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Technopeople und der Man - Eater

Entweder man liebt oder hasst ihn den Schnaas. Vielmehr gibt es wohl über den Hamburger Videothekar, der 1989 mit Violent Shit (denke dir das Violent weg, dann hast du die Qualität des Streifens vorm Auge) seine Amateurfilmkarriere begann nicht zu sagen. Doch, eines noch: Schnaas, so selbst verkündet, und immer wieder an seinen Filmergüssen erkennbar, ist beinharter Exploitationfan, genau das macht ihn symphatisch, und zumindest für mich hochsymphatisch, da er D'Amatos Menschenfresserfilm Man - Eater (1980) mit dem kannibalischen Nikos, der sein Kind und Frau auf hoher See aufgrund Turbulenzen fraß, als Lieblingsfilm erwähnt.

Nun ist D'Amato, der wohl allergrösste Billigheimer neben Bruno Mattei (Hölle der lebenden Toten) der Gedärmehappeningzeit der Jahre 1978 - 1982 auch nicht jedermanns Geschmack, denn dieses "Entweder lieben oder hassen" trifft wohl aufgrund seiner zwiespältigen Filme zwischen Softerotik, Hardcore, Billigklaus, Grusel und Billigsplatter auch auf ihn zu. Da ich irgendwo, vollkommen unverständlicherweise auch für mich, Fan von Beiden bin, ist es umso interessanter, dass Schnaas seinem italienischen Idol huldigt. Und das in Form von einem Remake des damals arg eklig - atmosphärisch - bösen Man - Eater mit George Eastman als menschenfressender Millionär.

Man - Eater ist ein Film, der aufgrund seiner bösen Szenen (vaginales Entfernen eines Embryos, Man - Eater isst seine eigenen Gedärme und etliche andere verstörende Szenen) für Aufregen sorgte und heute, irgendwo zurecht nach §131 beschlagnahmt ist, aber leider immer gerade deswegen auf seine versauten Splatterszenen beschränkt wird, wodurch er natürlich nur versagen kann, hat er denn aus quantitaver Sicht wenig Bluttriefendes, für den heute weitaus abgehärteteren Seher zu bieten, vorausgesetzt man fokussiert sich nicht nur darauf. Fakt ist nunmal, dass Man - Eater damals wie heute, heute noch mehr aufgrund seinem überhypten Ruf polarisiert, entweder unterhält oder vollkommen durchfällt, und umso schmaler sollte dann auch das Zielpublikum für das amateurhafte Remake des ebenfalls zwiespältig betrachteten Amateurfilmer Schnaas sein. Hauptfrage aber: Wird Schnaas seinem Vorbild mit der "Hommage" gerecht?

Die Ausgangsposition ist nicht schlecht, denn Schnaas hat sich offenbar nach idyllisch exotischen Locations umgeschaut, denn Anthropophagus 2000 spielt in den verträumten Berggegenden italienischen Landes. Schon hier ist zu erkennen, dass sich Schnaas auf keine 1: 1 Kopie spezialisiert hat, denn Männer im Anzug obduzieren und untersuchen erstmal eine Höhle, im innern ausgestattet mit Skelett, Gebein und Leichen, sodass dass für die Verhältnisse schon recht gelungen an die Grufthöhle und Zufluchtsort des Man - Eater aus dem Original erinnert. Doch eines ist falsch, denn die Männlein im Anzug, scheusslich überheblich agierend, stimmen auf das ein, was einen wohl den ganzen Film begleiten wird: Untalent und Unsymphatie gegenüber diesem Untalent der vermeintlichen Darsteller.

Das hievt uns natürlich an gewisse Szenerie an einen Strand, nahezu identisch an das Original erinnernd, was den Kohl aber nicht fett macht, denn das Päarchen das sich dort niederlässt, könnte hässlicher sein, erscheint in seiner Präsens ekeliger und unpassender sodass das nichts mit dem Charme des Originals zu tun hat, aber irgendwie auf die 90er in Deutschland typisch zurechtgeschneidert zu sein scheint, auch wenn die rothaarige Tattoofrau mit 10cm Absatz besser auf der Loveparade aufgehoben wäre, als in einem Remake eines Klassikers. Macht aber nichts, denn wie wir von dem Original wissen, ist das eh bloss einleitendes Schlachtervieh, um die böse und mächtige Stärke des bis dato gesichtslosen Killers zu verstärken. Das war insofern die Stärke des Originals, wusste man zudem nicht, wie der Killer aussieht.

