Review

Eine Botschaft hat verschiedene Erscheinungsformen, entweder sie ist oberflächlich oder versteckt. Im Fall von „Tal der Wölfe“ braucht man eigentlich nur oberflächlich beobachten, um die Essenz zu erkennen. Die Handlung ist im Prinzip irrelevant, Regisseur Serdar Akar bedient stattdessen offenkundig Feindbilder und erzeugt ein groteskes Selbstbild der türkischen und muslimischen Welt.

Die Amerikaner (natürlich im Plural):

Ein leidenschaftlicher Besatzer, der gerne Tee mit den türkischen Soldaten trinkt, um sie anschließend zu überfallen und ihnen einen Sack über den Kopf stülpt. Das kennen wir ja, schließlich sind die Amis die einzigen Soldaten, die peinigen und foltern und dafür ihr bekanntes Straflager im rechtsfreien Raum bei Kuba nutzen. Nach Ende des dritten Golfkriegs war es dann wieder einmal so weit. Die Lust daran nahm überhand, was zu einer derartigen Festnahme von türkischen Soldaten und Geheimdienstlern in der der Stadt Silemani, im kurdischen Autonomiegebiet, führt. Das Ganze wurde öffentlich diskutiert und filmisch führt es zu einem Kopfschuss eines Gepeinigten. So weit, so gut - hier besteht noch mit der „Sackaffäre“ eine Grundlage, die seinerzeit auch diskutiert wurde. Danach wird es fiktiv und der Held schlechthin Polat Alemdar (Necati Şaşmaz), vom fiktiven türkischen Geheimdiensts KGT erscheint mit der Absicht, den damals verantwortlichen Geheimdienstler Sam William Marshall (Billy Zane), zur Strecke zu bringen. Dabei wird schon schnell klar, wer hier Gut und Böse ist. Polat sieht von einer Hotelsprengung, durch die er Marshall locken wollte, ab, weil der Amerikaner skrupellos Kinder in das Hotel karren ließ. Als Polat die Aktion aus moralischen Gründen abbricht, müssen die Kinder, obwohl die Bomben noch nicht entschärft sind, eine Weile bleiben, weil der Ami Lust hat ihnen am Klavier etwas vorzuspielen. Es klingt stumpfsinnig – es ist es auch. Stupider kann man keine Hassattitüden visualisieren.

Interessant sind aber vor allem die Nebenhandlungen, die total auf Feinbilder abzielen. Da wäre eine türkische Hochzeit. Die Amis lauern schon, wir wissen ja, sie überfallen und besetzen gerne einmal irgendetwas. Schließlich fallen Schüsse der Freude, im Rahmen der Hochzeit. Diese Tradition nutzt der Amerikaner natürlich aus, um alle Teilnehmer zu verhaften. Aber nicht nur das: De Ami schlägt Frauen Gewehrkolben ins Gesicht, erschießt ein Kind, weil es nervt und als die Verhafteten im LKW nach Luft ringen und vor Schmerzen schreien, schießt man einfach Löcher in die Seitenwand. Ja, das scheint Spaß zu machen, wenn die islamitischen Schweine mit Kugeln durchbohrt werden. Ein schwarzer Soldat, der Bedenken äußert, weil man Menschenrechte beachten sollte, wird ganz schnell zum Schweigen gebracht. Die US-Soldaten haben eh nichts zu fürchten, dürfen alles und vor allem gegen die Muslime. Aus berechtigter Kritik am Patriot Act und den zweifelsohne gravierenden Menschenrechtsverletzungen der Vergangenheit, erzeugt man dementsprechende überzeichnete Monster, die alles töten, was sich gegen sie stellt. Ob Feind oder Freund, Opposition ist unerwünscht. Dass der getötete, Bedenken äußernde schwarz ist, mag dann nun auch nur noch mehr oder weniger Zufall sein. Der Ami – ein Rassist.

Angekommen im Gefangenenlager bekommt der verantwortliche Soldat aber endlich richtig Ärger vom US-Arzt (Gary Busey). Wie kann er nur die Menschen töten, man kann Organe doch nur im lebenden Zustand entfernen. Der Ami – der Organhändler. Dem total widerlich wirkenden Busey ist es tatsächlich egal, wie viele und wer getötet wird, daraus macht er keinen Hehl, aber die Organe – verdammt, wie kann man nur so dumm sein und die Leute erschießen, wenn sie dann überhaupt nichts mehr wert sind?

Im Lager selbst lässt man noch einmal die altbekannten Folterbilder der jüngsten Vergangenheit ablaufen. Es macht Spaß, man tritt auf nackte aufeinander liegende Muslime mit Stiefeln ein. Fuck the terrorists! Burn motherfucker!

Unser Held übt sich zwischenzeitlich weiterhin in legitimierter, ehrenvollen Rache an dem Amerikaner, hier Billy Zane, der anscheinend in Geldnöten steckt und keine Scheu hat, sich für diese Agitationen käuflich zu verhuren. Immerhin steht im Gary Busey in nichts nach.

Weiter geht es in der puren Einseitigkeit. Der Türke, ein bewundernswerter Patriot durch und durch, das Opfer der amerikanischen Besatzer und Gutmensch, mit viel Ehre und der Bereitschaft und dem Mut sich gegen die Teufel zu kämpfen. Wer siegt, ist klar. Bei so viel plakativer Hetzte spart man gar keine Klischees, obwohl man natürlich sich ins rechte Licht rückt und als ehrenvoll darzustellen weiß. Ein islamischer Priester fabuliert dann noch vor einer Frau, deren Mann beim dem Überfall auf die Hochzeit getötet wurde und die zum Selbstmordattentat bereit ist, wie unsinnvoll diese Aktionen sind, schließlich sterben Unschuldige. Man möge sich doch nicht auf das gleiche Niveau wie dieser folternden, gottlosen Unmenschen begeben. Es lebe der ehrenvolle, menschliche Krieg, die Rache am Bösen, ohne dabei natürlich Zivilisten zu gefährden. Wir haben doch den Helden Polat Alemdar, der Kinder schont und letztendlich Billy Zane – sinnbildlich eigentlich nicht unverdient, mit einem Dolchstoß ins Herz tötet. Ein Ehrenmann!

Im „Im Tal der Wölfe“ verbleibt man offen in Feindbildern, die von keinem Extremisten besser hätten gezeichnet werden können. Hollywood hat sicherlich schon ähnliches hervorgebracht – dennoch kann man hier nur von Tendenzen sprechen. Serdar Akar arbeitet plakativ mit politischen und religiösen Hasstiraden gegen die westliche Welt – die glücklicherweise mit Polemik anders umgeht, als Botschaften in Brand zu setzen. Wer hier Gefallen daran findet, sollte die dänischen Karikaturisten für deren Feingefühl loben. Osama bin Laden wäre sicherlich stolz auf diesen Film. (1/10)

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