Review

Gesamtbesprechung

Alison Mundy ist ein Medium. Robert Bridge ist ein Psychologie-Professor. Robert hat seinen kleinen Sohn bei einem Autounfall verloren, bei dem er selbst am Steuer gesessen hat. 
Alison hat ein ungeklärtes Kindheitstrauma, bei dem ihre verstorbene Mutter eine wichtige Rolle spielt, und die Folgen eines schweren Zugunfalls zu bewältigen. 
Nach einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Anstalt kommt sie von Manchester nach Bristol, um dort neu anzufangen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen. 

Dass sie als überaus aufmerksame und empfindsame Person trotzdem noch Besuch von ruhelos umherwandernden Geistern bekommt, ist ihr dabei anfangs ein Dorn im Auge. Bald lässt sie sich jedoch darauf ein, den meist unglücklichen Seelen bei ihrem Weg ins Jenseits zu helfen.

Afterlife" ist keine einfache Spuk-Geschichte. Obwohl auch hier in jeder Folge die unruhigen Seelen Verstorbener auftauchen und sich auch ab und an mal Gegenstände bewegen, haftet ihr ein grosser Realismus an.

Das mag natürlich an den grösstenteils recht trostlosen und dadurch so normal wirkenden Schauplätzen liegen oder an den stimmungsvoll ausgeleuchteten Sets. 
Serienschöpfer Stephen Volk gelingt aber so, zusammen mit den wenigen anderen Autoren das Kunststück, tief in das Seelenleben der beiden Protagonisten einzutauchen. 
Dass dafür insgesamt nur 14 Folgen zur Verfügung stehen, macht überhaupt nichts, denn Lesley Sharp und, wenn auch mit Einschränkungen, Andrew Lincoln gehen in ihren Figuren derart auf, dass man als Zuschauer stets das Gefühl hat, diese Personen könnte es wirklich so in der eigenen Nachbarschaft geben.

In der ersten Staffel ist das vorherrschende Thema, dass Alison mit ihrer nicht selbst erwählten Rolle als Anlaufstelle für Geister erst einmal zurechtkommen muss. 
(„You don’t choose the Spirits, the Spirits choose You!“)
Ein besonderer Besucher ist Roberts Sohn, der gerne in Kontakt mit seinem Vater treten möchte, der jedoch als Skeptiker mit Alisons Fähigkeit fremdelt, sie gar als Betrügerin entlarven will.

Ähnlich wie bei Scully und Mulder in "Akte X" bringt Autor Volk hier zwei vollkommen gegensätzliche Weltanschauungen zusammen, deren Meinungsverschiedenheiten immer wieder für Reibungspunkte sorgen.
Schliesslich entscheidet sich Robert, ein Buch über Allison und ihre Arbeit zu schreiben und nimmt daher an einigen ihrer "Fälle" teil.

In jeder Folge bekommt sie es mit den unterschiedlichsten Geistern zu tun und wird von Angehörigen oder anderen, den Verstorbenen nahestehenden, Personen um Hilfe gebeten.
Mit der Zeit bekommt auch Roberts rationale Fassade Risse und er beginnt zu verstehen, dass es doch noch etwas anderes als einfache Erklärungen zu den Phänomenen der unruhigen Seelen gibt.

Obwohl sich im Laufe der zweiten Staffel dann allmählich sein professionelle Verhältnis zu Alison in eine Freundschaft verwandelt, ist Robert ein weiterhin sehr ambivalenter Charakter.
Auch Alison wird weiterhin eine starke Frau bleiben, die sich allerdings eine grosse Schwäche in Gestalt ihres niemals überwundenen Kindheitstraumas gestattet.
Dies ist auch eines der vorherrschenden Themen in der zweiten Staffel und bringt die beiden enger zusammen.

Staffel 2 hat unter anderem darum auch einen ernsteren Grundton als Staffel 1, denn hier sind die Hauptpersonen bereits etabliert, man kennt ihre Probleme und kann sich mehr oder weniger damit identifizieren.

Der grosse Realismus der Serie spielt bei der Ernsthaftigkeit des Gezeigten eine sehr sehr grosse Rolle.
Umherfliegende Gegenstände, geisterhaft durchscheinende Figuren - dies alles wird in „Afterlife“ auf ein Minimum reduziert und man fühlt sich in vielerlei Hinsicht an „The Sixth Sende“ erinnert, was für das Gelingen als Fernsehserie garantiert.

Eine namhafte Riege an Nebendarstellern komplettiert die 14 Folgen und machen aus der britischen ITV-Serie ein wirklich lohnendes Ereignis, wenn man an ernsthaftem Drama interessiert ist. Gelegentlich werden gesellschaftlich heikle Themen wie Kindesmissbrauch und Abtreibung behandelt, daher sollte man keine nette Familienserie erwarten.
In Sachen Schauwerten und Gruseleffekten ist die Serie nicht zimperlich, hält sich aber trotzdem gekonnt zurück, was die Zeigefreudigkeit angeht.

Mit all diesen Voraussetzungen ist „Afterlife“ eine spannende und sehr gut gespielte Serie im Geistersektor, die weit ab von „Ghost Whisperer“ oder „Supernatural“ eine ganz andere Klientel bedient und genau dadurch ein Highlight in der TV-Landschaft darstellt.

In Deutschland ist sie leider nie erschienen und daher gibt es meines Wissens auch keine deutsch synchronisierte Fassung.

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