Review

Bei ernst gemeinten DDR-thematischen Filmen aus der BRD nach der Wiedervereinigung bin ich immer sehr skeptisch, vor allem wenn es darum geht, das Thema der Stasi zu betrachten.
Ich bin nämlich der Auffassung, dass die BRD sich hier immer wieder als sehr schlechter Gewinner herausstellt, und alles was damals dort im Osten passierte, verteufelt, nur um sich selbst als das beste System selbst zu feiern.
So habe ich mich auch eigentlich bis zuletzt dagegen gesträubt, diesen Film zu schauen.

Die Geschichte fängt dann auch so an, wie ich es mir vorgestellt habe: Ein erbarmungsloser, kalter Stasi-Offizier, der beim Publikum keinerlei Sympathien weckt, überwacht einen Bühnenautor, welcher wiederum ein richtiger Sympathieträger ist.
Der Autor ist ein Gutmensch, der die DDR - sein Heimatland - liebt und sich mehr schlecht als recht mit den Parteifunktionären arrangiert hat, damit er unbehelligt weiter arbeiten kann.
Da er sich so seine Freiheiten nehmen kann, ist er dem Stasi-Mann anfangs äußerst suspekt.
So weit so gut, man könnte meinen, der Autor wird im weiteren Verlauf des Films zum Landesverräter und damit laut westlicher Inszenierungsdramaturgie zum Helden.
Doch weit gefehlt, hier beginnt der Film, mich in seinen Bann zu ziehen ... und sich damit auch aus dem einheitlichen sonstigen Brei aus der deutschen Filmlandschaft zu diesem Thema hervorzuheben.

Es stellt sich nämlich heraus, dass der Autor nur überwacht wird, weil ein Parteibonze scharf auf dessen Freundin ist und den Autor deshalb aus dem Weg haben möchte. Und da alle in führenden Positionen (natürlich nur in der DDR) karrierebesessene Arschkriecher sind, wird das einfach hingenommen und der Autor wird noch verschärfter unter Beobachtung gestellt.
Soso, Opportunismus als Begründung für Stasi-Aktivitäten, genau so habe ich es mir vorgestellt, mag man fast meinen.
Aber genau hier ändert der Film seine Richtung.

Denn der anfangs so unsympathische Stasi-Mann, der den Autor überwachen soll, entpuppt sich tatsächlich als linientreues Parteimitglied, der seine Arbeit tatsächlich nur deshalb macht, weil er daran glaubt, weil er auf seine Art und Weise ein Idealist zu sein scheint.
Weil er glaubt, jemand müsse diese Arbeit tun, zum Wohle der geliebten Heimat, gegen Feinde aus dem Umland muß ja das Land geschützt werden.
Und nicht etwa weil er einem Parteibonzen behilflich sein möchte, dessen Kontrahenten aus dem Wege zu schaffen.
So kalt und unsympathisch er vorerst nach wie vor bleibt, umso verständlicher ist dementsprechend auch sein wachsender Unmut über die Hintergründe seines Auftrages.
So dass er langsam aber sicher Partei für sein vermeintliches Opfer zu ergreifen beginnt, auch Aktionen durchführt, die den Unmut des Autors zu schüren beginnen.

Erst die Tatsache, dass der Stasi-Mann dafür sorgt, dass die Freundin beim Autor bleibt, gibt dem Autor schließlich auch die Kraft einen Artikel zu schreiben, welcher dem Autor Kopf und Kragen kosten kann.
Nicht mehr und nicht weniger, kein Landesverrat, keine Flucht in den Westen, nichts weiter als ein Stück Papier.
Hierzu muß gesagt werden, dass der Autor nie erfährt, dass er überwacht wird, und schließlich fängt der Stasi-Mann sogar an, ihn in seinen Berichten zu decken.
Insofern begeht eher der Stasi-Mann den Verrat als der Autor, und doch sind beide die Verräter, zu Komplizen geworden, wenn auch nur einseitig, da der Autor ja nichts von seinem Glück weiß.

