Review

Au watsche, was war das denn?!?

Ich habe bisher zwei Filme von Kiyoshi Kurosawa gesehen (Cure und Pulse), die beide auf unterschiedliche Weise mysteriös, düster, intelligent, spannend und faszinierend inszeniert waren, und deshalb hielt ich bis heute sehr viel von dem japanischen Geister- und Gruselspezialisten, auch wenn ich von seinem umfangreichen Schaffen eben bis dato noch sehr wenig kenne. Umso mehr freute ich mich darauf, bei der diesjährigen Viennale sein brandneues Werk „Loft" zu bestaunen, doch das Ergebnis hat vorerst leider wieder einiges an meiner Sichtweise der möglichen Genialität dieses Herrn geändert.

Der knapp zweistündige Film beginnt zunächst typisch für einen japanischen Gruselstreifen, die Hauptfigur, eine erfolgreiche Autorin wird uns langsam vorgestellt, sie leidet unter einer Schreibblockade (sie soll eine triviale Lovestory schreiben, obwohl sie bisher anscheinend eher durch anspruchsvolles Schaffen aufgefallen ist) und würgt schwarze Flüssigkeit aus dem Hals, eine nette Einführung also. Um den Kopf frei zu bekommen, bittet sie ihren Verleger ein schönes, abgelegenes Plätzchen zu finden und bald zieht sie allein in ein Landhaus. Schon bald bemerkt sie, dass im Nachbarhaus ein eigenartiger Archäologe eine 1000 Jahre alte Mumie für Forschungszwecke aufbewahrt. Tja und dann folgen natürlich bald die zu erwartenden „Geistervorfälle", die in der ersten Stunde sehr ahnsehnlich und subtil inszeniert sind, ohne allzu krasse Schockeffekte, aber eben doch leicht - fast schon altmodisch - gruselig, getragen durch die ganz besondere Stimmung, die entsteht, weil die Dame ganz allein am Arsch der Welt in einem großen Haus wohnt und von dem Geist heimgesucht wird.

Zwischen der Autorin und dem Mumienexperten entstehen dann bald Gefühle füreinander und schon haben wir ungefähr die zweite Hälfte des Films erreicht, der weibliche Hausgeist wird immer zutraulicher und damit beginnt schön langsam der tiefe Fall der gerade zuvor noch immer interessanter gewordenen Geschichte.

Großartig spoilern möchte ich dazu nicht mehr, aber es wäre sowieso äußerst schwierig, denn Kurosawa verwirrt die Zuseher dann zunehmend, doch leider diesmal nicht auf die intelligente und mitreißende Art, sondern der Film driftet inszenatorisch immer mehr in unfreiwillig komische Szenen ab, die Frau Geist hat mehr einen schmollenden Dackelblick drauf als etwas Furchteinflößendes an sich und es gibt immer mehr fast schon parodistisch wirkende (war das Absicht??) Liebesszenen und Sprüche wie aus einem Rosamunde Pilcher Roman und dann erhebt sich auch irgendwann die Mumie (eine schrecklich banal inszenierte Szene), der aber dann kurzer Prozess gemacht wird.

Der ganze Kinosaal hat jedenfalls in der letzten halben Stunde fast schon getobt vor Lachen, zeitweise war das natürlich etwas übertrieben, weil Kurosawa eben zwischendurch immer noch beeindruckende Sequenzen gelingen, die aber gleich darauf durch wirklich haarsträubend lächerliche Szenen wieder völlig zunichte gemacht werden, gruselig oder bedrohlich geschweige denn spannend ist hier jedenfalls nichts mehr, sodass mir die Story eigentlich schon ziemlich am Arsch vorbeiging (auch wenn es nicht wirklich zusammenpasst, aber in dieser Hinsicht ähnelt der Film dem überschätzten „Saw", der durch die blöde Umsetzung ebenfalls am Thema und meinem Interesse für die Figuren vorbeigeschrammt war).

Vielleicht muß ich mir diesen Film noch einmal in Ruhe ansehen, denn so einfach will ich Kurosawa nicht abschreiben, eventuell hat die absurde Komik des Films gegen Ende auch etwas mit der trivialen Lovestory zu tun, die die Autorin schreiben soll und das Ganze soll ja so eine Realität/Fiktionsgeschichte sein (Filmkenner wissen vielleicht was ich meine, wenn sie an bestimmte Filme von Lynch oder auch einen von Ozon denken) inklusive absichtlicher Komik. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein so stilsicherer Regisseur so komplett danebengreift, denn wenn er hier ernsthaft Liebe und Gefühle der Hauptfiguren in Szene setzen wollte, ist er schlichtweg in grandios miesen Kitsch abgedriftet und gescheitert. Ich bin jedenfalls ehrlich gespannt auf andere Meinungen zu dem Film (der ja noch den wenigsten bekannt sein dürfte zurzeit, obwohl 2 Online-Magazine in ihren Reviews eher positiv gesinnt sind und von humoristisch-kitschigen Einlagen nicht mal ein einziges Wörtchen erwähnen, was mich doch etwas erstaunt).

Fakt ist jedenfalls, dass ich (und diverse andere Zuseher) bei diesem kruden Stil irgendwann nur noch abwinkte oder bestenfalls insgeheim auf eine düstere Wende oder eine zumindest kleine Erleuchtung am Ende hoffte, anstatt derer es aber nur einen kleinen Möchtegern-bösen Twist in der letzten Szene gibt, der das Ganze nur noch blöder macht.

Mein Fazit nach diesem filmischen Griff ins japanische Geisterklo: dieses Subgenre ist mittlerweile wohl endgültig zu Tode geritten, da fällt selbst dem vielleicht fähigsten Regisseur dieser Sparte nichts Sinnvolles mehr dazu ein.

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