Review

Das ist sie nun, die große Gefahr, die den altbekannten Helden Manny, Diego und Sid droht: eine von der Eisschmelze verursachte Flutwelle. Da mag man noch grübeln, ob denn die simple Wendung der im ersten Teil einbrechenden Eiszeit in ihr Gegenteil noch als spannungstreibende Bedrohung ausreicht, aber als Sinnbild für das derzeitige Dilemma des computeranimierten Films ist sie allemal hervorragend geeignet. Die CGI-Bilderflut ist losgebrochen und folgt bedaurlicherweise den von allen anderen Modetrends Hollywoods erodierten Pfaden.

Als zu Beginn der Neunziger Jahre die computeranimierten Filme breitenwirksam auf den Plan traten, strotzten sie nur so vor Originalität. Die ausgelutschte, familientaugliche Vorhersehbarkeit aus dem Stammhaus des Imperiums der mickrigen Maus wurde von sorgsam unters Volk gestreuten Animationsfilmen untergraben. Boshaftigkeiten, hintergründiger Humor und vergleichsweise ausgefeilte Plots spielten mit den Erwartungen des Mainstreams.

Mittlerweile hat aber beinahe jeder die Pinsel beiseite gelegt und auf Pixel gesetzt. Die Computeranimation wurde als verkaufsförderndes Argument ausgemacht. Ein grober Fehler, wenn man betrachtet, warum gerade Toy Story, Shrek oder Die Unglaublichen so erfolgreich waren.

Ice Age 2 ist das deutlichste Symptom des Niedergangs, das bisher zu erkennen ist. Die Herde um das Mammut Manny, den Säbelzahntiger Diego und das Faultier Sid wird nun mangels origineller Einfälle, mit ein paar weiteren Sidekicks versehen, auf die Flucht vor der großen Flut gehetzt. Und was heißt hier eigentlich gehetzt? Der Film trottet so gemächlich dahin wie ein alterskrankes Mammut.

Eine spannungsgeladene Gruppendynamik, wie sie noch der Vorgänger hinlegte, ist hier nicht mal mehr im Ansatz vorhanden. Diego, der im ersten Teil noch unter falschem Vorwand und mit niederen Motiven der zusammengewürfelten Herde beitrat, verkommt zum zahmen Hauskätzchen und wird darüber hinaus nicht mehr weiter mit Aufmerksamkeit bedacht. Desto mehr darf sich Mammut Manny in einer Jauchegrube voll des Selbstmitleids suhlen, bevor er feststellt, nun doch nicht der Letzte seiner Art zu sein. Denn schließlich lässt die Todeswelle noch ausreichend Zeit, um auf Mannys verhaltensauffällige Artgenossin Ellie, sowie deren "Brüder" zu treffen - zwei völlig hyperaktive Opossums. Immerhin hat man sich damit einen Gefallen getan und der größtenteils ADS-gefährdeten Zielgruppe ein paar wahrhaftige Identifikationsfiguren zur Hand gegeben. Der seltsame "Opossum"-Dreier schreit förmlich nach einer Überdosis Ritalin. Lediglich das Faultier Sid und das Fabelwesen Scrat, der heimliche Held des ersten Teils, sorgen ab und an für ein wenig Vergnügen im Gestrüpp loser Handlungsfäden.

Hier ist auch wieder das eigentliche Problem des Films benannt. Denn obwohl man sich von Szene zu Szene durch mal mehr, mal weniger erheiternde Momente hangelt, bleibt der Film nur Stückwerk. Die gute Situationskomik um den glücklosen Nusssammler Scrat, die schon den ersten Teil auf halbwegs abendfüllende Länge hievte, und andere aus den Fingern gesogene Episoden verdünnen den ohnehin kargen Plot so sehr, dass man den Machern immerhin eines zutraut: Sie hätten mit Leichtigkeit auch den umgekehrten Jesus gespielt und aus Wein Wasser gemacht.

Schließlich gibt es noch ein fröhlich-makabres Lied zum mitsummen, ein Happy-End und Scrat wird für seine Mühen zwar nicht mit Nüssen entlohnt, jedoch in den Deus-Ex-Machina-Status erhoben. Das hätte Disney nicht kalkulierter machen können. Und so darf man sich beim Abspann in der Gewissheit aus dem Sitz schälen, dass Ice Age 2 nur der Vorbote einer Flut von höchstwahrscheinlich vorhersagbar witzlosen Animationsfilmen in diesem Jahr ist. CGI: The Meltdown. (4/10)

Details
Ähnliche Filme