Bunt und beschwingt wird die Reise, ein selbst erstelltes Abenteuer, streng nach Plan und Richtlinie, mit einer fernsehreifen Starbesetzung. In die Ferne geht es, um die ganze Welt, wird mal mehr und mal kürzer Stopp gemacht, drängt der Fahrplan, drängt die Frist, hat man eine Wette im Hintergrund, es geht um die Ehre, es geht auch um Geld. Adaptiert nach dem Roman von Jules Verne, ein überschaubarer Text, ein geliebtes Buch, früher von Generation zu Generation weitergereicht und empfohlen, die Fantasie und die eigene Lust an Exotik und dem Erkunden fremder Welten geweckt. Raus aus der guten Stube, aus Alltag und Routine, wird das eigene graue Leben aufgebrochen und die Sinne geweckt. Zeit und Muße gelassen hat man sich für die Adaption, die Ausschmückung des Textes, die Bebilderung, fast 100min mehr als Hollywood Mitte der Sechziger, geschätzt sind beide (und auch andere der unzähligen erzählerischen Varianten), eine mal mehr, die andere mal weniger. Der Dreiteiler von Harmony Gold USA, welche auch die ausdauernden, nicht gänzlich unähnlichen Sherlock Holmes und die Primadonna (1991) & Sherlock Holmes und der Stern von Afrika (1992) (mit den hiesigen Gaststars Christopher Lee & Patrick Macnee) gestemmt haben, hier hat mehr Möglichkeiten der Umsetzung des Geschriebenen, er nutzt keine sklavische Treue, aber er nutzt schon die Vorlage im Übertragenen, er zeigt eingangs Erzähltes, er visualisiert Zusammenfassung, die zuweilen auch unnötig oder nebenher erscheinen, er kostet die Zeit aus, er verschwendet sie nicht. Pierce Brosnan, der natürlich nicht optisch an den Fogg aus dem Roman erinnert, aber von den Manieren und dem Gebaren her, und der seine Erfahrung aus Ähnlichem in der Gestaltung mitbringt, dabei als Fixpunkt des Ganzen, es wird Wert auf Feinheiten und Pünktlichkeit auch in der (allgemein soliden) Inszenierung des Ganzen gelegt; optisch bekommt man die kleine Mattscheibe nicht abgestreift, das Projekt ist heutzutage eher etwas für den Samstagnachmittag, zum nostalgischen Schwelgen im Ohrensessel vor dem Kamin, es hat ein wenig Patina angelegt. (Ursprünglich wurde es an drei aufeinander folgenden Apriltagen um jeweils 21h auf NBC gezeigt, Sonntag bis Dienstag, wobei die Zuschauerzahl von ehedem 24,4 Mio. wochentags um 5 Mio. Zuschauer abfiel, hinten raus aber stabil blieb. Die kurz zuvor im Februar ausgestrahlte Miniserie Weg in die Wildnis a.k.a. Lonesome Dove hatte fast doppelt soviel Zuspruch, nur als Vergleich.)
Geschniegelt und gestriegelt ist man hier, es wird in Luxus 'gebadet', mal tatsächlich und mal sprichwörtlich, die Dekoration ist wichtig, die Schaffung einer besonderen Ära und einer speziellen Geschichte. Einige bekannte Gesichter sind recht schnell im Bilde, als Gaststars, nicht als Begleiter der Reise, sondern als Mitstreiter der Wette, als Auslöser des Ganzen, zur Vorstellung der Handlung, die dann Brosnan und Eric Idle als sein Diener bestreiten. Braun getäfelt ist die Einrichtung, mit einer ehrwürdigen Auffassung, es wird eingangs viel Aufwand um das gestohlene Geld aus der Bank gemacht, im Roman eher ein Nebenabsatz, der Nebenplot wird hier stärker betont und in die Aufmerksamkeit gerückt; die Hauptfigur ist auch aggressiver eingestellt, offensiver, "Ein richtiger Engländer spasst niemals, Sir, wenn es sich um etwas so Ernsthaftes handelt wie eine Wette.", ein elitäres Establishment geschaffen, mit Selbstbewusstsein durchzogen, mit Arroganz und Understatement zugleich, die Gefühle unter der Oberfläche verborgen. Ein Kursbuch wird mitgenommen und etwas Bargeld aus dem Safe, ansonsten ist die Kleidung überschaubar, die Abreise sofort, der erste Zug wird genommen, es gibt Abschiede im Vorübergehen.
