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2.6: Pelts - 6/10

Der „Masters of Horror“-Beitrag „Pelts“, welcher auf einer von Drehbuchautor Matt Venne („White Noise 2“) verfassten Adaption der 1991 mit dem „Bram Stoker Award“ ausgezeichneten F. Paul Wilson („the Keep“) Kurzgeschichte gleichen Namens beruht, wurde, genauso wie „Jennifer“ in Season 1, von dem einst gefeierten italienischen Genre-Regisseur Dario Argento („Profondo Rosso“) umgesetzt und markiert(e) für viele Fans eine der am sehnlichsten erwarteten Episoden dieser zweiten Staffel…

Jake Feldman (Meat Loaf Aday) ist Chef eines kleinen Unternehmens, welches sich auf die Weiterverarbeitung von Tierfällen spezialisiert hat. Die Geschäfte laufen nicht schlecht – könnten aber natürlich deutlich mehr Gewinn abstoßen, wenn es dem Betrieb nur gelinge, ein wahrhaft außergewöhnliches Kleidungsstück zu kreieren, das ihm innerhalb der Branche aufgrund der Aufmerksamkeit den entscheidenden Durchbruch ermöglicht. Jake ist sich dieser Realität wohl bewusst, denn der Stammgast eines Stripclubs ist ganz verrückt nach der „exotischen Tänzerin“ Shana (Ellen Ewusie), welche seine Avancen jedoch in konstanter Regelmäßigkeit eiskalt an sich abprallen lässt, da er „einfach nicht das Zeug dazu habe, ihr wahres Glück zu schenken“. Das macht ihn wahnsinnig, schließlich potenzieren ihre verlockenden Reize (wie freizügige Bühnenshows oder Lap-Dances) seine Obsession nur zusätzlich, ohne dass er den finalen Schritt vollziehen kann – so leicht lässt sich der direkte Zugang zu ihrem Körper nun auch nicht „erkaufen“. Da mutet es fast schon wie ein Wink des Schicksals an, als er eines Tages den Anruf des Trappers Jeb Jameson (John Saxon) erhält, der ihm die frohe Kunde eröffnet, dass ihm und Sohn Larry (Michael Suchanek) gerade der Jackpot gelungen sei – ihr aktueller Fang, die Fälle diverser erlegter Waschbären, besäße eine ungewöhnlich exquisite Qualität von geradezu hypnotisierender Schönheit…

Jake zeigt sich dementsprechend interessiert und fährt am nächsten Tag raus zum ländlichen Sitz der Jamesons – nur um beide bestialisch zugerichtet (tot) vorzufinden: Wie es aussieht, hat der Sohn seinen Dad zuerst mit einem Baseball-Schläger den Schädel zertrümmert (nach dem Vorbild, wie jener die gefangenen Tiere erschlug), bevor er seinen eigenen Kopf inmitten einer metallischen Schnapp-Falle platzierte und den Mechanismus auslöste. Bei der Beschreibung der Ware hatten die zwei Jäger allerdings nicht übertrieben – und ehe diese demnächst in einer polizeilichen Asservatenkammer „ungenutzt herumliegt“, reißt Jake sie sich rasch unter den Nagel. Davon hat er immer geträumt: Das optimale Material für den perfekten Mantel – zugleich seine große Chance, endlich bei Shana zu landen. Sein Angebot, sie zu dem präsentierenden Model des fertigen Exemplars zu benennen, lässt sie tatsächlich aufhorchen, also gibt er das gute Stück umgehend bei seinen Angestellten in Auftrag. Bald wird aber auf grausame Weise ersichtlich, dass jeder, der an den Pelzen arbeitet, genau nach Vorbild seines eigenen Vorgehens umkommt – eine Schneiderin näht sich beispielsweise Mund und Nase zu, was zwangsweise zu ihrem Ersticken führt. Feldman kümmert das relativ wenig – ihm geht es nur noch um sein persönliches Ziel, egal zu welchem Preis. Letzterer wird ziemlich hoch ausfallen, denn wie es sich herausstellt, stammen die Tiere von dem Land einer alten Dame namens Mother Mayter (Brenda McDonald), auf deren Besitz die letzten Überreste einiger alter Häuser stehen, von denen die betreffenden Waschbären einige der geheiligten Hüter waren…

