Für sein Regiedebüt ließ sich Gary Sherman (Tot & Begraben, Poltergeist III) vom schottischen Kannibalen Sawney Bean und dessen Familie inspirieren. Somit handelt "Tunnel der lebenden Leichen" vom Tabuthema Kannibalismus, doch aus einer interessant klingenden Geschichte, ist Sherman höchstens ein durchschnittlicher Genrevertreter gelungen.
Zur Story, die beiden Studenten Alex (David Ladd) und Patricia (Sharon Gurney) finden in der U-Bahn einen scheinbar leblosen Körper, doch als sie mit der Polizei zurückkehren, ist dieser spurlos verschwunden. Es handelt sich hierbei um den Regierungsbeamten James Manfred (James Cossins). Inspector Calhoun (Donald Pleasence) nimmt die Ermittlungen auf und stößt auf ein tragisches Ereignis, welches sich im Jahr 1892 ereignete und der Grund für die zahlreich verschwundenen Menschen in der U-Bahn zu sein scheint.
Hat man die ewig lange Titelmelodie überstanden, geht Sherman ohne Umschweife ans Eingemachte. Die düstere U-Bahn Station eignet sich hervorragend für diese Art von Film und da man noch nicht richtig weiß womit man es zu tun hat, löst "Tunnel der lebenden Leichen" schon mal eine Gänsehaut aus.
Hinzu kommt Inspector Calhoun, eine sehr ungewöhnliche Figur, die man in keine Schublade stecken kann. Seine teilweise seltsamen Allüren sorgen für etwas Humor, seine Arbeitsweise lässt real betrachtet aber zu wünschen übrig. Auch sind schon mehrere Menschen an der selben U-Bahn Station spurlos verschwunden und bisher hat sich niemand darum gekümmert. Calhouns Ermittlungen, auf die sich Sherman nun konzentriert, sind nicht immer interessant, besonders da des Rätsels Lösung schnell gefunden ist. Und warum das Kannibalenpärchen nicht längst an die Oberfläche gelangt ist, bleibt auch eine offene Frage.
Die haben es sich da unten gemütlich gemacht (wo kommt das frische Stroh her?) und waren gerade im Begriff für Nachwuchs zu sorgen. Doch die Frau stirbt unerwartet und der Mann lässt seine Wut gleich an ein paar U-Bahn Arbeiter aus, wo es dann auch blutig zur Sache geht.
Auch sonst weiß Sherman für Grusel zu sorgen, seine minutenlangen Kamerafahrten durch das mit Leichen übersähte Lager der Kannibalen sorgt schon für ein ungutes Gefühl in der Magengegend, aber ein richtiger Spannungsaufbau will ihm nicht gelingen.
Vielleicht auch weil der sabbernde, dreckige und durch Pest verseuchte Kannibale einfach nicht furchteinflößend wirkt und man schon im Vorhinein ahnt, was Alex und Patricia noch geschieht. Da sie im Film noch weiter eine Rolle spielen, kann man sich denken, dass sie noch Bekanntschaft mit dem Kannibalen machen. Und bis Calhoun endlich seinen Hintern in die U-Bahn Schächte zwingt, dauert es viel zu lange. Stattdessen lässt er sich mit seinem Kollegen lieber in einer Kneipe volllaufen.
Selbst der MI-5 beginnt sich mit der Sache zu beschäftigen, aber den kleinen Gastauftritt von Christopher Lee hätte man sich schenken können. Nur Donald Pleasence scheint seine wahre Freude an dieser Rolle gefunden zu haben.
"Tunnel der lebenden Leichen" fehlt durchweg das Tempo und da man die Geschichte schon sehr früh kennt, sind die ausführlichen Ermittlungen von Calhoun nicht immer interessant. Gelungen sind Sherman hingegen die angsteinflößenden Sets, das Ganze hat eine gewisse deprimierende Wirkung. Aber der Film ist enorm dialoglastig, was Anflüge von Spannung sofort erstickt, wenigstens hatte Donald Pleasence seine Freude.