Damals war es, als sich in wenigen Tagen heruntergekurbelte Billigfilme im feinsten Scope-Format auf den Leinwänden breit machten. Science-Fiction ist das Thema. Ein frühes Werk von Roger Corman, heute Legende eines Billigproduzenten. Verheißt das nun Gutes vor allem für die Trash und Monsterfans? Ein klares Jein.
Was in den ersten Minuten auffällt, ist, daß gar kein verfrühter Monsterauftritt frequentiert wird. Day the World Ended aka Die letzten Sieben braucht das nicht. Corman stellt alles auf Null, in dem er sagt, der Film beginne mit dem Ende. Das Ende ist die Apokalypse. Krieg. Atomarer Holocaust. Woher? Warum? Keine Antwort. Wozu auch, spricht Roger Corman doch die im kalten Krieg stetig präsente Angst vor dem Nuklearschlag an. Im Ansatz konnte man sich dank Versuchen und den Atombombenabwürfen auf Japan ein Bild von der Verwüstung machen, die da folgen würde. Aber eben eine Frage blieb denjenigen, die nicht blind darauf vertrauten, daß ein simples Duck & Cover die Überlebengarantie werden würde. Was kommt dann?
Wir begegnen vereinzelten Überlebenden, von denen nur Radek sichtbare Spuren der radioaktiven Belastung zeigt; der einzige Spezialeffekt in den nächsten gut zwanzig Minuten. Zentrum der Hilfesuchenden ist das Haus von Jim Maddison, der vorgesorgt und seinen gut geschützten Bau mit ausreichend Nahrungsmitteln für sich, seine Tochter Louise und ihren Freund eingerichtet hatte. Die Strahlung dort hält sich in Grenzen. Zwar haben die Maddisons mehr als genug, da es der Geliebte nicht nach Hause geschafft zu haben scheint, jedoch strömen deutlich zu viele Menschen herbei, so daß der deutsche Titel Die letzten Sieben zwar nichtssagend bleibt, aber immerhin doch passgenau wird.
Corman schafft ein Kammerspiel, einen Mikrokosmos der Menschheit, der mit seinen Spannungen nicht unbedingt das Auftreten von typischen Kreaturen bedingt oder auch nur vermuten läßt. Die letzten Sieben fesselt von der ersten Minute mit den unterschiedlich ausgeprägten Figuren, die Corman bewußt an Stereotypen geknüpft auf seinem Spielfeld bewegt. Interessanterweise ist es, vielleicht der züchtigen 50er wegen, nicht die verruchte und mit ihren Reizen kokettierende Tänzerin Ruby, die für Zündstoff in der testosteronüberdosierten Notgemeinschaft sorgt. Es ist ihr Begleiter Tony, der von Beginn an das Kommando an sich reißen möchte, einerseits nach der unschuldigen Schönheit Louise giert und andererseits stetig bereit ist, für Weib und Verpflegung zu morden.
Als der Großteil noch an der neuen Weltordnung feilt und über eine Zukunft außerhalb des Hauses sinniert, begibt sich der fleischhungrige Radek auf die Jagd. Als er schließlich ein Kaninchen gefangen hat, folgt der Schock auf dem Fuße. Eine Kralle langt nach der Beute! Mehr Information behält sich Die letzten Sieben an dieser Stelle vor.
Auch Maddison hatte sich nur auf ein Überleben vorbereitet, blüht nun angesichts der Gesellschaft jedoch auf. Gemeinsam mit dem Geologen Rick entwickelt er eine Strategie, um eine Landwirtschaft aufzubauen. Das Wetter ist ihnen dabei auch gnädig, bleibt der radioaktive Regen doch aus. Eine sichere Wasserquelle läd gar zum Baden ein. Doch hier fühlt sich Louise beobachtet. Hatte der eigensinnige Tony noch nicht genügt, um die tugendhaften Pläne zu zerstreuen, so gibt nun Jim Maddison geheime Erkenntnisse aus einem Atomversuch preis, die im Zusammenhang mit aufgefundenen Fußspuren und Kadavern auf einen schrecklichen Rückschluß hindeuten.
So sehr Roger Corman in seinem Spielszenen aus dem Vollen schöpft, grob entlang der sieben Todsünden quasi das Für und Wider eines Fortbestandes der menschlichen Spezies gegeneinander ausspielt und so selbst dem Weltuntergang seine eschatologische Heilwirkung abspricht, so konterkariert er nahezu jeden ernsthaften Subtext der Lou Rusoff Story durch den letztendlich voll sichtbaren Einsatz der Schreckgestalt. Doch das Lachen ob dieses aufgequollenen, dreiäugigen Rasputins mit der Panzerhaut bleibt einem angesichts des ansonsten gelungenen Aufbaus schon etwas im Halse stecken. Ungeachtet dessen, ob Corman das bescheidene Design dieser schauerlichen Kreatur darauf abwälzen kann, daß wir eben ja gar nicht wissen, wie eine radioaktiv bedingte Zellmutation von Statten gehen wird, setzt er seine Figuren in Die letzten Sieben als Spielball dem Zufall aus, ordnet beliebige Wahrscheinlichkeit und Unwahrscheinlichkeit neu.