Als ich zum ersten Mal die Grundzüge der Geschichte hörte, begann ich voller Vorfreude unweigerlich zu lächeln und malte mir im Geiste ein großartiges Bild von Fleisch-fressenden Pelzmänteln, die blutige Rache an ihren hochnäsigen, hohlköpfigen Schickeria-Besitzern nehmen, aus, welches ein Regisseur wie Brian Yuzna in Perfektion hätte auf die Mattscheibe bannen können – leider folgten schnell eine Reihe prägender Ernüchterungen: Angefangen bei der Verpflichtung des verzweifelt gegen sein drohendes Abrutschen in die Vergessenheit ankämpfenden Filmemachers Dario Argento, der schon ewig kein wirklich brauchbares Werk mehr abzuliefern vermochte, bis hin zu der Erkenntnis, dass „Pelts“ kein erhofftes Spaß-Fest werden würde, sondern „nur“ eine übernatürlich angehauchte Giallo-Variation. Groteske Einstellungen, in denen Kleidungsstücke zu Leben erwachen und ihre Träger ermorden, parodistische oder Society-kritische Ansätze – nein, nicht hier. Okay, mal kurz durchatmen, die Vorstellungs- bzw Erwartungshaltung neu ausrichten – eventuell ist es ja dennoch möglich, dass dieser Serienbeitrag ein echtes Highlight markiert. Die abschließende Antwort auf diese Frage lautet eindeutig: Jein. Auf der einen Seite erhält der geneigte Zuschauer Schrägstrich Horror-Fan annehmbare Genre-Kost geboten, die einem unterhaltsame 58 Minuten seiner Zeit vertreibt, andererseits verhindern verschiedene Unzulänglichkeiten einen umfassend zufrieden stellenden Gesamteindruck.

Das Zurückschlagen der Natur wider ihre Missbraucher (sprich: jene, die Lebewesen des Profites wegen töten, ereilt dasselbe Schicksal – in Form ihrer eigenen grausamen Methoden), kennzeichnet, mit einem altertümlichen Fluch als Katalysator, das Basisfundament dieser Geschichte, welche PETA-Angehörigen ein Funkeln in die Augen zaubern sollte. Das ist die Botschaft der Story – ein interessanter Ansatz, der unglücklicherweise bloß nur ein solcher bleibt und nie zu einer vollwertigen, gehaltvollen Handlung avanciert. Der Einsteig, bei dem aufgezeigt wird, wie das Fangen und Häuten der Tiere von statten geht (inklusive unschöner Tötungen oder dem Anblick eines kleinen Kerlchens, das sich aus Verzweiflung die eigene Pfote abgenagt hat), ist stark und spricht die Emotionen des Betrachters an, doch schnell entwickelt sich eine gewisse Vorhersehbarkeit und Wiederholung einzelner Abläufe, was schlichtweg enttäuscht – zumal weit und breit kein Twist zu finden ist. Ich hätte gern noch mehr über die Ruinen und die Wächter-Rolle der Waschbären erfahren (unabhängig der Gegebenheit, dass das lahme Stilmittel Verwendung findet, die Infos per Erzählung zu präsentieren) – außerdem verstehe ich nicht erschöpfend, warum die arme asiatische Näherin dafür büßen muss, dass sie sich mit ihrer Beschäftigung einige Dollars in den USA verdient, während die Stripperin, welche dem fertigen Stück entgegen giert, nach dem Anlegen allenfalls indirekt ins Unglück gestürzt wird. Wirklich positiv sind höchstens bestimmte inhaltliche Vorwegnahmen herauszuheben, wie das aufblitzen eines blutigen Tatorts gleich zu Beginn oder das erwähnte Verhalten des Tierchens in der Falle – eine Figur gerät in eine ähnliche Situation, in welcher sie sich im Kampf ums Überleben genauso von einem ihrer Gliedmaßen „trennen“ muss. Ich würde das Skript nun nicht als total misslungen bezeichnen, wohl aber als hinter den (eigentlich sofort ins Auge springenden) Möglichkeiten zurück geblieben.

Es ist kein Geheimnis, dass Argento schon immer Defizite im Bereich der Schauspielerführung hatte – zum Glück ist sein Hauptdarsteller, Mister „Meat Loaf“ Aday („the Rocky Horror Picture Show“), der sich sowohl in der Musik- („Bat out of Hell“) als auch Film-Industrie („Fight Club“/„51st State“) einen Namen gemacht hat, souverän zugange: Der Part ist abstoßend-schleimig konzipiert und von Meat (im doppelten Sinne) perfekt „verkörpert“ worden. Sein Verhältnis zu Shana (Ellen Ewusie: „Devour“) mutet beinahe wie „die Schöne und das Biest“ an – unabhängig der Gegebenheit, dass mir ihr Aussehen nicht allzu sehr zugesagt hat, von Ellen´s arg begrenzten Talenten, die übers Tanzen und Ausziehen nicht hinausreichen, ganz zu schweigen (in so ziemlich jeder ihrer Szenen ist sie, mehr oder minder, nackt). Es hat mich zudem gefreut, Genre-Veteran John Saxon („A Nightmare on Elm Street“), der übrigens seinerzeit an Dario´s „Tenebre“ (1982) beteiligt war, mal wieder zu Gesicht zu bekommen – obwohl er leider recht früh abtritt. Die anderen Akteure sind kaum der Rede wert, vermitteln ihre (ausnahmslos selbst zugefügten) Verletzungen allerdings glaubhaft. Schade, dass sich keiner der Charaktere irgendwie fortentwickelt und/oder als ein Sympathieträger entpuppt – entsprechend bleibt jegliche Anteilnahme aus, was als weiterer Schwachpunkt in die Wertung einfließt.

