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„Failure to Launch“ oder „Zum Ausziehen verführt“: endlich mal ein passabler deutscher Titel, im Gegensatz zu vielen anderen, die die Eindeutschung nicht gut überstanden.

Ungewöhnliche Probleme und Situationen kommen anscheinend groß in Mode bei den RomComs der letzten Zeit. Schon Steve Carell musste sich als 40jährige Jungfrau dem Spott anderer hingeben („The 40 year old Virgin“) und auch Uma Thurman hatte mit dem Altersunterschied zwischen ihr und ihrem Freund, immerhin fast 15 Jahre, zu kämpfen („Prime“).
Nun ist Matthew McConaughey an der Reihe. Und auch dieser hat ein kleines Problem: er wohnt noch bei seinen Eltern…

Das Leben könnte nicht besser sein: Mutter Sue (Kathy Bates; „Misery“) legt ihm morgens die Hemden hin, kocht das Essen und Vater Al (Terry Bradshaw) mäht nebenbei den Rasen. Trip (Matthew McConaughey; „Sahara“) selbst muss sich also um nichts im Haushalt kümmern, zockt Videospiele mit seinen Freunden und hat jede Menge kurzfristige Beziehungen. Das Problem an der Sache ist, dass er schon Mitte 30 ist und die beiden Elternteile sich wünschen, dass er langsam mal auszieht und auf eigenen Beinen steht.
Dann erfahren sie von Freunden, dass Paula (Sarah Jessica Parker; „Sex and the City“, „The Family Stone“) ihnen dabei auf die Sprünge helfen kann, da sie beruflich Männer dazu verführt, endlich ein eigenes Heim zu organisieren. Dafür fängt sie eine Beziehung mit ihnen an und schnell lösen sie sich von den Eltern, diese haben ihre Ruhe und der Sohn sein eigenes Haus. Doch Trip spielt da nicht mit: als Paula von einer ernsten Beziehung anfängt, will er sie schnell loswerden, stellt sie seinen Eltern vor – das hat die Frauen bisher immer verschreckt. Allerdings funktioniert es hier natürlich nicht…

Die oben angesprochenen Variationen, die ungewöhnlichen Umständen sind langsam auch bitter nötig, um das schon fast bis zum Erbrechen ausgereizte RomCom-Genre zu erhellen. Auch bei „Failure to Launch“ funktioniert es wieder, was besonders Trip, seinem Verhalten und seinen Freunden zu verdanken ist. Zwar ist das nicht ganz so unglaubwürdig und damit verrückt und lustig wie noch die Jungfrau mit 40, doch die Situation gibt gerade so viel her, dass es einem nicht langweilig wird.
Dennoch stagniert es nicht nur langsam, sondern ziemlich stark. Vorhersehbarkeit ist schon fast kein Kritikpunkt mehr, da es eigentlich keine RomComs mehr gibt, die anders verlaufen, als man es zunächst erwartet (oben angerissenes Beispiel „Prime“ wäre hierfür eine gute Ausnahme) und so ist es dann auch hier - man denkt nicht mehr mit, es kommt sowieso so wie es kommen muss, wie es im ungeschriebenen Gesetzbuch für Liebeskomödien steht.

Paula will Berufliches und Privates nicht miteinander verbinden, geschlafen wird nie mit dem Klienten und da das bisher auch immer nur „Loser“ waren, hat sie noch nie über die Kehrseite nachgedacht, muss es aber, als sie Trip begegnet und kennen lernt. Es wäre einfach keine RomCom, wenn nicht irgendwann der letzte Funke überspringen und die beiden sich ineinander verlieben würden.
Allerdings steht da Trips lockerer Lebensstil entgegen: solange es Spaß macht, wird dieser genossen, sobald es ernst wird, die Gespräche über die Lieblingsfarbe hinausgehen, sollte schnellstmöglich die Beziehung beendet werden. Für solche Fälle wohnt er doch schließlich bei Papa und Mama. Die schrecken jede Frau ab und so versucht er auch Paula loszuwerden. Wie es sich von nun an entwickelt, läuft einem schon jetzt durch die Hintergedanken – und dass alles genau SO kommt, ist dem Film zwar nicht förderlich, den Spaß nimmt es einem trotzdem nicht.

Denn auch hier resultiert der Spaß meistens aus der Ausgangssituation, dass er eben noch zu Haus lebt. Aber anscheinend ist das in seiner Gesellschaft nichts Außergewöhnliches: denn alle Freunde tun es ihm gleich und leben ebenfalls gelassen und bequem dort. Dass er dabei nicht dem gängigen Klischee des totalen Versagers (das soll keine Wertung meinerseits sein) entspricht, macht das ganze dann noch viel spaßiger, da er gut aussieht, beruflich erfolgreich ist und Frauen am laufenden Band hat.

