niederländische Spannungs-Meisterwerk ‚Amsterdamned‘, doch der unbekannte Killer-Thriller ‚Puppet on a chain‘ steht dem legendären Grachten-Schocker in nichts nach, kam nur schon 17 Jahre zuvor ins Kino und auf Video…
Weder Streams noch digitale Medienträger hat diese Perle bisher erreicht.
Also kann man diesen „VHS Only!“ Hit (auf Deutsch) ausschließlich in seiner besten Form anschauen: Auf Videokassette!
Bis zum nächsten Glotzergold in meiner kleinen Videothek des Grauens…
Lino Endorphino für VIRUS Magazin (VHS Vault) & Ofdb
Ein Mondo Endorphino™ Text
Nr.1 Januar 2022