Argento hat sichtliche Anstrengungen in dieses Projekt investiert, um unter Umständen die gegenwärtige Empfindung, er habe seine ehemals gefeierte Form permanent hinter sich gelassen, zu kaschieren – nur scheint dieser Zug inzwischen tatsächlich abgefahren zu sein. Mal sehen, was sein vermutlich letztes Aufbäumen, ein Fortführen der eigenen klassischen „Mothers“-Trilogie im Jahre 2007, noch zu reißen vermag. Gemeinsam mit Cinematographer Attila Szalay („Critical Assembly“) mühte er sich, zumindest technisch an die „guten alten Zeiten“ anzuschließen: Die genutzten Kontraste, Farbtöne, Kamerawinkel, Ausleuchtungen und Schnittfolgen erinnern unverkennbar an den visuellen Stil (z.B.) von „Suspiria“ (1977), selbst „Markenzeichen-Einstellungen“ (wie Augen-Reflektionen) finden Verwendung – und trotzdem zündet der Funke nicht, so als hätte ein Copycat-Regisseur sein Glück versucht. Zu seiner geringfügigen Ehrenrettung: Diese waschechte TV-Produktion übertrifft immerhin einige seiner letzten Werke um Längen. Neben Weggefährte Saxon holte er sich zudem Claudio Simoneti (ehemals ein „the Goblin“-Member) ins Boot, der einen Soundtrack in bester 70er- bzw 80er-Jahre Italo-Horror-Tradition beisteuerte – leicht gewöhnungsbedürftig, aber okay.

Im Einklang mit dem auditiv erzeugten Eindruck jener Epoche, in welcher Exploitation-Flicks gang und gebe waren (siehe etwa Jess Franco´s Oeuvre), durchsetzte man die gesamte Storyline förmlich mit Gore, Grausamkeiten und nackten Tatsachen: Strip- und Beischlaf-Szenen sind zuhauf vorhanden, nur ist die gezeigte Sexualität nie sinnlich, nicht einmal auf eine schizophrene Weise wie in „Jennifer“, denn der Nachtclub ist schäbig und die Protagonisten kaum antörnend – die Umschreibung „im Grunde unbefriedigend“ trifft es gut, selbst ohne einer doppeldeutigen Auffassung dieser. Und nein, Dario, ein begründendes Proklamieren des nüchtern gemeinten Slogans „I’d rather go naked than wear Fur“ zieht an dieser Stelle ebenso wenig. Was ist es doch beruhigend, dass, wenn man sich schon nicht (beständig) auf die Filmemacher verlassen kann, wenigstens die kreativen Köpfe bei „KNB“ kontinuierlich überzeugende Arbeit abliefern: Der vorliegende Mix aus klassischen und digitalen Effekten begeistert und reiht „Pelts“ (Härtegrad-technisch) an (bislang) zweiter Stelle hinter Miike´s „Imprint“ ein. Ob nun die unschönen Überbleibsel der beiden Trapper, eine Frau, die sich Nase, Augenlider und Mund zunäht, ein Mann, der eine große Schneiderschere dazu nutzt, sich den Bauch aufzuschlitzen und in Folge dessen seine Innereien zu entfernen, oder ein anderer, welcher sich die eigene Bauch- und Rückenpartie entfernt sowie das abgezogene Torso-Hautstück als Weste präsentiert – Zartbesaitete werden sicher ihre Probleme haben, zumal alles in Detail-verliebten Großaufnahmen zu bestaunen ist. Der Materie angepasst, also nicht unter nüchternen, realistischen oder ernst gemeinten Gesichtspunkten zu betrachten, wird man mit Morden und Selbstverstümmelungen konfrontiert, deren Gore-Gehalt over the Top daherkommt und so nie den morbiden Spaß-Faktor aus den Augen lässt.

Was „Pelts“ hätte unschlagbar machen können, wäre eine dichte Atmosphäre gewesen, so wie sie bei den nächtlichen Szenen im Ruinenfeld sowie bei der alten Einsiedler-Dame daheim vorhanden ist – nur spielt ein Großteil der Episode in einem schnöden Strip-Schuppen, was die stimmigen Momente jeweils geradezu negiert. Die von den Fällen ausgehende Faszination wurde auch nicht optimal vermittelt – ein subtiles (CGI-) Funkeln reicht nicht unbedingt aus, um glaubwürdig eine hypnotisierende Wirkung zu suggerieren. Immerhin sind die Waschbären putzig. Argento weiß ein limitiertes Budget ansehnlich auszureizen, aber dem einstigen Genre-Großmeister gelingt es schlichtweg nicht mehr, einen prägenden Eindruck zu hinterlassen – in letzter Instanz genügt es keinesfalls, auf handwerklicher Ebene eigene vergangene Erzeugnisse zu zitieren und die Zwischenräume dieses instabilen Konstrukts mit Sex und Gewalt aufzufüllen, wenn ein klarer Mangel an Storysubstanz, Charakterentwicklung und Spannung vorherrscht. Ist dieser „MoH“-Beitrag besser als „Jennifer“? Definitiv. Wird man unterhalten? Ja. Kann man von einem wirklich gelungenen Mini-Movie sprechen? Leider nicht ganz … „6 von 10“

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