Die Transportmittel sind hier noch pünktlich, zumindest die Fahrt nach Dover, dort kommt es bereits zu Verzögerungen, es kommt zu Massenaufläufen und generell größeren, oft auch im Vorübergehen mitgenommenen Szenen. Im Film ist Eile geboten, der Film selber bewahrt die Übersicht, Regisseur Buzz Kulik ist Routinier genug, er hat die Ruhe weg, anders als Fogg. Es gibt eine erste kleine Konfrontation, eine Unstimmigkeit, ein "Mon Dieu" auf der Tonspur, das Kennenlernen anderer hochgestellter Personen, und das Kennenlernen des engsten Begleiters, des vom erst eingestellten Passepartout. Eine Verpflichtung, sich zu beeilen, ein Drängen der Dramaturgie, eine Verschwendung von Möglichkeiten auch, dafür eine Parallelerzählung. Etwas Historie wird geboten, geschichtliche Ereignisse mit eingebunden, gerade Frankreich ist ein großes Durcheinander, auf Krawall gebürstet und Krieg und Anarchie eingestellt. Informationen werden dargereicht und ergänzt, die ersten Minuten (anders als die Reiseroute bei Verne) schon im zerstrittenen Paris verbracht, erste kleine Unannehmlichkeiten präsentiert, oftmals humoristisch aufgezogen oder unter spielt, als Absurdität, als Verständnis, als Gegenüberstellung zwischen Anarchie und Ordnung. Zuweilen wird es albern, manchmal "lässt auch die Kundschaft zu wünschen übrig", es wackelt das Interieur, es wird geschossen und die Revolution geschworen.
Ein medizinischer Notfall leitet die erste Schwarzblende ein, heute wird damit ein Höhepunkt geschürt, früher war dort die Werbung integriert. Gefahrensituationen sind demnach vorhanden, werden aber natürlich verharmlost, das Werk dient zur Erbauung des Publikums, es geht nicht um Leben und Tod. Pläne werden dennoch abgeändert, reale Figuren wie Pasteur oder Zeppelin leisten etwas Hilfestellung, es wird die Wissenschaft gedehnt und die Kreativität, es werden Klischees dargereicht und technische Fortschritte bereitgehalten, Fünf Wochen im Ballon noch einmal herangezogen, hier genannt die "purpurne Wolke", ein Luftschiff; "Ein Ballon! Die schlimmste Beleidigung für mich!" Im Übrigen sind hier die Männer eher die Hilfestellung für die beiden Wettteilnehmer, die Frauen eher die Hindernisse, die Stolpersteine, die Ärgernisse. Zum Glück reist man die meiste Zeit zu Zweit, ein Buddy Picture, mit Hierarchie natürlich, es wird angenehmer Aufwand in der Umsetzung, wenn auch natürlich mit der Handhabe von Studiokulissen, aber nicht einfach der Rückgriff auf kostengünstigere Tricks betrieben. Später ist man 'schiffbrüchig' in den Alpen, ein simpler Rechenfehler; Unwägbarkeiten im Ablaufplan bedeuten narrative Überraschungen und willkommene Wendungen, ein großes Projekt, viele kleine Dominosteine. Neben Brosnan und Idle als Gespann ist Peter Ustinov noch mit für den Genuss entscheidend, eine liebeswürdige Verlässlichkeit, hier mit etwas Erinnerung an die Poirot - Auftritte die Jahre zuvor, zumal er erneut ermittelt und die Verbrecher jagt und aufdeckt, das Fassen und Kaschen vom Gaunern in aller Herren Länder.
