Der Amerikaner Michael Armstrong reist gemeinsam mit seiner Assistentin und Verlobten Sarah Sherman zu einem wissenschaftlichen Kongress nach Kopenhagen. Schon kurz nach der Ankunft setzt Michael sich unter einem Vorwand jedoch vermeintlich nach Stockholm ab... und Sarah muss düpiert feststellen, dass ihr Verlobter in Wahrheit einen Flug nach Ost-Berlin gebucht hat und es so aussieht, als wolle er überlaufen und sein Know-how auf dem Gebiet der Atomphysik den Russen zur Verfügung stellen. Als sie dahinterkommt, dass das merkwürdige Verhalten ihres Liebsten nur eine Charade ist, mit der Michael im Auftrag des US-Geheimdienstes einigen DDR-Wissenschaftlern die fehlenden Teile einer Formel für ein "GAMMA 5" genanntes Raketenabwehr-System abluchsen will, steckt sie selbst schon bis über beide Ohren mit im Schlamassel... Vielleicht liegt es daran, dass er auf der Suche nach einem passenden Stoff schlicht einen Missgriff getätigt hat, vielleicht liegt's daran, dass ihm das Hauptdarsteller-Duo Newman und Andrews vom Studio gegen seinen Willen aufoktroyiert wurde und er darauf nicht klargekommen ist, oder vielleicht liegt es schlicht auch nur daran, dass das Politthriller-Sujet nicht so recht das seine ist, aber irgendwie ist Alfred Hitchcock das Mojo bei diesem Jubiläums-Streifen weitestgehend abhanden gekommen und so ist sein fünfzigster Film tatsächlich auch einer seiner schwächsten. Bereits der direkte Vorgänger "Marnie" war nach der Hochphase seiner besten Regie-Arbeiten mit dem Meisterwerke-Hattrick "Der unsichtbare Dritte", "Psycho" und "Die Vögel" nicht nur aus finanzieller Sicht eine Enttäuschung, hatte Hitchcock aber zumindest von der Wahl der Thematik noch gelegen, was man von der müden Spionage-Story von "Der zerrissene Vorhang" nun wirklich nicht behaupten kann. Eventuell mag da noch beabsichtigt gewesen sein, sich an den Erfolg der James Bond-Franchise ranzuhängen, doch wo diese kurz zuvor mit Beiträgen wie "Goldfinger" und "Feuerball" echtes High-Tech-Entertainment auf die Leinwand gebracht hat, wirkt "Der zerrissene Vorhang" im direkten Vergleich wie ein Relikt aus längst vergangen Zeiten: Weitestgehend fahrig und spannungslos inszeniert, übertrieben dialoglastig und in seiner Machart ganz schön antiquiert inklusive einiger beachtlich mieser Rück-Projektionen sogar dort, wo sie eigentlich nicht notwendig gewesen wären (etwa eine Außen-Szene in einem Café, die ganz simpel mittels Schuss/Gegenschuss aufgelöst wird und die man auch einfach draußen hätte drehen können), wodurch das Ganze aussieht wie zehn Jahre früher gedreht. Das irrsinnige Erzähltempo von "Der unsichtbare Dritte", das einen über so manches unlogische Handlungs-Detail hat hinwegsehen lassen, sucht man hier vergebens, wobei die berühmteste Szene - ein Kampf auf Leben und Tod zwischen Newman und einem Stasi-Agenten in einem Bauernhaus - sogar auffallend beschissen gefilmt und anschließend auch noch in der Montage verhackstückt wurde und damit eigentlich ein echter Anti-Höhepunkt ist. An dem Formel-Gedöns zur Raketen-Abwehr ist Hitchcock über die dramaturgische Funktion für den Plot hinaus nicht interessiert, was vermutlich so auch besser ist, denn das ist möglicherweise der blödeste MacGuffin von allen. Ach ja, man muss zudem ganz nüchtern konstatieren: Paul Newman in der Rolle des Michael Armstrong ist mit Sicherheit der blasseste und langweiligste Hitchcock-Protagonist, während man an der Art, wie Julie Andrews in Szene gesetzt ist, spürt, dass der Regisseur zur Abwechslung mal nicht geil auf eine seiner Darstellerinnen gewesen ist... und das ist echt ein Manko! Abschließend bleibt da also wirklich nur noch eine Frage zu klären: Warum prügelt die gesamte filmeguckende Welt so unverdient auf den wesentlich besseren "Familiengrab" ein, wenn es doch diesen Streifen hier gibt...?
4/10