Review

Ein klasse Film und Heinz Rühmann`s beste Leistung in seinem Filmschaffen, das sich immerhin über 8 Jahrzehnte hin zog.
Es geht um den Obdachlosen Alfred (Heinz Rühmann), der völlig allein auf der Welt ist. Seine Familie ist im Krieg gefallen und seitdem ist er über seine Trauer nicht mehr hinweg gekommen, er lebt auf der Strasse. Trotzdem ist er nicht dumm, im Gegenteil, in allen Lebenslagen weiß er sich zu helfen. So schafft er es tatsächlich ein ganzes Festmahl zu stehlen, indem er einfach in einem großen Fleischhandel einfach einen großen Sack mit tiefgefrorenen Fleisch klaut, welchen er prompt mit seinem Freund teilt.Auch Luxusgüter wie eine neue Lampe, bringt er ohne zu zahlen aus dem Geschäft.Er nimmt sie einfach, geht zur Kasse, um sie umzutauschen, denn er hat angeblich die Lampe schon käuflich erworben.Er weiß natürlich, dass man ohne den Kassenbon nicht umtauschen kann."Habe ich verloren." sagt er und wird freundlich zur Tür gebeten.Die Lampe "muß" er wieder mitnehmen.
Diesselbe Pfiffigkeit kommt bei einer anderen Gelegeneit zum Vorschein:
Als er eine Bockwurst gegessen hat, findet er nichts, um sich die Hände abzuwischen.Da sieht er hinter sich eine Frau, mit einem Hund.Er bückt sich und reinigt die Finger an dem Hund, mit dem Vorwand ihn zu streicheln und zu kraulen.Natürlich darf die Rühmann-Komik nicht zu kurz kommen, und Alfred benutzt, als Frauchen nicht hinschaut, die Ohren des kleinen Lieblings als Serviette.
Der Rest des Films ist eine Milieustudie, die es tatsächlich schafft, die verherende Armut zu zeigen. Etliche Hollywood-Produktionen versuchen uns glattpolierte Filmschönlinge, die mit Pennern nur die Requisiten-Klamotte gemeinsam haben, als an Armut zu Grunde gehende Penner zu verkaufen.Dieser Film wirkt, als hätte man einfach 24 Sunden in einem Obdachlosen-Heim Material gesammelt.Heinz Rühmann ist unrasiert und auch die Kleidung sieht aus, als hätte er 3 Wochen drin geschlafen.Zusätzlich trägt die Ausstrahlung Rühmanns zur tragischen Wirkung des Films bei:
Er besitzt die für ihn typische Melancholie, die immer tragisch wirkt und die Situation als aussichtslos erscheinen lässt, doch weiß man genau, dass dieser Typ immer das Beste draus machen wird.Genau so hier: Alfred interessiert nur sein Traum, in den Süden abzuhauen mit den gesparten 1200 Mark.
Natürlich bleiben Schwierigkeiten nicht aus: durch die Stehlerei bekommt er etliche Anzeigen, die aber von einem Polizisten, der ihn nachts schon mal schlafend aufgefunden hat, (Mario Adorf) vereitelt werden. Er lädt den neuen Freund auf einen Schnaps ein. Im Gespräch und ihn eingänglichen Szenen bekommen wir sein Leben vorgestellt:
Die wilde Zeit der 60-Jahre ist vorbei, die alten Freunde längst erfolgreich, nur er als Polizist jobbend, mit der Hoffnung einen besseren Job zu bekommen. Sein Boss nervt, die Frau nervt, alles ist trist und öde geworden. Als er eine Affäre mit einer Jugendfreundin anfangen will, muß er feststellen, dass auch die langweilig und spießig geworden ist.Da wirkt Alfred, den nichts mehr hält doch interessant. Fortan treiben sich die beiden zusammen rum, aber nur sporadisch.Eigentlich zeigt der Film 2 Handlugsstränge, das Leben der beiden Protagonisten, die nur an einzelnen Stellen aufeinandertreffen und das Thema des Films, den gemeinsamen Traum einer besseren Welt deutlich machen.
