Nach dem Kleingangstermilieu in „Bang Boom Bang“ und den Malochern in „Was nicht passt, wird passend gemacht“ nimmt sich Peter Thowarth in „Goldene Zeiten“, dem dritten Teil seiner Unna-Trilogie, nun dem Umfeld der Snobs an.
Im Zentrum des Geschehens steht ein Wohltätigkeitsgolfturnier, das von dem Eventmanager Ingo Schmitz (Wotan Wilke Wöhring) für Jürgen Matthies (Wolf Roth) organisiert wird. Als Schirmherrn hat Ingo sogar den ehemaligen Actionstar Douglas Burnett (Dirk Benedict) von der Serie „John Striker“ eingeflogen. So weit, so gut: Damit hätten wir das neue Umfeld, aber bald zeigt sich, dass die Figuren hier ebenso schlitzohrig wie in Thorwarths anderen Filmen sind.
Hinter den Kulissen betrügt nämlich jeder jeden: Burnett ist nur ein Double, sodass sich Ingo von der hohen Gage etwas abzwacken will, Jürgen hingegen hat die Pacht gar nicht bezahlt und will die Einnahmen des Charityturniers benutzen. Zudem betrügen sich noch Ehepaare, Geschäftspartner, Freunde usw., was bald Konsequenzen hat…
Von der Struktur her ist „Goldene Zeiten“ den anderen Unna-Filmen nicht unähnlich, denn auch hier geraten die Leute in Teufels Küche, wenn sie sich gegenseitig bescheißen wollen und Ingo wird dabei zur leidgeprüften Sympathiefigur – ähnlich wie Keek in „Bang Boom Bang“. Leider überfrachtet Thorwarth diesen Film mit Charakteren, die man teilweise einfach hätte weglassen können, sodass man schnell den Überblick über die ganzen Betrügereien verliert und zudem viele Fragen offen bleiben, da die Zeit einfach nicht reicht, um alle angerissenen Plots zu Ende zu erzählen.
Das ist schade, denn mit einer Laufzeit von deutlich mehr als zwei Stunden ist „Goldene Zeiten“ an sich schon zu lang. Oft tun sich Hänger auf, z.B. wenn Jürgen gegen Ende immer mehr durchdreht und sich ein Ausraster an den nächsten reiht. So hätte man deutlich kürzen können, einige der unwichtigen Charaktere weglassen können (z.B. die Subplots um Ingos Beziehung). Auf die Weise hätte auch das Finale dynamischer gewirkt, das trotz absurder Ereignisse (u.a. Mord und Totschlag bei einer Golfgala) irgendwie reichlich schleppend verläuft und keinen würdigen Höhepunkt abgibt.
Doch trotz der Schwächen ist „Goldene Zeiten“ recht unterhaltsam geraten, was an den Gags liegt. Thorwarth hat sein Gespür für richtig platzierte, teilweise ziemlich derbe Witze nicht verlernt. Die besten Gags sind vor allem diejenigen, die im Stile der Vorgänger gehalten sind, in erster Linie durch den Zuhälter Bullet-Harry (Ralf Richter) vertreten. Der errechnet schon mal den Geldwert für ein verloren gegangenes Mädel aus seiner Obhut oder erzählt einem total eingeschüchterten Gegenüber vom Bäckerbesuch („Ich kauf Brötchen, aber nicht die ordinären mit ’nem Schlitz drin“) – nur um zu verdeutlichen, wie uninteressant er dessen Geschwätz findet. Auch sonst sind die Gags amüsant, aber so treffsicher wie zuvor ist Thorwarth nicht. Zu ausgebrannt ist das Feld der High Society Satire und so reizt es nicht immer zum Lachen, wenn man sich über die gleichen Dinge wie jeder andere Film dieser Gattung lustig macht: Jeder betrügt jeden, man versucht sich gegenseitig auszubooten oder sogar umzubringen und es ist Gang und Gäbe hinter dem Rücken des Partners rumzuficken.
Dafür bringt „Goldene Zeiten“ einige tolle In-Jokes. Den erwähnten Streit um den Flughafenausbau in Holzwickede nahe Dortmund gibt es wirklich oder Douglas Burnett muckiert sich über Gewalt im Fernsehen – besondere im „A-Team“, in dem der reale Dirk Benedict zu Ruhm kam. Auch zu „Bang Boom Bang“ gibt es viele Verweise. So kehrt Melanie (Alexandra Neldel) in der gleichen Rolle zurück (leider gehört sie zu den Charakteren, die man getrost hätte weglassen können), Bullet-Harry heißt eigentlich Harald Grabowski und ist der Bruder des in „Bang Boom Bang“ erschossenen Kalle und Mark Kampmann (Christian Kahrmann) ist auch wieder mit dabei – als Porschetuner.
Das gut besetzte Ensemble spielt auch durch die Bank weg überzeugend, wobei vor allem der relativ unbekannte Wotan Wilke Wöhring zeigt, dass er für Hauptrollen geeignet ist. Auch am Rest gibt es nichts auszusetzen, besonderes Highlight ist wie erwartet Ralf Richter. Aber auch Gedeon Burkhard in einer herrlich schmierigen Rolle und der mit Selbstironie spielende Dirk Benedict gehören klar zu den stärksten Darstellern des Films.
Unnötig lang und zu unübersichtlich im Figurengewusel – das sind die Hauptkritikpunkte am neuesten Thorwarthfilm. Dabei hat „Goldene Zeiten“ viele amüsante Ideen und das Timing der Gags stimmt meist, wenngleich der Humor weniger treffend als in den Vorgängern ist. Daher liegt „Goldene Zeiten“ in meiner Gunst nur etwas über dem Durchschnitt und das liegt teilweise an meinem Lokalpatriotismus als Unnaer.