Die Kontingenz, eine höhere Macht, findet sich einerseits in der ausufernden Wissenschaft, die zu der nuklearen Katastrophe geführt hat. Wo hier schon dem Einzelnen die Macht entzogen war, ist andererseits die Konsequenz der Kontrollverlust. Der Mensch ist wieder ausgeliefert. Doch hat diese neue Welt nicht Gott oder ein natürliches Prinzip geschaffen, sondern eine ordnungsstrebsame Spezies sich selbst in ein mehrfach beschleunigtes Chaos versetzt.
Das Monster ist eine klare Folge des menschlichen Wahnsinns, sich die Erde nicht nur Untertan zu machen, sondern gierig und selbstbezogen Macht und Besitz für sich zu beanspruchen. Wie sich sein Schatten dem Nosferatu gleich über seinem Opfer abzeichnet, wie er dem losgelassenen King Kong ähnlich die schöne Louise auf seinen Armen entführt und gar seiner Wahl wegen die Vermutung aufwirft, daß es sich eben um ihren verschollenen Lover handeln könnte, nehmen die Widrigkeiten dieser Welt einen Einfluß auf die Pläne der Überlebenden. Ausweglos scheint die Situation gegenüber dem Ungeheuer, auf das Gewehrkugeln keine Wirkung ausüben.
Die Menschen sind aufgrund ihrer individuellen Entscheidungen nicht so gleich, wie es drei Männer, nach dem Griff in den Kleiderfundus von Jim Maddison in identisch geschneiderte Oberhemden uniformiert, optisch vorzugeben scheinen. Unabhängig der veränderten globalen Verhältnisse besteht die schädigende Attitüde in Tony weiter. Ohne Frage wäre es aufgrund der Bewaffnung eigentlich ein Leichtes für Jim und Rick, sich seiner zu entledigen. Ihre Toleranz ermöglicht es Tony überhaupt, das Zusammenleben zu beeinträchtigen. Eine Parallele vielleicht auch zu dem Fatalismus, mit dem die Völker der Erde ihren Mächtigen den Aufbau als Nuklearmacht überhaupt gestatteten und ein Wettrüsten in Kauf nahmen.
Das einzige Prinzip, welches vor wie nach der Katastrophe Bestand hatte, zeigt Die letzten Sieben in der Hoffnung auf. Der Film ist eine Sinnsuche im Extrem, verdeutlicht durch Maddison, der trotz aller Vorsorge zunächst nur das Überleben als einzige Ideologie vorwies, dann jedoch angesichts der zugestoßenen Leidensgenossen an eine Zukunft denken kann. Entgegen Tony, der seinen Selbsterhaltungsdrang aus purem Egoismus auslebt, sucht Maddison nach anfänglichen Vorbehalten aufgrund der knappen Vorräte schnell eine Lösung, die der Gemeinschaft zu Gute kommt. Er möchte den Anbau von Nahrungsmitteln vorantreiben und reagiert auf das stumme Funkgerät mit dem Plan, die Menschheit durch Nachkommen selbst in diesen widrigen Zeiten zu erhalten.
Cormans Film ist der existenzialistische Diskurs im Absurden. Ob es sich dabei schließlich um ein atheistisches Weltbild handelt oder nicht, bleibt wegen der Konzentration auf die menschliche Vernunft offen. Das Gelingen der geschmiedeten Pläne hängt von den Gewalten ab, denen die Überlebenden ausgeliefert sind. Welchen Gesetzen diese jedoch gehorchen spielt keine Rolle. Entscheidend sind das Wollen und das Sein, die Selbstbestimmung und die Inkaufnahme der Folgen. Die Verantwortung in der Ich-Bezogenheit formt diese zur Selbstzerstörung gegenüber der Selbstlosigkeit, die, wenn auch von einer weiteren Variable abhängig, den Fortbestand der Existenz sichert und somit den Optimismus zur Moral erhebt. Dieses Fazit wird in Die letzten Sieben trefflich als Beginn bezeichnet.
Diese Endzeitvision schließt gänzlich anders als der typische Monsterfilm, in dem geschürten Ängsten mit dem Vertrauen auf eine schlagkräftige Waffengewalt begegnet wird. Es ist kein Spiel mit einem entmündigten Bürger, dem gleichermaßen die im System geschaffene Furcht vor Augen geführt wird, um dann nach seichtem Nervenkitzel mit der Kontrollmacht desselben Verursachers für Beschwichtigung zu sorgen. Die letzten Sieben behandelt die Freiheit der Entscheidung, nachdem der Mensch gottgleiche Allmacht angestrebt und einen ganzen Planeten ins Verderben gerissen hat. Knackiger als beispielsweise ein etwas einseitiger The Last Man on Earth werden die Stärken des Drehbuchs auf das Schauspiel konzentriert, so daß weder spärliche Kulissen noch die zugegeben billige Kreatur der Funktionalität dieses mit deutlichem Drama-Anteil ausgestattetem Science-Fiction-Horrors etwas anhaben können.
Insofern ist die Suche nach unfreiwilliger Komik hier etwas beschwerlich, gibt es in diesem eigentlichen Trashfilm zwar sachliche Fehler, jedoch insbesondere unter Berücksichtigung der Drehbedingungen einfach zu viel tiefgängige Unterhaltung, um per se als schlechter Film eingestuft werden zu können. Die letzten Sieben erweist sich vielmehr als äußerst kurioser Genrebeitrag, den es sich auch ohne spezielle Neigungen einmal anzusehen lohnt.