Kann man einen Film besser machen als nötig? Kann man in einen Film zuviel Hingabe und Herzblut investieren? Hier die gespannt erwartete King Kong-Adaption vom wohl gerade einzigen Regisseur, bei dem man diese Fragen stellen kann.
Nach der Herr der Ringe-Trilogie konnte ja eigentlich nicht mehr viel kommen, meinten nicht wenige. Zumindest nicht ein Filmprojekt das ähnlich oder noch mehr ausufert, vom Umfang her, der Drehzeit, des technischen Aufwands und des finanziellen Erfolges. Und auch nicht von der Energie her, die Peter Jackson in die Tolkien-Verfilmung steckte. Da sind schon früher viele Leute wegen weniger ausgebrannt. Oder haben sich, dieser Gefahr bewußt, erst einmal zurück gezogen. Man denke nur an James Cameron, der nach dem Erfolg von Titanic im wahrsten Wortsinn abtauchte und die folgenden Jahre nur durch ein paar Dokumentarfilme kaum von sich reden machte.
Ganz anders Jackson. Der hatte sich nach den Ringe-Dreharbeiten wohl immer noch nicht ausgetobt. Im Drei-Stunden-Remake des nicht mal halb so langen Originals lässt er beizeiten alle Zügel schießen und der Zuschauer kriegt den Mund kaum zu ob der filmischen und vor allem technischen Leckerbissen, die er da, manchmal gar mit Gewalt, reingestopft bekommt. Und viel muß wohl dabei noch unter den Schneidetisch gefallen sein.
Dabei lässt er es während des ersten Drittels der Filmlänge noch relativ entspannt angehen. Eine plastische Herausbildung der Charaktere, deutlich tiefer als in der Originalvorlage, liegt ihm spürbar am Herzen. Das Erzähltempo ist zwar von Anfang an hoch, doch für die wirklich großartige Besetzung und die Prämisse, auch wirklich jedem Nebencharakter eine gute Szene und ein paar schöne Dialogzeilen zu gönnen, muss man ihn loben. Unterstützend an seiner Seite: fast die komplette Lord Of The Rings-Crew, allen voran Kameramann Andrew Lesnie.
Sie alle schaffen sofort zu Anfang eine gelungene, natürlich geschönte und romantisch verklärte Atmosphäre des New Yorks während der großen Depression. Das ist eben Kino, Marke "larger than life".
Während der Überfahrt nach Skull Island wird das fortgeführt. Man kann ihm natürlich -nicht mal zu Unrecht- vorwerfen, die Handlung zu ziehen und Zeit mit Figuren zu vergeuden, die eigentlich keine storytechnische Relevanz besitzen. Aber Jackson meint es ja nur gut, wenn er z. B. Gollum- und King Kong-Vorlage Andy Serkis als Schiffkoch Lumpy einbringt oder die Vater-Sohn-Beziehung zwischen Schiffsjungen und erstem Offizier streift. Das sind dann aber wirklich fast zu kleine Rollen für Evan Parke und Jamie Bell. Den Fan erfreut er dafür im Gegenzug mit kleinen Gags und Querverweisen im Hintergrund, etwa wenn im Schiffsbauch eine Kiste mit der Warnung vor einem sumatrischen Rattenaffen herumsteht.
Bis das Schiff Skull Island erreicht.
Und dann wird das Gaspedal richtig durchgetreten bis durchs Bodenblech. Das erste Aufeinandertreffen mit dem Eingeborenenstamm, Entführung, Verfolgung, Rettungsmission, Flucht, Kongs Gefangennahme und schließlich das grosse Finale zurück in New York, Atempausen gönnt Peter Jackson dem Zuschauer höchstens, um die nächste Sequenz noch aufwendiger und temporeicher als die vorhergehende zu gestalten. Schalt doch mal einen Gang 'runter, möchte man zur Leinwand rufen, doch würde das im Getöse der Tonspur gnadenlos untergehen. Wer sollte Jackson denn auch zügeln wenn nicht er selber? Nach Herr der Ringe hat er die Freiheiten, von denen die allermeisten anderen Regisseure ewig träumen werden. Und die kostet er überreichlich aus. Logik ist Spaßbremse, Peter der Chef und Weta herrscht.
Er und sein Drehdreamteam, sie könnens ja, das ist es nicht. Aber die Zuschauer stehen allein in der zweiten Filmhälfte unter dem Dauerbeschuß einer derartigen Menge von Effekten und Einfällen, wie sie vermutlich nicht einmal ein Michael Bay in seinem kompletten Lebenswerk auffahren wird. Erst recht nicht in dieser Qualität. Das die Schauspieler von der nicht mehr umwerfenden, sondern eigentlich schon umhauenden Optik nicht zur Gänze in den Hintergrund gedrückt werden - Respekt! Es wäre auch zu schade gewesen, denn auch die Besetzung der Hauptdarsteller mit dem Trio Brody (bei dem man sich schon fast mehr Screentime gewünscht hätte), Watts (kann ja 'eh nicht schlecht spielen) und Black (große, positive Überraschung als manischer Filmemacher und wohl auch ein bisschen PJ's Alter Ego) ist geglückt.
Die Höchstnote muss dem Film dann aber doch verweigert werden, dafür hätte Jackson ihn und das Publikum etwas mehr ruhen lassen müssen. Es reicht halt nicht, den Kinosaal drei Stunden lang durchzuföhnen, betäubt und überwältigt von den Eindrücken zurückzulassen.
Eines ist klar: Jacksons Entwicklung kann nur back to the roots gehen, wie es so schön heisst. Runterschalten und durchatmen. Worauf es im Kino ankommt, das weiss er. Darauf muss er sich nur zurückbesinnen. Auf ein kompaktes, reduziertes Werk wie einst seine wunderbaren Heavenly Creatures. Das trotzdem verquer genug ist, seinen Stil und seine Eigenständigkeit zur Geltung zu bringen und aus der Masse abzuheben. Denn noch so ein kolossaler Brocken in Folge wäre kaum mehr zu schlucken.