Somit ist es ein wunderschöner Film über das Leben hinter der glatten, schmierigen, erfolgreichen Welt, da wo noch die Werte wie Freundschaft heilig sind.Freundschaft und Geborgenheit werden hier kontrastiert, die kalten Menschen im Kaufhaus, die Alfred abführen lassen auf die Wache, die warmherzigen Pennbrüder auf der Strasse.
Und Alfred, der in Heinz Rühmann seinen idealen Darstelelr findet. Es ist viel geschrieben worden über seine Erfolge, die besten Zeiten waren die 40 und 50 Jahre für ihn, "Feuerzangenbowle" ein Kultfilm. Stimmt alles, doch dieser Film ist ein Dokument über Heinz Rühmanns einzigartiges Talent, dem Traurigen noch das letzte Bißchen Glück abzugewinnen.Der Film hat nichts mit dem heutigen Gehabe der Filmwirtschaft zu tun, in der jeder Arsch, der sich nicht andauernd verspricht, zum Star hochstilisiert wird und sogar bei Horror und Actionfilmen versucht wird, den Darstellern schauspielerische Leistungen zu dokumentieren. Auch die Motivation etwas zu sein, durch Filme bekannt zu werden, sein Ego aufzubauen, fällt bei Filmen dieser Gattung völlig flach und das befreit schon irgendwie. Es geht bei "Gefundenes Fressen" um die Kraft einzelner Bilder, Szenen, auch Sätze, die Rühmann spricht und symbolisch freilässt.
"Das setzten die Reichen doch von der Steuer ab." sagt er dem Ladendetektiv, der ihn beim Klauen erwischt hat.Man ist sich schon klar, dass das gesetzeswidrig ist, aber in der Situation muß man schon auf Alfred`s Seite sein.
Auch die tristen Farben, in denen der Film fotografiert ist, sind melancholisch, nicht so dunkel, dass sie dem Zuschauer die Traurigkeit vor`s Gesicht halten, aber auch nicht zu grell, dass Heiterkeit aufkommt.
Man bekommt durch Alfred das Gefühl, des immer wieder Getreten-Werdens, aber auch des immer wieder Aufstehens.Das Gefühl ist sehr wichtig fürs Leben,finde ich und deswegen ist der Film keine Geschichte über einen Penner, sondern eine Geschichte übers Leben, die von 2 Vertretern verschienener Lebensgefühle, Rühmann und Adorf, bebildert wird. Symptomatisch auch, dass der Film eine typische Situation des Deutschlands der 70-Jahre zeigt. Kriegsfolgen sind zu bewältigen, dargestellt durch Alfred, und der schmerzliche Verlust der Jugend (eigentlich typisch für jedes Jahrzehnt) und der schwierige Aufstieg in die Bürgerlichkeit, dargestellt durch Mario Adorf`s Polizist.
Ich hoffe, dass der Film bald auf DVD zu finden ist, denn er ist viel besser als das, was Deutschland heutzutage auf DVD verramscht, Außerdem ist das Tape ziemlich selten und Tapes sind bekannterweise nicht qualitätskonserviert.

In Heinz Rühmann`s Filmographie geht dieser Film immer etwas unter, man schenkt ihm keine Beachtung.Trotzdem gehört er vom Schauspielerischen her zur Spitze. Es ist doch nicht immer das blasierte Publikum, dass die Qualität eines Films durch seinen gnädigen Kinogang bestimmt.
Für mich als Rühmann-Anhänger (Fan, ich hasse das Wort), ist der Film der beste Rühmann-Film überhaupt und zählt für mich zu den bestgestaltesten Filme aller Zeiten. Es gibt Filme, die mehr für den Zuschauer bereit halten, als oberflächlicher Fun, wie man heute wohl so sagt.Man schaut den Film und kann etwas mitnehmen, für sich und sein Leben.Darum wird Heinz Rühmann, der unumstrittenen Meister solcher Filme, immer in meinem Herzen sein.

In Nebenrollen sind in "Gefundenes Fressen" übrigens Joachim "Blacky" Fuchsberger, die Wallace-Ikone, und Peter Steiner,dessen Theaterstadl ich immer wieder gerne ansehe, zu finden.

Toller Film, tolle Schauspieler:
Ganz einfach: 10/10 Punkten.

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