Der Ganove Truman soll im Auftrag des Gangster-Bosses JT ein verfeindetes Syndikat ausheben. Die Operation gerät außer Kontrolle, als plötzlich eine vermummte Gestalt auftaucht und das Feuer auf die anwesenden Kriminellen eröffnet. Lediglich Truman überlebt das Massaker. Sechs Monate später wird JTs Neffe Ricky von einem Unbekannten entführt. Der einzige Anhaltspunkt ist eine hinterlassene Nachricht, die mit dem Namen „Claude Rains“ signiert ist… dem Namen jenes Schauspielers, der 1933 die Titel-Rolle in dem Film „Der Unsichtbare“ gespielt hatte und den man dabei nie zu Gesicht bekam. Truman wird losgeschickt, um dem Entführer auf die Spur zu kommen und findet bei seinem Nachforschungen heraus, dass es sich bei „Claude Rains“ um einen in Gangster-Kreisen legendären Profi-Killer handelt, auf dessen Konto auch das damalige Blutbad geht. Nun scheint dieser es aus irgendeinem Grund auf Truman persönlich abgesehen zu haben: Bei der Suche nach Ricky tauchen immer mehr von Trumans Bekannten tot auf und irgendwann schwebt auch seine Freundin Nicki in Lebensgefahr… Okay, dieser Independent-Streifen passt vom Inhalt her eigentlich eher ins Crime-Fach, ist dafür aber stellenweise horrormäßig hübsch brutal aufgemotzt, verwurstelt in seiner Story viele reine Psycho-Thriller-Motive und bauscht seinen maskierten Antagonisten derart zur allmächtigen Überkiller-Figur vom Format eines Jason Vorhees und Michael Myers auf, dass man das Ganze glatt schon als Genre-Randerscheinung betrachten kann. Selbst der Name „Claude Rains“ ist da wohl eindeutig als kleine Verbeugung vor James Whales Klassiker zu verstehen, macht aber auch im Kontext der Story durchaus Sinn für einen im Verborgenen agierenden Profi-Killer. Auf alle Fälle ist William Kaufman mit „The Prodigy“ eine recht eindrucksvolle Low Budget-Produktion gelungen, die sich bewusst zwischen alle Stühle setzt und gerade deshalb interessanter daherkommt, als andere B-Movies dieser Sorte. Dankenswerterweise sieht der Regisseur seinen Film offenbar nicht in der Tradition eines Quentin Tarantino, denn obschon die Geschichte im plakativen Gangster-Milieu angesiedelt ist, bleiben die von anderen Nachzüglern zumeist nur nervig und unbeholfen nachgeäfften Cool-Manierismen eines „Pulp Fiction“ völlig außen vor. Stattdessen gibt es einen beachtlichen Spannungs-Bogen, ein paar solide inszenierte Shoot-Outs und ein düsteres Flair, das jedem Serienkiller-Thriller gut zu Gesicht stünde. Ein paar Blutrünstigkeiten in Form von splatterig ausgeschmückten Leichen-Funden und die beinharten Faustkämpfe, die Hauptdarsteller Holt Boggs zu Beginn und im Showdown mit „Claude Rains“ bestreitet, passen da bestens zu dem brachialen Ambiente. Das Maß an Ruppigkeiten geht doch ein wenig über das hinaus, as man im reinen Mainstream sonst so erwarten würde, was jetzt aber nicht bedeuten soll, dass man sich dadurch die Chancen beim Publikum verbaut hat, denn das ist ganz und gar nicht der Fall. Bei allem dicken Lob, das man den Machern aussprechen muss, gibt es doch leider auch etwas zu bemängeln: Mit annähernd zwei Stunden Laufzeit geht „The Prodigy“ einfach etwas zu lange und weist vor allem im Ermittlungs-intensiven Mittelteil ein paar störende Durchhänger auf. Um das Ganze kurzweiliger zu machen, hätte man den Film gerade dort problemlos um etwa 15 Minuten trimmen können, ohne dabei etwas wirklich Wichtiges zu verlieren. Formal gibt es hingegen nichts zu bekritteln, trotz niedrigem Budget hat man es verstanden, dem Ganzen ein ansprechendes Erscheinungsbild zu verpassen, die bedrohliche Sound-Kulisse unterstützt die präsentierten Bilder optimal, und die unbekannten Akteure hadern keinesfalls mit ihren Rollen. Auch wenn sich Holt Boggs als Co-Drehbuchautor vermutlich selbst in den Mittelpunkt des Interesses geschrieben hat, verkommt die Angelegenheit dank des Ensembles an mehr oder weniger schrägen Neben-Figuren trotzdem nicht zur eindimensionalen Personality-Show... und dass er aussieht wie eine Mischung aus Ben Affleck und Stephen Dorff gerät ihm dabei nicht zum Nachteil, den passenden Leading Man-Look hat er jedenfalls allemal.
7/10