Es sei bereits seit seiner Kindheit sein Traum gewesen, eines Tages ein Remake seines Lieblingsfilmes „King Kong und die weiße Frau“ zu drehen… „Hach, herrlich!“, denken wir uns und überlegen, wie süß der kleine, dicke Junge mit Vollbart im Sandkasten in der neuseeländischen Pampa ausgesehen haben muss, wie er davon träumt, einen Film über einen Riesenaffen zu drehen. 10, 15 Jahre später dreht ebendieser kleine, dicke, vollbärtige Junge gemeinsam mit seinen Freunden Filme über Zombies. Dicht dran am Riesenaffen, aber noch nicht das, was er sich erträumte. Noch einmal ein zeitlicher Quantensprung und der Herr – nennen wir ihn einfach Peter Jackson – verfilmt einen Stoff, der eigentlich als unverfilmbar galt. Noch immer kein Riesenaffe in Sicht. Aber nun, wo der Ruhm, das Geld, die technischen Möglichkeiten und wohl vor allen Dingen der Mumm da waren: traute er sich und machte seinen Kindheitstraum wahr: Er drehte „King Kong“!
Nachdem er also die „Herr der Ringe“-Trilogie als Spielwiese und Versuchskaninchen dafür nutzte, ob seine Special Effects auch gut genug für das Mainstream-Publikum waren und damit eine Popkultur rund um Hobbits und andere Fabelwesen zum Leben erweckte, wagte er den großen Schritt und nahm sich der Geschichte Merian Coopers und Edgar Wallaces rund um King Kong und die weiße Frau an. Eine solche Welle wie die LOTR-Trilogie sollte „King Kong“ jedoch nicht auslösen. Zu wenig Identifikationsfiguren bot der Stoff rund um den Regisseur Carl Denham (Jack Black) und seinen verzweifelten Versuch, auf „Skull Island“ einen zeitlosen Film zu drehen. Ein Versuch, der letztlich einige Todesopfer mit sich bringen würde, aber auch das „Achte Weltwunder“ – den „King Kong“.
Wie viel Peter Jackson steckte wohl in der Figur des Regisseurs Denham? Diese Frage stellt sich dem Filmfreund von dem Zeitpunkt an, in dem die Figur, die Jack Black wirklich fabelhaft interpretiert, in Erscheinung tritt… Es scheint als wäre es eine 1:1-Kopie des filmverrückten Peter Jackson, der bei jedem seiner Projekte mit der Leidenschaft dabei ist, die Jack Black mit seiner Figur auf die Leinwand bringt. Und man merkt dem Werk Jackson an, dass er mit seiner gesamten Leidenschaft dabei war – es war ja auch schließlich Zeit seines Lebens sein größter Traum, diesen Film zu drehen. Und so erschafft er vor allen Dingen mit „Skull Island“ einen wahren Spielplatz der abscheulichen Kreaturen, ein eigenes Universum, das so fern erscheint und doch bei der Betrachtung des Filmes so bedrohlich nah: Neben dem Kong bedrohen Dinosaurier, Riesenspinnen, Kakerlaken und riesige Fledermäuse unsere Helden, die sich aufgemacht haben, um die schöne Schauspielerin Ann Darrow (Naomi Watts) zu retten. Ja, Naomi Watts spielt die Rolle der weißen Frau, die sich hin und her gerissen fühlen darf zwischen den beiden sie anschmachtenden Protagonisten: dem Drehbuchautoren Jack Driscoll (Adrien Brody) und eben dem Kong. Diese Rolle nimmt sie auch mit Leib und Seele ein, sodass er jederzeit Spaß macht, ihr bei der Interpretation der hilflosen, weißen Frau zuzuschauen.
Einen erwischte es bereits beim „Herrn der Ringe“, und diesmal erneut: Andy Serkis durfte bereits beim dreiteiligen Epos Peter Jacksons lediglich einer computer-animierten Figur Leben einhauchen – Gollum – und auch diesmal sollte er lediglich durch seine Gestik und Mimik, nicht jedoch durch seine Person an sich, auf der Leinwand auftauchen. Er haucht dem Kong Leben ein, er verleiht dem Kong sogar eine gewisse schauspielerische Tiefe. Die Momente, in denen dieses Ungetüm seine zarte Seite zeigt, sind eindeutige die Momente von Andy Serkis. Es sind auch die Momente, die diesen Film abseits jeglicher optischer Wucht, mit der er daherkommt, noch sehenswerter macht: Was im Original-Streifen nur schwer möglich war, ist heute durch die Wunderwerke der Technik ohne weiteres machbar: dem Ungetüm, dem „King Kong“ werden menschliche Züge verliehen, die das Publikum näher an die emotionale Tiefe dieses Filmes heranlassen.
Das ist auch der Punkt, an dem jedem klar sein sollte, dass der „King Kong“ von 2005 nicht als Remake eines Klassikers angesehen werden sollte, sondern als eigenständiger Film mit der gleichen Grundgeschichte. Der 2005er „King Kong“ ist bedeutend emotionaler und somit auch dramaturgisch gesehen tiefer gestaltet als das Original. Technisch ist Peter Jackson ohnehin wieder einmal ein brillantes Werk gelungen. Einfach rundum: erstklassiges Popcorn-Kino vom großen, schlanken, vollbärtigen Mann aus Neuseeland! 9 von 10 Punkten!