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Eine Liebesgeschichte, gegen den Strich gebürstet, der ganz anderen Art. Ein seltsames Märchen, bevölkert von seltsamen Wesen.
Da ist der dicke Hexenmeister, stotternd, der mit geheimisvollen Gerätschaften wie der „Entenquetsche“ Zauberspeisen mixt, mit denen die Leute „ins Paradies“ entschwinden.

Die unschuldige Dienstmagd („Die Schöne“), die wie verträumt durch die Welt schwebt, ein entrücktes Lächeln im Gesicht, sie träumt schlafend im Park und hockt bei Regen im Kräuterbeet, und vor allem ist auch sie kaum Herrin ihrer Stimme, die ihr seltsam ungelenk (für die Heldin eines Spielfilms) aus dem Munde kommt.

Da ist ihre Tochter, die Wassernärrin mit dem Down-Syndrom; der taubstumme Kellner; und schließlich: der Actionheld, prügelnd, tanzend, schwimmend: Der Ehemann („Das Biest“). Er bringt Schwung in die Handlung. Verkörperung der Eifersucht, trotzdem nicht gegen den Zauber des Dicken gefeit. Er dressiert eine Horde bizarrer Senioren, die merkwürdige rituelle Tänze zu Lande und zu Wasser aufführen – im Wasser auch noch mit seltsamen Würsten um die Schultern. Übrigens tagt er mit Biertrinkern in einer Kneipe, wo die Kellnerinnen deplatzierterweise ihre nackten Brüste über den Tisch baumeln lassen.

Am Ende (zur Vollendung) spielt „Eden“ tatsächlich in einem modernen deutschen Märchenwald (Fichtenwüste), wo das Monster den dicken Zauberer jagt, der plötzlich, trotz seiner Leibesfülle, durch die Lüfte fliegt und das Monster zerquetscht.

Zwischendurch fasziniert der Film damit, wie eindringlich er seine Personen studiert: Die Figuren verharren und zögern immer wieder, konzentrieren sich und halten inne, so daß der Zuschauer im Ungewissen bleibt: Was folgt als Nächstes? (Wird der Monstermann ausflippen oder alle umarmen? Wird es Dessert geben, oder nicht?) Immer scheinen die Zeitabläufe ein wenig verschoben, überraschen durch ihre ungewohnte Ordnung, die unseren Sehgewohnheiten und Erwartungen so seltsam widerspricht.

Da ist es dann auch kein Wunder, daß Weinflaschen eine „Bank“ („Sparkasse“, nicht „Sitzbank“) sind, der Hund am Tisch frißt und ein Imbißwagen an der Autobahn einen Gourmet-Stern bekommt. Und daß sich dort die Liebenden wiederfinden.

Aber es ist ein Wunder, wie Charlotte Roche, die Autorin des Romans „FEUCHTGEBIETE“, mit dem sie einigermassen provozierte, (etwa "Skandal erregte"?), eine wunderliche Wandlung zur Schauspielerin schafft. (*)

Und der Film „Eden“: Der ist auch ein Wunder.

(*) Sie ist eine Art „Anti-Schauspielerin“, wie z.B. Marianne Sägebrecht. Der Film endet mit ihrem glücklichen Lächeln, trotz zusammengepreßter Lippen, wie zurückhaltend-verschmitzt, begleitet von jubelnd-zauberhafter Klaviermusik.

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