Der Kontrast zu den anderen „Patienten“ Paulas zeigt sich dann in einem genialen Gastauftritt von Patton Oswald (Spence aus „King of Queens“). Schon in der Sitcom spielt er das leicht vertrottelte, nie eine Frau abbekommende Muttersöhnchen, das er hier in einer Szene genauso genial gibt. Er kann sein Glück kaum fassen und muss sich mitten im Gespräch mit Paula erstmal auf die Toilette verabschieden, nachdem sie seine Hand hielt - hier haben wir Paulas Vorstellung vom „gängigeren“ Kunden. Für meinen Geschmack hätte man ihn als kleine Art Running Gag einbetten können, sodass wir ihn noch das ein oder andere Mal hätten erleben dürfen. So bleibt einer der unvergesslicheren Auftritte als einzelner Höhepunkt übrig.

Daneben gibt es aber noch einen anderen Charakter, der einen Großteil des Humors auf sich vereint, und zwar die zynisch-sarkastische, beste Freundin von Paula, Kit (Zooey Deschanel; „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“). Mit ihrer männerfeindlichen Ader wird sie von der Grundeinstellung zwar nie eine gute Freundin für diese, aber trotzdem verleiht sie dem Film neben dem auf vielen Missgeschicken basierenden Humor eine etwas bösere Note.
Genervt durch einen täglichen Singangriff eines unter Artenschutz stehenden Vogels direkt vor ihrem Fenster ist sie nahe eines Nervenzusammenbruchs und lässt sich über den Film verteilt einiges Einfallen, um diesem Elend ein Ende zu setzen. Angefangen beim Versuch, eine Schrotflinte mit nur einer Patrone zu kaufen, was zwangsweise zu Missverständnissen mit dem Verkäufer führt, woraufhin sie von Paula aufgesucht wird, die sie dann in ein sexuell missverständliches Gespräch verwickelt, was den Verkäufer dann vollends aus dem Konzept bringt, über das Luftgewehr eines Freundes, das die Linie des EKGs des Vogels kurzzeitig gerade laufen ließe.
Generell ist der Humor erfreulich fäkalunbeladen, zelebriert aber zu oft die Tollpatschigkeit des Protagonisten. Sei es der wegflutschende Fisch im Restaurant, der eine andere Lady am Kopf trifft, oder die ständigen Bissattacken der Tiere, die es zum Running-Gag geschafft haben, was, wie der Film selbst ausführt, eine Art Symbol sein soll für Trips ungewöhnliche Lebensweise. Was dann in der Schlussszene passiert, dürfte damit klar sein.

Sarah Jessica Parker spielt nach „The Family Stone“ wieder in einer RomCom mit, nur diesmal praktisch gänzlich ohne ernste Anklänge. Das kann sie dann schon deutlich besser, was vielleicht auch an ihrem etwas überzeichneten Charakter in der Tragikomödie lag, in der sie damit nervte.
Matthew McConaughey spielt ebenfalls einmal mehr die Sunnyboy-Rolle, die er schon in „How to lose a guy – in 10 Days“ und „The Wedding Planner“ geben durfte, ohne dass ihm schauspielerisch irgendetwas abverlangt würde. Die Taktik, in vielen solcher Filme mitzuspielen, beschert ihm sicherlich einige Frauen Hollywoods, aber gefördert wird er dadurch nicht sonderlich.
Neben den beiden oben angesprochenen Nebencharakteren bleibt Kathy Bates im Gegensatz zu ihrem Filmehemann Terry Bradshaw etwas im Schatten stehen. Denn er ist einen Tick durchgedrehter, was sich besonders nach dem Auszug Trips und dessen ehemaligem Zimmer zeigt, und hat damit auch die Lacher auf seiner Seite, während Bates eher für eine gewisse Familienzusammengehörigkeit plädiert.

Das macht, wie so oft, mal wieder eine unterhaltsame Liebeskomödie, die nichts Neues bietet, aber dank einer interessanten Ausgangssituation ein kleines bisschen aus der Masse herausragt, wodurch man sich 90 Minuten gut unterhalten lassen kann. Der geniale Patton Oswalt wird in leider nur einer kurzen Szene ein wenig verschenkt und es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Rolle eine größere Präsenz bekommen hätte. Dafür sorgt Zooey Deschanel immer wieder für recht bösen Humor, sodass die ganze Chose nicht in einer Aneinanderreihung von Missgeschicken ausartet. Die Harmonie zwischen dem Hauptdarstellergespann ist gut, viele Witze sitzen und viel mehr kann man auch schon nicht erwarten. Im Vergleich zu „The 40 year old Virgin“ ein Stück hinterherhinkend stagniert das RomCom-Genre dieses Jahr, mit Fließbandware wie „The best man“ und eben diesem Vertreter, dennoch auf passablem Niveau. Trotzdem rufe ich weiterhin zu mehr Innovationen auf.

Und jetzt habe ich, nach der unterhaltsamen Szene im Film, Lust auf eine Runde Paintball…

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