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„The First Shot“ ist eine Art Fernost-Version von Brian De Palmas „The Untouchables – Die Unbestechlichen“.
Gerade erreicht Hongkong die Nachricht, dass Bruce Lee verstorben ist, aber dort man in dieser Zeit ganz andere Probleme, denn Korruption ist nicht verbreitet, sondern gehört zum Alltag. Polizisten kassieren Schutzgelder von Normalbürgern, halten die Hand Verbrechern gegenüber auf und wer sich dagegen wehrt, hat gute Chancen die Radieschen bald von unten zu betrachten. Dies machen die ersten Szenen sehr deutlich, die ziemlich stimmig in die Thematik einführen.
Diese harte Wahrheit muss auch der Polizist Chung-Yat Wong (Ti Lung) einsehen, als er Schmiergeld ablehnt und eine Beschlagnahmung von Drogen durchführt – man schießt ihn hinterrücks nieder und er kommt ins Krankenhaus. Seine Frau geht derweil mit den Kindern zu einem anderen Mann – ein Industrieller, der Geld hat, weil er ebenfalls tief im Korruptionssumpf sitzt. Dieser Ansatz ist an sich ebenfalls recht stimmig, aber leider fehlt „The First Shot“ noch der richtige Tiefgang, um dies wirklich überzeugend auszuarbeiten.

Da er jedoch eine tiefe Abneigung die Korruption hat, ist er der perfekte Mann für die Staatsanwaltschaft: Er soll ein unbestechliches Spezialteam zusammenstellen, um dem Gangsterboss Luk Tai-Chiu (Waise Lee) das Handwerk zu legen. Wong wählt seine Leute und beginnt die gefährlichen Ermittlungen…
Eines muss man „The First Shot“ vorwerfen: Man hat wirklich deftig bei „The Untouchables“ geklaut. Nicht nur die Grundidee ist die gleiche, sondern auch viele Plotelemente sind sehr ähnlich, z.B. die Schicksale der Polizisten (Stichwort: Zeuge und Gerichtsgebäude), einige Figuren (Luk Tai-Chiu ist das ganz klare Abbild Al Capones) und auch einige Dialoge wurden kopiert (z.B. Connerys Ansprache darüber, wie man mit den Gangstern umgehen muss). Das ist etwas schade, denn für einen Hongkongfilm verwendet „The First Shot“ sehr viel Zeit auf Atmosphäre und Flair, weshalb nur wenige Sets lieblos gestaltet aussehen. Auch das Korruptionsszenario ist trotz der Klauereien recht stimmig, wenn auch ziemlich übertrieben dargestellt (95% aller Polizisten korrupt).
Der Plot ist relativ spannend und wird mit einigem Tempo erzählt, so dass keine Längen auftreten. Leider kann man einige Wendungen schon vorausahnen, wenn man „The Untouchables“ bereits gesehen hat, was einige Überraschungsmomente killt. Recht gut erdacht sind die Charaktere, auch wenn der Film nur an deren Oberfläche kratz und es nicht ganz schafft, ihnen großen Tiefgang zu verpassen. Doch im Gegensatz zu den meisten anderen Hongkong-Kloppern haben die Figuren hier noch Profil.

Die Action ist dafür dann aber nicht so exzessiv ausgefallen, wie man es von vielen anderen HK-Filmen kennt. Doch wer nicht den Actionoverkill eines „Red Force“ oder „Hard Boiled“ erwartet, bekommt einen netten Mix aus Martial Arts und Schießereien geboten. Die Inszenierung ist recht gelungen, lediglich einige übertriebene, zu comichafte Drahtseiltricks in den Kämpfen (z.B. in der Turnhalle) passen nicht so ganz zum eher ernsthaften Ton des Films. Große Klasse jedoch das Duell zwischen Luks Vollstrecker und Wongs Nahkampfexperten gegen Ende des Films.
Für einen asiatischen Film sind die Darsteller wirklich gut und vor allem Hauptdarsteller Ti Lung legt sich mächtig ins Zeug. Mit dem erfahrenen Waise Lee, der einen wunderbar skrupellosen Fiesling abgibt, hat er dann auch einen würdigen Gegenspieler gefunden. Auch an den Nebendarstellern gibt es an sich nicht auszusetzen.

„Red Force“ trifft auf „The Untouchables“. Aufgrund des Ideenklaus und der Standardstory kein Highlight, aber nette HK-Unterhaltung mit Flair und Tempo.

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