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Aufgrund des Covers und auch der Inhaltsangabe erwartet man bei "Gruesome" etwas völlig anderes. Es handelt sich hierbei weder um einen Folterfilm, noch um einen motivlosen Psychopaten, der irgendwelchen Teenies an die Gurgel will. Die vierte Regiearbeit der Gebrüder Crook (Rockaway, Ghetto Dawg 2) hebt sich erfrischend vom Einheitsbrei ab, allein schon durch die ungewöhnliche Story. Da mag man selbst über ein extrem schmales Budget hinwegsehen, "Gruesome" ist ein Mittelding zwischen Amateur- und B-Film. Doch davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, denn solche Ideen sind rar gesähnt, auch wenn es zeitweise an der gelungenen Umsetzung hapert.

Die 19 jährige Schülerin Claire Parker (Lauren Currie Lewis) versteht die Welt nicht mehr, denn plötzlich leidet sie unter massiven Wahnvorstellungen und Alpträumen. Darin kommt immer der Mörder Duke Desmond (Chris Ferry) vor, welcher Claire in ihren Träumen grauenhafte Sachen antut. Schließlich erfährt sie von Detective Miller (John P. Miller), dass Duke vor einer Woche erschossen wurde. Auch ihr Freund Jimmy (Cody Darbe) will ihr nicht glauben, ist etwa der böse Geist von Duke noch lebendig? Nur langsam kommt Claire hinter die Wahrheit, welche all ihre schlimmen Befürchtungen übertrifft.

Von Anfang an gelingt es Jeff und Josh Crook den Zuschauer aufs Glatteis zu führen. Realität und Fiktion kann man nicht mehr auseinanderhalten, man ist quasi wie Claire in einer Art Zeitschleife gefangen und sucht nach Antworten. Doch die Gebrüder Crook lassen einem hier sehr lange zappeln. Zwischendurch werden nur kleine Spuren gelegt, die man aber erst nach dem Ansehen richtig deuten kann. Storytechnisch ist "Gruesome" ein kleines Meisterwerk, die Auflösung ist nicht nur beeindruckend, sondern auch plausibel. So tappt man hier stets im Dunkeln und baut so schnell einen Bezug zu Claire auf. Dies wäre normalerweise nicht so einfach, denn Claire ist wahrlich nicht das netteste Mädel, sondern oft zickig und humorlos. Doch ganz besonders komisch ist ihre Mutter, die sich einmal fürsorglich und dann wieder seltsam verhält. Auch ihr Freund Jimmy ist kein Hauptgewinn, ständig faselt er von einem flotten Dreier mit Claires bester Freundin Jen (Jessica DeLong) und seinen Pick-Up muss man immer anschieben, weil der Anlasser defekt ist. Sehr kurios ist auch, wie Claire immer wieder in ihren Träumen den Misshandlungen von Duke ausgesetzt ist. Sie fühlt echte Schmerzen, wenn sie von Duke verprügelt, gewürgt oder mit dem Messer geritzt wird.

Diverse Bluteinlagen sind sehr sparsam gesäht, hier bleibt besonders das Eindrücken der Augen, oder das Abziehen der Gesichtshaut in Erinnerung. Aber dies sind nur Nebensächlichkeiten, denn den Gebrüder Crook gelingt es auch eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen, nur die erste Halbzeit verläuft zu ereignislos. Die Kulissen sind gewollt trist gehalten, aber gerade die abgeschiedenen Orte wie der Schrottplatz oder das haus von Duke in den Wäldern strahlen eine Bedrohung aus. Das Ganze wird verstärkt durch einen gelungenen Score, der nicht nur abwechslungsreich ist, sondern auch durch extrem schräge Sounds spannungsfördernd wirkt. Was manchmal ein bisschen stört ist, dass man einige Szenen öfter sieht und es gar keine oder nur kleine Veränderungen gibt. Besonders in den ersten vierzig Minuten kommt dieses Manko zum tragen, da hier zu wenig passiert. Aber da man nach einer Antwort lechzt und es den Gebrüder Crook gelingt die Spannungsschraube anzuziehen, fesselt das Geschehen durchweg. Das größte Problem sind leider die Darsteller, wobei man nur Chris Ferry (Rise of the Dead, Limbo) keine Vorwürfe machen kann. Aber Lauren Currie Lewis ist und bleibt austauschbar, genauso schwach agiert auch Cody Darbe.

Hätte man hier mehr vernünftige Darsteller am Start und die erste Halbzeit temporeicher und spannender gestaltet, wäre "Gruesome" ein absoluter Geheimtipp geworden. So bleibt es erfrischend anderes Horror-Entertainment mit ausgefeilter Story, erfreulicherweise kommt man hier ohne ausufernde Grausamkeiten aus.

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