Scanlon ist ein irischstämmiger Mobster, der Geld von den falschen Leuten geraubt hat, und die jetzt seinen Kopf wollen. Manzon ist ein Investmentbanker, der das Geld seiner Kunden veruntreut hat, und dem nach dem Selbstmord seines Schwagers nur noch der Weg ins Gefängnis offen steht. Nilo ist ein bezahlter Killer, der nach einem Job untertauchen muss. Und Kassem ist ein arabischer Terrorist, der nach einem geglückten Sprengstoffanschlag in Israel ebenfalls alle Brücken hinter sich abbrechen sollte, so er am Leben bleiben möchte. Die vier Männer treffen in irgendeinem namenlosen Dreckskaff in Südamerika aufeinander. Schmutz. Armut. Leben am Existenzminimum. Immer die örtliche Polizei im Rücken, die sich das Wissen um den falschen Pass ordentlich bezahlen lässt. Da kommt die Chance: Es werden LKW-Fahrer gesucht, die Kisten mit Nitroglyzerin zu einer brennenden Ölquelle fahren. 218 Meilen quer durch den Dschungel. Die Belohnung für einen erfolgreichen Job ist hoch: Eine neue Identität. Dafür kann man auch was riskieren …
LOHN DER ANGST habe ich vor unendlich vielen Jahren mal gesehen, und der teilte sich deutlich in 2 unterschiedliche Teile auf: Einen langatmigen Teil, der das Leben in dem Kaff beschrieb, und einen spannenden Teil im Dschungel. Friedkin macht diesen Fehler nicht. Bei Friedkin werden wir zuerst mal mit der Vorgeschichte der Protagonisten versehen, und rutschen dadurch gemeinsam mit ihnen in die Scheiße. Durch das Wissen um die jeweilige persönliche Situation leiden wir mit, wissen wir um die Ausweglosigkeit und die innere Verzweiflung. Das Dorf mag die Hölle sein, aber da draußen wartet nur und ausschließlich der Tod (beziehungsweise das Gefängnis). Die Erzählung hat keinen Bruch mehr wie bei Clouzot, sie fließt dahin und reißt den Zuschauer mit. Der Dreck, das Elend, alles wird hautnah und ohne Distanz geschildert. Wenn die Soldaten, welche die toten Arbeiter von der Bohrstelle zurückbringen, wenn diese Soldaten gelyncht werden, dann ist der Zuschauer (dank Handkamera) mittendrin und erlebt den Tod hautnah. Friedkin schafft das Kunststück, die trennende Leinwand zu überwinden und den Zuschauer in den Film zu ziehen. Und nicht mehr loszulassen. Die Kameraführung lässt uns die Angst und den Schmerz fühlen: Wenn die Holzbalken der Brücke unter den Reifen zerbröseln. Wenn das Hanfseil der Brücke beginnt sich aufzulösen. Oder auch nur, wenn die Polizei ein Drittel des Wochenlohns einfordert, als Gegenleistung für das Schweigen über den falschen Ausweis.
SORCERER ist intensiv. Angst- und schweißerfülltes Männerkino mit großem erzählerischem Anspruch. Ich würde den Film gerne mal im Kino sehen. Wenn der LKW auf der schwankenden Brücke direkt über die Kamera fährt, oder wenn Scanlon zu Tode erschöpft inmitten einer alptraumhaften Steinlandschaft steht und Visionen seines Lebens ihn überfluten, dann sind diese Bilder auf dem Bildschirm bereits hypnotisch. Im Kino ist die Intensität des Films wahrscheinlich kaum auszuhalten.
Unbedingt die US-amerikanische Version anschauen! Die deutsche Schnittfasssung, um fast 30 Minuten gekürzt, zerstört durch eine Ummontierung der Vorgeschichte den Erzählfluss, und zieht durch die eingebauten Rückblenden gerade das Ende der Odyssee unnötig in die Länge. Außerdem fehlt hier der Schluss der Rahmenhandlung um Scanlon, die nochmal den zusätzlichen Tritt in die Weichteile des Zuschauers gibt. Die US-Fassung ist erzählerisch geradezu perfekt. Es gibt keine einzige Sekunde Langeweile, keine Einstellung ist unnötig, und alles zielt nur auf den einen Punkt: Dem Zuschauer die volle Breitseite Elend um die Ohren zu hauen. LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG ist nach wie vor einer der erdrückendsten Filme die ich jemals gesehen habe. Aber gemeinsam mit NACKT UND ZERFLEISCHT kommt SORCERER gleich danach. Grandios!!