Und genau hier liegt die Stärke in diesem Film:
Beide Protagonisten, Autor und Stasi-Mann, lieben ihr Land und haben sich mit dem vorherrschenden System abgefunden.
Der Stasi-Mann grundsätzlich an die Niedertracht im Menschen glaubend, seine vielen Schwächen kennend, ein grundlegender Pessimist, beginnt durch den grundguten Autor, der tatsächlich sich hat niemals etwas zu Schulden hat kommen lassen, seinen Auftrag zu hinterfragen, seine eigenen Methoden zu überdenken.
Seine anfangs dargestellte Rücksichtslosigkeit kommt aus einer unerträglichen selbst auferlegten Einsamkeit heraus, wohl auch dem Umstand Kosten tragend, dass er ein Stasi-Mann ist, und durch das Leben des Autors beginnt er aufzublühen.
Was uns zum Autor bringt: Er ist kein Aufrührer, hat sich schon lange mit allem arrangiert. Erst als er in die Enge getrieben wird, geweckt wird diesbezüglich, dass seine Freundin ihm weggenommen werden soll, mitbekommt, wie sein Freund aufgrund staatlicher Sanktionen in den Selbstmord getrieben wird, beginnt er aufzumucken und diesen erwähnten Artikel zu schreiben. Es ist keineswegs eine selbstlose Heldentat, vielmehr ist es eine Art einmalige Selbstreinigung für den Autor, der dadurch auch die Selbstvorwürfe wegen dem Freitod des Freundes abschwächen will.

Was wir dann schließlich in diesem Film vorliegen haben, ist gleichzeitig das Psychogramm zweier Männer, die beide ihrerseits Idealisten verkörpern - wenn auch unterschiedlichster Couleur - die selbst in einem augenscheinlich unmenschlich wirkenden System ihre Menschlichkeit zu behalten bzw. wieder zu finden in der Lage sind, sowie ein Spionagethriller der Sonderklasse, da natürlich nicht alles glimpflich und ohne Probleme abläuft, und der Stasi-Mann plötzlich selbst um seinen Kopf und Kragen bangen muß...

Letztendlich ist die menschliche Botschaft dieses Films ganz groß, nicht jeder Ossi wird als sponatner IM entlarvt, sondern das System und seine wenigen Führungspersonen werden als Opportunisten entlarvt, die den einfachen Menschen in die Enge treiben und zu seinem Unglück zwingen.
Man mag meinen, dass das typisch westlich ist, den Osten so zu diffarmieren, doch Opportunismus ist keineswegs ein ostdeutsches Problem, und der einzige westliche Charakter - ein SPIEGEL-Mitarbeiter - kommt auch recht schleimig rüber...

Zu den grundlegenden Stärken des Films zählt auch mit absoluter Sicherheit seine grandiose Darstellerriege, die durch die Bank weg zwar gut ist, aber eigentlich nur den beiden Protagonisten (mit Martina Gedeck vieleicht den drei Protagonisten) genug Spielraum beläßt, ihr nuanciertes Spiel durchzuziehen.
In diesem Zusammenhang muß man natürlich auch das drehbuch und den Regisseur hervorheben, Bravo!

Perfekt ist dieser Film mit Sicherheit nicht, aber für einen deutschen Film zu diesem Thema ohne erhobenen Zeigefinger (ihr bösen dummen Ossies!!!), sensationell nüchtern und differenziert, sehr schön anzuschauen, packend bis zum Ende und sehr reif inszeniert, verliert sich niemals in Banaliäten und läuft auch nicht Gefahr, der Verlockung eines kitschigen Endes nachzugeben.

Endlich, mag man meinen, ein Schritt in die Richtung, nämlich auch filmisch gesehen, Wiedervereinigung - Hat ja auch lange genug gedauert: 8 Punkte

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