Vertrautes vor und in dem Bildschirm also, manchmal werden die Annehmlichkeiten eher kleiner als größer, Unpässlichkeiten überstanden, die Geschehnisse von daheim aus London immer kommentiert und konkretisiert, es wird konkludiert und distinguiert; einmal den europäischen Kontinent verlassen, wird dann auch in Außenaufnahmen und dem Fernweh geschwelgt. Der Kolonialismus wird bezeichnender (und wird später auch direkt angesprochen), der Ethnozentrismus, Fanatismus, die Routen beschwerlicher, ist man auf Tiere als Transportmittel angewiesen, zu Fuß gegangen wird hier bloß im Notfall, der Landessprache ist man auch niemals mächtig, den Sitten und Gewohnheiten der Bewohner wird eher argwöhnt zugeschaut, bspw. eine Prozession von Kali Yug - Die Göttin der Rache; "Barbaren!" - "Schlimmer.", Edgar Rice Burroughs und H. Rider Haggard treffen auf den Baedeker, es kommt zur ersten wirklichen Bedrängnis. Brosnan, der im Übrigen vor dem Titel genannt wird, als Einziger, funktioniert neben dem Abenteuer- auch als Aktionheld, als Retter und Beschützer, er ist nicht bloß im besten Mannesalter, “gesund an Geist und Körper“, sondern anders als Niven bspw. oder Coogan vergleichsweise gestählt; sein Fogg ist dennoch eher auf der Flucht vor Gefahren, er weiß, wann es besser ist, der Übermacht auszuweichen und die Beine in die Hand zu nehmen, und seine Erscheinung ist im Understatement ehrlich. Auch die Regie von Kulik, welcher schon zwischendurch Kino gemacht hat, sich dann aber wieder zurückbewegt und für einige andere Mehrteiler zuständig war, hat kein wirkliches Interesse an Panoramen, an ausschweifenden Auseinandersetzungen, er folgt den Darstellern in der Halbtotalen. Die Gesellschaft ist hier in Indien generell angewachsen, John Hillerman ist nun anbei, die Reise wird etwas mehr genossen, auch mal Sonnenaufgänge oder -untergänge in Augenschein genommen, die Natur mal bewundert, wenn auch nur kurz. Ein geografischer Überblick ist dabei durchaus gegeben, ein zeitlicher Ablauf nicht wirklich, mal ist man den Plänen voraus, mal hinterher, es zählen die (wenn überhaupt: kurz angerissenen) Sehenswürdigkeiten und der Fortgang der Geschichte, die Entwicklung zwischen Herr und Diener (von Idle spielfreudig bis enthusiastisch verkörpert) und zwischen Verfolgten und dem Verfolger Ustinov (welcher meist alleine und auch ohne Gepäck vor sich hinspielt) mehr. Zusätzlich wird nun auch eine aufblühende Romanze eingebracht und angedeutet, mancherlei Szenen bei der Überfahrt nach Hongkong (mit Zwischenstopp in Burma) hat man dann auch gleich bei Indiana Jones und der Diamant im Pfauenauge übernommen bis kopiert; Überfälle auf Hoher See, Kidnapping gegen Lösegeld, (vorübergehend) das Einsperren in tiefen Höhlen, in dunklen Gefilden.
