Der Stock im englischen Po war selten hübscher
"Howards End" ist ein exquisites Historiendrama über zwei Familien, eine aus der Oberschicht, die andere aus der Mittelschicht, die sich annähern und abstoßen. Mittendrin ein prachtvolles Anwesen, das die oft hinterhältigen Machenschaften stumm und ewig schön mit ansieht. Als eine der feinsten Literaturverfilmungen, kann "Howards End" durchaus schlauchen. Die Akzente sind hochgestochen, die Intrigen gut verhüllt, die Geschichte umspannt Jahre und Themen/Werte wie Erbe und sozialer Stand sind heutzutage schon lange nicht mehr auf der allerhöchsten Ebene des gesellschaftlichen Interesses. Nichtsdestotrotz hat "Howards End" noch immer die Kraft zu verzaubern, in eine vergangene Epoche zu entführen und Figuren zu zeigen, die sich echt anfühlen. Egal wie weit sie von einem persönlich entfernt sind.
In "Howards End" hat alles Klasse und Stil. Vom kleinsten Knopf zur subtil hochgezogenen Augenbraue. Nichts wirkt hier gehuscht oder geschludert. Jeder Dialog, jedes Kleid, jeder Ziegelstein sitzt genau dort, wo er sein muss. In Sachen Ausstattung und Bilder wird man in der kompletten Kinogeschichte kaum etwas Famoseres finden. Bilder, wie frisch aus einem anderen Jahrhundert. Zudem ist der Soundtrack passend exquisit und die Darsteller machen ihrem Legendenstatus alle Ehre. Vor allem Emma Thompson spielt herausragend. Aber gegen einen Anthony Hopkins in Bestform muss man das wohl. Insgesamt lohnt sich jede Investition in diesen reichhaltigen Kinoschatz. Mit Geduld und Konzentration kann man tief genug abtauchen und fast zu vergessen, dass man irgendwann wieder Luft holen muss. Ein Epos mit dem man wächst, das man nicht zu früh im Leben sehen sollte. Und wenn doch, dann sollte man im Hinterkopf behalten, ihm in ein paar Jahren eine weitere Chance zu geben. "Howards End" reift wie ein guter Wein.
Fazit: well done. Durch und durch. Schauspieler, Kostüme, Settings, Dialoge - alles filmische Haute Couture. Sehr britisch, sehr steif, sehr lang - und trotzdem kann man sich in dem Historiendrama über Gesellschaftsschichten und Grundstücke Hals über Kopf verlieren. Ein Kosmos für sich.