„Passagier 57“ zählt nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch zu den besten Filmen von Wesley Snipes.
Schon der Vorspann überzeugt durch seine geschickte Machart: Während die Credits laufen, zeigt der Hintergrund den Scan von einem Gepäckstück am Flughafen. Diese Idee ist nicht nur innovativ, sondern sieht auch sehr gut aus. In dem Gepäck befindet sich aus der Ausweis von Charles Rane (Bruce Payne).
Rane ist ein gesuchter Top-Terrorist und will durch plastische Chirurgie zu einem neuen Aussehen kommen. Die Polizei will ihn hier schnappen, aber Rane bemerkt die Falle, tötet den Chirurgen und flieht. Allerdings kann er von der Polizei gestellt werden. Diese kleine Actionsequenz dient sozusagen als Appetizer und ist noch nicht so spektakulär, macht aber Lust auf mehr.
Ein anderes Flugzeug: John Cutter (Wesley Snipes) bedroht die Stewardess Marti Slayton (Alex Datcher) mit einer Pistole, kann aber ausgeschaltet werden – alles ist bloß eine Übung und Cutter der Trainer. Er ist allerdings unzufrieden, da man sich nicht eigenmächtig gegen Geiselnehmer wehren soll. Eine gute Charakterisierung des Helden von „Passagier 57“: Experte für Flugsicherheit, ein wenig jähzornig, aber umsichtig.
Sein Freund Sly Delvecchio (Tom Sizemore) verschafft ihm einen neuen Job als Sicherheitschef bei einer Fluglinie und Cutter nimmt nach einigem Zögern den Job an. Hier wird der Zuschauer auch über Cutters Vergangenheit aufgeklärt, nämlich den Verlust seiner Freundin Lisa. Das Ganze wird in einer schwarz-weißen Rückblende geschildert und überzeugt wieder durch handwerkliches Geschick.
Cutter soll sich den Aktionären der Fluggesellschaft vorstellen und nach L.A. fliegen. Auf dem gleichen Flug wird auch Rane zu seiner Hinrichtung geflogen. Rane bricht aus und bringt das Flugzeug mit seinen Leuten in seine Gewalt. Lediglich Cutter stellt sich ihm in den Weg...
Regisseur Kevin Hooks hat mit „Passagier 57“ eine fesselnde Flugzeugvariante von „Stirb langsam“ inszeniert. An den Klassiker erinnert zum einen Cutter, der nicht nur den gleichen Vornamen und die gleiche Synchronstimme wie McClane besitzt, sondern auch die unfähigen Polizisten, die das Flugzeug später in ihre Gewalt bringen wollen. Auch Bösewicht Rane erinnert in seinem Taktieren an Hans Gruber.
Die Story ist sehr gut und orientiert sich an „Stirb langsam“, verändert das Konzept aber etwas. So bleibt das Flugzeug nicht alleiniger Ort der Auseinandersetzung, nach einer durch Cutter erzwungenen Notlandung geht es auch noch in der Umgebung weiter. Die Geschichte ist spannend und fesselt den Zuschauer.
Die Action kann begeistern und bietet ein paar Fights und Shoot-Outs. Zwar gab es schon Spektakuläreres, aber Snipes kämpft hervorragend (was er später in „Blade“ und „Art of War“ noch verbesserte). Die Shoot-Outs können ebenfalls überzeugen, auch wenn sie recht kurz sind. Insgesamt ist die Action zwar nicht das Beste, was das Genre zu bieten hat, aber gut.
Die Schauspieler sind gut. Snipes gibt mal wieder den coolen schwarzen Helden mit seiner gewohnt lässigen Art. Tom Sizemore überzeugt wie immer, auch wenn seine Nebenrolle nicht so groß ist. Bruce Payne ist ein klasse Psychopath, der leider sonst kaum gute Rollen bekommt. Dabei ist er in „Passagier 57“ beeindruckend böse und spielt den Rest der Crew an die Wand.
Regisseur Kevin Hooks hat sich ein großes Lob verdient. Seine gelungene Inszenierung lässt „Passagier 57“ erst richtig in die Oberliga abheben. Schade, dass ihm nicht der große Durchbruch gelang.
Auch eine kleine Humorkomponente gibt es. Denn diverse Dialoge sind einfach launig und sehr komisch (z.B. Cutter, Sly und der Sheriff im Auto). Allerdings sind das eher ein paar coole Sprüche am Rande und man sollte dieses Element nicht überbewerten.
Einzige Schwäche von „Passagier 57“ ist seine Länge oder besser gesagt das Fehlen davon. Denn nach ca. 80 Minuten (mit Abspann!) ist der Spaß auch schon zuende. Man hätte den Film problemlos noch verlängern und mit etwas mehr Story oder Action anreichern können.
„Passagier 57“ ist ein hervorragender Action-Thriller, der in allen Punkten überzeugt, aber eine größere Länge und etwas mehr Action vertragen könnte.