Guckt man sich Filme der Ostalgiewelle an, dann fallen einem zuerst auf Kuschelkurs eingerichtete Produktionen wie „Goodbye, Lenin“ oder „Sonnenallee“ ein. „Das Leben der Anderen“ nimmt da schon einen negativeren Blickwinkel ein.
Auf der einen Seite ist Gerd Wiesler (Ulrich Mühe), ein linientreuer Stasi-Offizier, der sogar den Nachwuchs im Bespitzeln und Verhören ausbilden darf. Er ist ein Idealist, der an seine Überzeugungen glaubt, diese sogar einer Karriere voranstellt. Dabei hat den richtigen Riecher, erkennt z.B. bei einer Theateraufführung direkt, dass der scheinbar linientreue Autor nur eine Fassade aufgebaut hat. Dabei ist Wiesler kein schlechter Mensch, nur jemand, der mit Leib und Seele an die falsche Sache glaubt.
Besagter Dichter ist Georg Dreyman (Sebastian Koch), liiert mit der Schauspielerin Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck). Auch hier fallen die Ambivalenzen auf. Dreyman ist Künstler, bedacht um sein Image und bemüht nie das Falsche zu sagen – selbst Partygäste werden bei systemfeindlichen Äußerungen in die Schranken verwiesen. Gleichzeitig entspringt dieses Gebaren keiner Janusköpfigkeit, auch Dreyman glaubt gewissermaßen an die DDR, er will das System bloß verändern, menschlicher machen.
Wiesler wird nach seinem Verdacht darauf angesetzt die gemeinsame Wohnung von Georg und Christa-Maria zu verwanzen und abzuhören. Bald kommen Wiesler aber Zweifel an seiner Mission – und seinen alteingesessenen Idealen...
Hieraus entwickelt sich keine aufwändiger Historienfilm, sondern ein kleines, fesselndes Kammerspiel über Spitzel und Bespitzelten. Wiesler residiert im gleichen Haus auf dem verlassenen Dachboden. Während Dreyman Gäste hat, das Leben genießt und mit seiner Freundin eine möglichst gute Zeit verbringt, sitzt einsam bei der Arbeit, geht bei Schichtwechsel und hat nur einmal Gesellschaft durch eine Prostituierte in seinem tristen Apartment. Jedoch ist „Das Leben der Anderen“ schlau genug diese Situation nicht zu werten, aus Wiesler einen verbitterten Neidhammel zu machen oder den Dichter als strahlendes Vorbild zu inszenieren.
So spitzt sich das Drama langsam, aber sich zu, zumal die Interessen Dritter auf den Abhörauftrag einwirken: Ein eifersüchtiger Minister will Christa-Maria für sich gewinnen, Wieslers Vorgesetzter Anton Grubitz (Ulrich Tukur) will mit einem Fahndungserfolg Karriere machen. Da Wiesler seine Zielperson aber immer mehr zu schätzen lernt, mutiert er nach und nach zu einer Art Schutzengel. Glaubwürdig schildert „Das Leben der Anderen“ dabei die Probleme beider Hauptfiguren, da jeder seine Last zu tragen hat – bis zum dramatischen Ende, dem ein versöhnlicher, aber keinesfalls verkitschter Nachklapp folgt. Dabei verlässt „Das Leben der Anderen“ nur für wenige Momente (z.B. die Gefängnisszenen) das Haus, in dem Dreymans Wohnung liegt.
Am Kern des Films liegt ein Aufmerksammachen auf die Probleme, die ein Regime wie das der DDR aufwirft. Es ist nicht so gewalttätig und brutal wie z.B. das NS-Regime, doch die staatlichen Repressionsmaßnahmen führen auch hier zu Todesfällen: Ein Selbstmord und ein Unfalltod. Da mutet es dann nur etwas märchenhaft an, wenn man die Sinneswandlung Wieslers anschaut: Etwas Brecht lesen und schon ist er versöhnlicher, nach scheinbar kurzer Überwachung Dreyman bereits wohlgesonnen. Da hätte man sich eine etwas nachvollziehbarere Entwicklung gewünscht, wenngleich natürlich klar ist, dass „Das Leben der Anderen“ nur Ausschnitte aus einem langwierigen Prozess zeigt.
Damit ein derartig stilles, meist eher unspektakulär inszeniertes Drama funktioniert, braucht man natürlich gute Darsteller und da erweist sich die Besetzung als Glücksgriff. Gerade Ulrich Mühe in der Hauptrolle schafft es seinen Part wunderbar auszuagieren und auch kleine Script-Lücken zu füllen. Sebastian Koch und Martina Gedeck sind aber ähnlich gut und auch Ulrich Mühe schafft es seine Figur nicht zu einseitig anzulegen – Karrierist ja, wirklicher Bösewicht nein. Lediglich Thomas Thieme schafft es nicht seine eher klischeehafte Rolle als eifersüchtiger Minister etwas vielschichtiger anzulegen, was teilweise aber auch dem Drehbuch geschuldet ist.
Teilweise ist „Das Leben der Anderen“ vielleicht etwas zu nett, etwas zu märchenhaft, die Inszenierung eher unspektakulär, aber doch handelt es sich hierbei um eine spannende, interessante Mixtur aus Drama und Thriller, die sich traut das Thema Stasi-Überwachung mal etwas mehr zu thematisieren.