Dass die Welt hier wirklich klein ist, bemerkt man an einigen Detailaufnahmen, es wird schon mehr in Studio und Kulisse als offen vor Ort in der Gesellschaft gedreht, die Innensets oftmals wichtiger als der Außendreh; Hongkong bspw. ist bloß ein Hafen und ein Hotel. Die Tradition wird mehr gepflegt als die Moderne, das Commonwealth gefeiert (und auch mal diskutiert und korrumpiert), die zusätzlichen Darsteller abseits von Brosnan sind eher Schauspieler, die ihre besten Jahre hinter sich haben, es wird das Bewährte angepeilt, eine “beeindruckende Demonstration des wahren englischen Charakters“, sowie der alte Glanz und die Folklore probiert. Im zweiten Teil tauchen aufgrund der Steifheit bzw. des Altmodischen der Inszenierung, der Zugeknöpftheit einige Längen und Unnötigkeit auf, Gespräche ergänzen die Bewegung, Kommunikation das Vorwärtsgehen, manchmal hängt man (trotz eines Seesturms bspw., oder dem unfreiwilligen Eindringen in die Verbotene Stadt) durch wie ein Seil, es werden auch keine richtigen Höhepunkte gesetzt, immerhin macht Wiedersehen Freude. Verwundern tut eher, warum in einer Szene der Wortwechsel nach der DDR-Synchro, mit Detlef Gieß statt Lutz Mackensy klingt; von den Cameo her ist das von Robert Wagner wahrscheinlich beachtenswert.
“Die Sioux waren mit Flinten bewaffnet, und ihre Schüsse wurden von den Reisenden, die fast alle bewaffnet waren, mit Revolvers erwidert. Gleich anfangs hatten die Indianer die Maschine überfallen und den Maschinisten, wie den Heizer halb tot geschlagen. Ein Anführer wollte den Zug zum Stehen bringen; da er aber den Handgriff des Regulators nicht zu drehen verstand, so hatte er, anstatt zu schließen, dem Einströmen des Dampfes weiten Raum geöffnet, und die Locomotive stürmte mit erschrecklicher Geschwindigkeit vorwärts. Zu gleicher Zeit fielen die Sioux die Waggons an, erkletterten wie wütende Affen die Decken derselben, stießen die Türen ein und kämpften Mann für Mann mit den Reisenden. Aus dem Gepäckwagen, den sie aufschlugen und plünderten, flogen die Colli's auf die Bahn. Ununterbrochenes Schreien und Schießen. Indessen verteidigten sich die Reisenden mutig. Einige Waggons waren verbarrikadiert, eine Belagerung auszuhalten, gleich beweglichen Forts, die mit einer Schnelligkeit von hundert Meilen die Stunde fortsausten.“
Zu Beginn des dritten Teils wird schon die Rückkehr in den Reformclub geplant, so schnell geht es dann doch nicht, wird noch etwas Poesie eingebracht, eine “eigenartige Melancholie“, eine “Affäre des Herzens“, wird etwas gesäuselt, das Heimweh verzögert. Das größte Abenteuer ist dann doch das der Liebe, das größte Wagnis, das Timing auch entscheidend. Durch das Hineinbringen einiger in der Vorlage nicht vorhandener, dafür historisch verbürgter Personen wie Jesse James als Raufbold und Prügelknabe in San Francisco, wobei die gesamte Szene dort eher an Das große Rennen um die Welt erinnert, wird dann doch trotz bekannten Ausgangs wieder Stress und Anspannung in der Dramaturgie geschürt; immerhin betritt man dann den Wilden Westen, wird ein Duell im 'fahrenden' Zug und auch ein Indianerangriff auf diesen, zur gleichen Zeit sogar eingelegt, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, auch das dann gewählte Transportmittel (ein Segelschlitten: “Es war, wie man sieht, ein gleich einer Yacht aufgetakelter Schlitten. Zur Winterszeit, wenn Schneehäufungen die Eisenbahnzüge hemmen, machen auf der gefrorenen Ebene diese Transportgelegenheiten außerordentlich rasche Fahrten von einer Station zur andern. Sie sind übrigens merkwürdig gut besegelt – besser sogar, als es bei einem dem Umschlagen ausgesetzten Renn-Kutter möglich ist – und gleiten, wenn sie den Wind im Rücken haben, über die Prairien mit einer Schnelligkeit, welche die der Eilzüge erreicht, wo nicht übertrifft.“) entspinnt dann eher dem Kreativen. Ein Schritt nach dem anderen also, eine Meuterei auch angeleiert, die Ehrlichkeit nun dem Zweck gegenüber geopfert, der Zweck heiligt die Mittel, von den CO2 Emissionen gar nicht zu reden. Außerdem: Geld regiert die Welt.