Sterben: jetzt
Oberflächlich betrachtet hat dieser Film mit dem Tod nicht viel zu tun und doch denke ich handelt er vor allem davon.
Ich betrachte ihn deshalb mittlerweile auch als optimistischeres Gegenstück zu Ozons "Die Zeit die bleibt": wohin andere Schöngeister vielleicht doch bloß auf Urlaub fahren um sich von ihrem ach so relevanten Alltag zu erholen ist für die zentralen Erwachsenen im Film längst zum Lebensmittelpunkt geworden, oder zumindest zum Lebenshospiz. Herrlich stereotype Bilder von der Toskana.
Bertolucci geht hier ähnlich vor wie später in den "Träumern" wo er ein 68 jenseits von bekannten Aktivismen portraitierte.
Filme wo und in denen eben noch geträumt wird beziehungsweise werden darf. Wo man noch frei denken kann.
Alles Filme für Leute die in ihrer Jugend wohl schon wussten, dass sie einmal keine sehr sauberen Alten sein werden: erfrischende und zeitlose Arbeiten die sich nie in politisch-ideologische Lächerlichkeiten ODER Konservativismen, mahnende Belehrungen, verstricken. Arbeiten, die so doch auch weit weg sind von der früheren Monumentalität eines 1900 oder gar Kaisers, welche weit eher der vorherrschenden Vorstellung von Bedeutungen auch entsprochen haben. Hätte Bertolucci aber bloß so etwas ständig gedreht, und nicht erst jetzt als weiser Alte, ihm wäre wohl ein ähnliches Schicksal beschert worden wie einem Brisseau: es würde ihn schonmal kaum jemand kennen.
Und Vorwürfe von Voyeurismus etc. gehören da halt mit dazu: "Voyeurismus", welcher so ohnehin sich fast schon selbst dekonstruiert, wenn das Wort sich eigentlich doch auf etwas beziehen soll das aus dem Verborgenen für Jemanden sichtbar wird und dabei dessen Gegenteil meint, nämlich dass Ausdruck wie offenbar mancher von hier, einfach nicht gesehen werden will. Besser verhüllt bleiben sollte. Weil junge Frauenkörper so immer noch als etwas Sakrales gelten, angesehen werden von einer Sexnegativität, usw. Sexistischer weise.
Leider hat der Film aber einige Längen und in seiner sommerlichen Poesie für meinen Geschmack auch ein paar Wiederholungen von sinnlichen Einstellungen zuviel zu bieten.
Rating 9