Stärke des Originals war auch die Kulisse des griechischen Dorfes mitsamt seinen engen Strassenschluchten, der idyllischen Kulisse eingetränkt in ruhiger Einsamkeit. Mal davon abgesehen, dass Schnaases Remake nun nach der Eröffnungsszene irgendwie versagte, ist es erfreulich, dass sich die Truppe ebenso in einem solchem Dorf wiederfindet, wodurch sich das Teil doch noch irgendwo in die erträgliche Mittelmäßigkeit rettet. Mit der Klasse des Originals hat das zwar immer noch nichts zu tun, denn Vieles der Szenen wirkt wie liebloses Aneinandergepappe, recht stillos und undramatisch ohne Feingefühl, um die Szenen des Originals nahezu identisch aufleben zu lassen. Dramatik und Grusel kommt da bisweilen keine auf, auch wenn die italienische Dorfkulisse schon recht stimmig wirkt, die verschleierte Frau warnt und Alles sehr atmosphärisch wirkt. Doch Schnaas' Kamerarbeit, aber vorallem seine technischen Möglichkeiten sind in der Tat zu unausgegoren um das Alles ins notwendige und überzeugende Licht zu rücken. So bleibt eben das durchaus gewollte Bild eines Streifens, der bisher bloss mit Billigsplatter unterhalten konnte.

Schlimmer wirds aber noch, wenn Eigeninterpretation und 1:1 Remake der Szenen sich vermischen und somit bisweilen Logik auf der Strecke bleibt. Beispiel hier: im Original reisen die Urlauber mit der neuen Bekannten auf die Familieninsel der Bekannten, im Remake müssen die Urlauber, ohne Neubekanntschaft in einem Dorf notlanden, und dennoch ist die Szene mit dem verstörtem, blinden und blutübertränkten Mädchen mit dem Messer im Keller vorhanden, die die Schwester einer Darstellerin hier im Remake sein soll. Jetzt bloss die Frage, was die blinde Schwester, in der, der anderen Schwester unbekannten Dorf zu tun hat und warum die Frau nicht wusste, dass sie sich dort befindet.

Also zusammenpassen tut hier wenig, und wenn man sich schon nicht auf Logik, Thrill, Dramatik, Talent, Symphatie gegenüber der Darsteller, Grusel, Atmosphäre und Spannung verlassen kann, dann schielt man eben auf den Splatter, weswegen man wohl auch eigentlich zu einem Amateursplatter greift. (Zu den Dialogen erwähne ich absichtlich nichts, denn Schnaas - typisch versteht man davon eh wenig bis gar nichts, ohne den Lautstärkeregler nicht auf Anschlag gedreht zu haben).

Natürlich ist das splattermäßig auch wieder Schnaastypische Billigkeit, kann aber aufgrund der Anzahl der Effekte und dem Abschlachten der Nonsensedarsteller unterhalten, zumal Schnaases Prosthetics und Kopfnachbildungen der Darsteller recht überzeugend aussehen. Da wird dann ordentlich geköpft, gebissen, entdarmt und auch mal, ja, das war wirklich schön zu sehen, der Pfählungsszene aus Cannibal Holocaust gehuldigt. Was das in einem D'Amato Remake zu suchen hat, verstehe ich zwar nicht, ist aber dennoch irgendwo symphatisch. Warum also nicht? Über die Emybroentfernungsszene braucht man nicht viel sagen, denn das Plastikbaby wird nicht vaginal entnommen, sondern aus dem Pans entfernt, wobei auch das Gedärmefressen des Man - Eater wenig Charme verbreitet.

Hier fehlt leider an allen Ecken und Kanten vieles, aber vorallem der notwendige Charme, mit dem sich das Original auch heute noch herausragend beweisen kann. Anthropophagus 2000 ist zwar in seiner Präsens auch ein dreckiger und hirnloser Film, aber selten so treffsicher dreckig atmosphärisch und stimmig wie sein Vorbild, wodurch er einfach nur versagt. Schon sehr unverständlich, dass einige mir bekannte Leute, dass Remake dem Original vorziehen. Sind wohl auch jene Leute, die sich bloss auf Splatter fokussieren. Letztes Wort zum Man - Eater himself: Schnaas verkörpert den hühnenhaften Menschenfresser gekonnt, aber auch nur halbherzig, da bringt die relativ ähnliche Maske des Originals auch nichts, um die Stärke des Vorbilds spüren zu lassen. Hier wirkt das Monster eher wie ein dümmlicher Zombie, nicht aber wie ein psychisch verstörter Mann, der auf Rache dürstet.

Fazit:
Schnaas Hommage ist leider unstimmig und hat insofern, aufgrund der amateurhaften Inszenierung wenig mit dem dreckig - bösen Original mit Mordsatmosphäre zu tun. Letztendlich wird das Teil eh nur jene interessieren, die D'Amatofan, Man - Eater Fan oder Schnaas Fan sind. Überzeugen kann das Teil als Remake zwar nicht, aber symphatisch ist das Teil dennoch irgendwo. Ein selten hirnloses Schnaasprodukt, dass nur mit seinem Billigsplatter überzeugen kann, aber seinem Vorbild in keinsterweise gerecht wird. Schade drum...

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