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Grimmig drein blickende, pflichtbewusste Männer, gehüllt in dunkle, schwere Mäntel klopfen an die Tür. Und schon regen sich erste Assoziationen. Erinnerungen an all das, was wir schon zu oft in Filmen über das NS-Regime gesehen haben: Gestapo, SS, SA und wie sie sich alle schimpften, die erbarmungslosen Instrumentarien einer Schreckensherrschaft. Dann das Künstlerpaar: die psychisch alles andere als stabile Schauspielerin und der still gegen des System revoltierende Regisseur. Juden? Vielleicht, aber im hier vorliegenden Kontext ist die Glaubensfrage nicht relevant. Die Gesichter sind neu, die Intentionen der Aufmüpfigen jedoch kommen uns bekannt vor.

Und doch sehen wir nicht eine erneute filmische Aufbereitung des „dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte“, sondern wir erleben den Versuch, ein dunkles Kapitel der jüngeren deutschen Vergangenheit in die emotionsgeladene Sprache der bewegten Bilder zu packen. Wir finden uns im Ostteil Berlins des Jahres 1984 wieder.

Florian Henckel von Donnersmarck erzählt in seinem vielerorts hoch gelobten Regiedebüt „Das Leben der Anderen“ also die Geschichte eine Stasi-Spitzels, der nach und nach während der Observierung eines Künstlerpaares die erschreckende Tristesse seines eigenen Lebens erkennt und Sympathien für die observierten „Objekte“ entwickelt. Löblich ist dieses Unterfangen, den Blick fernab von der durch Streifen wie „Goodbye Lenin“ und „Sonnenallee“ ausgelösten verklärenden „Ostalgie“-Welle von der „Es war doch alles soooo schön… damals im Osten…“-Sichtweise hin auf die Mißstände in der Deutschen Demokratischen Republik lenken zu wollen, auf jeden Fall. Aber ist es auch in vollem Umfang gelungen?

Die bereits eingangs erwähnten permanenten Parallelen, die sich durch die Wahl von bekannten Motiven und den dargestellten scheinbar blinden Gehorsam des überwiegenden Teils des Volkes gegenüber dem Regime einstellen, bereiten – eingeordnet in den zeitlich noch sehr nahen Kontext der 80er Jahre – ein seltsames Gefühl, etwas Unwirkliches zu sehen, wenngleich jederzeit klar ist, dass das, was wir sehen traurige, alltägliche Realität war.

Darüber hinaus bedient sich Henckel von Donnersmarck, um eine bedrückende Grundstimmung zu konstruieren, einfachster aber wirkungsvollster Instrumente: dezente, spärlich eingestreute musikalische Untermalung, von Grautönen beherrschte Kulissen, die Straßen Berlins erscheinen in fahlem Licht, Ulrich Mühe geht als grau bekleideter Hauptmann Gerd Wiesler nahezu unter. Ein Untergang, der jedoch nur auf das visuelle Erscheinen zutrifft… Schauspielerisch bewegt sich Mühe auf beachtlichem Niveau, vermag es, der subtil wirkenden charakterlichen Entwicklung seines Charakters auch ohne große Worte Ausdruck zu verleihen.

Und dennoch muss man Florian Henckel von Donnersmarck den Mut in Abrede stellen, der letzten Endes nötig gewesen wäre, aus „Das Leben der Anderen“ einen Film zu machen, den man mit Nachdruck als einen der besten deutschen Filme der vergangenen Jahre empfehlen könnte. Denn gerade diese subtile Charakterwendung, die Wiesler durchlebt, erscheint wie das verzweifelte Aufzeigen der Tatsache, dass in allem Bösen irgendwo noch etwas Gutes schlummert… Ganz getreu dem Sprüchlein:

Und wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.

Dass das Erscheinen dieses Lichtleins – der Wandel Wieslers zum „guten Menschen“ – Fragen nach dem „Wieso?“, „Wieso gerade jetzt und nicht früher?“ und letzten Endes dem „Wieso freut sich Wiesler auch Jahre nach alledem noch immer nicht seines Lebens?“ aufwirft, ist für „Das Leben der Anderen“ Fluch und Segen zugleich. Segen, da Diskussionen über Sinn und Unsinn eines Überwachungsstaates und über die Emotionswelt derer, die mit ihren Abhörgeräten die Dachböden der DDR belagerten, entfachen dürften, die dieses Thema wieder stärker in den Focus rücken können; Fluch, da klar wird, dass nicht alles in Donnersmarcks Inszenierung logisch nachvollziehbar ist.

Das Handwerk der geschickten, stilsicheren Inszenierung eines klassischen Dramas beherrscht Florian Henckel von Donnersmarck zweifelsohne, wie er mit „Das Leben der Anderen“ nun unter Beweis stellen konnte, aber dennoch fehlt seinem Debütfilm der rechte Schliff, da doch alles zu sehr auf eine „Sonate vom guten Menschen“ in einer Welt voller Tristesse hinausläuft und damit schon fast so etwas wie ein „Oscar Schindler der Stasi“ konstruiert wird... Gegenüber themenverwandten Filmen wie „Sonnenallee“ punktet „Das Leben der Anderen“ jedoch auf jeden Fall deutlich dadurch, dass ein als endgültig erscheinender Schlussstrich unter das schöne Wörtchen „Ostalgie“ gezogen und der Versuch unternommen wurde, einen Bestandteil des gesamtdeutschen Kapitels „DDR“ ernsthaft, nüchtern und doch emotional darzustellen. 7,5/10

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