Review

Gesamtbesprechung

The Real Ghostbusters (1986)
Slimer! And the Real Ghostbusters (1988)

von Masakazu Higuchi, Will Meugniot, Richard Raynis, Art Vitello


Als 1984 Ivan Reitmans wohl größter Erfolg "Ghostbusters" auf das Publikum losgelassen worden war und schlagartig zu einem der erfolgreichsten Filme überhaupt avancierte, während der Titelsong ewig durch die Charts geisterte, war klar, dass man mit weiteren Projekten auf diesen Erfolg reagieren würde. Computerspiele erschienen kurz darauf - und mit einer kleineren Pause in den 90er Jahren - bis heute nahezu unermüdlich, fünf Jahre darauf ließ man eine Fortsetzung folgen und 1986 kreierte man die Zeichentrickserie "The Real Ghostbusters", die einen ganzen Rattenschwanz an Merchandise-Artikeln nach sich zog (Spielzeugfiguren, Comics und - zumindest hierzulande - Hörspielkassetten).

"The Real Ghostbusters" war natürlich vor allem auf ein kindliches Publikum zugeschnitten, welches schon am Spielfilm große Freude hatte, lässt es sich allerdings nicht nehmen, mit hintersinnigen, manchmal auch anstößigen Gags und wilden Zitaten durch die Film- und Literaturgeschichte auch ein erwachsenes Publikum anzusprechen.
Sieht man davon ab, dass das Äußere der Geisterjäger auf Wunsch der Darsteller teilweise deutlich verändert werden musste, hat man sich relativ eng an Motive, Tonfall und Strukturen des Spielfilm-Vorbilds gehalten: die vier Zeichentrick-Geisterjäger spielen sogar - wenn sie etwa von ihrem ersten Fall sprechen! - auf den Spielfilm an. Und im Hinblick auf die Figur Winston Zeddemores kann man sogar von einer positiven Verbesserung sprechen, ist doch aus dem Quotenneger, zu welchem der farbige Geisterjäger nach der Absage Eddie Murphys geraten war (um es selbst im zweiten Teil noch zu bleiben), im weit weniger vom Starkult lebenden Zeichentricksektor eine im Vergleich weit weniger eindimensionale Figur geworden (deren Farbig-Sein in unterschwelligen Gags sogar zwei-, dreimal thematisiert worden war). Und die vollkommen verschmerzbaren Veränderungen des Äußeren der Geisterjäger werden von den Zeichentrickgestalten selbst - als sie sich in "Take Two" (Staffel I, Folge 2) den Spielfilm als vermeintliche Verfilmung ihres Lebens anschauen - als enttäuschender Aspekt des Spielfilms ausgegeben.
Es steckt also viel Liebe zum Detail in der Serie, die zu respektieren versuchte, was den Fans des Films heilig war. Doch nicht nur der Ghostbusters-Spielfilm wird mit Ehrfurcht behandelt, sondern gleich eine ganze Palette von großen Filmerfolgen: da zitiert Peter Venkman ganz beiläufig Zeilen aus "The Wizard of Oz" (1939), "Citizen Kane" (1942) durchzieht mit seinen Motiven und seiner Pointe die gesamte Folge "Ghostbuster of the Year" (II, 14), dem film noir und Bogart huldigt man in "The Long, Long, Long, etc. Goodbye" (II, 18), "King Kong" (1933) wird in "Cold Cash and Hot Water" (II, 19) durchgespielt, "Attack of the B-Movie Monsters" (VII, 3) spielt auf die japanischen Monsterfilme a la "Gojira" (1954) an und in ihren Titeln verweisen etwa "They call me MISTER Slimer" (II, 5), "The Cabinet of Calamari" (II, 13), "A Fright at the Opera" (II, 31) [1], "Apocalypse-- What, NOW?" (II, 48), "The Slob" (VI, 9) oder "Guess What's Coming to Dinner" (VI, 12) auf populäre Filmklassiker. Das gilt auch für die Literaturgeschichte: Dickens wird umfangreich in "X-Mas Marks the Spot" (I, 13) eingearbeitet, Doyle findet sich in "Elementary My Dear Winston" (V, 3) wieder, Bram Stoker ist in "Transylvanian Homesick Blues" (II, 65) präsent und Shirley Jackson ist mit ihrem klassischen Spukhaus-Roman in "The Haunting of Heck House" (VI, 4) vertreten. Freunde phantastischer Literatur werden aber ihre größte Freude an "The Collect Call of Cthulhu" (II, 32) und "Russian About" (VI, 8) haben, in denen Lovecrafts Cthulhu-Mythos liebevoll umgesetzt wird, während eine Nebenfigur passenderweise Clark Ashton heißt; dass manchmal bloß die zitierten Autoren, manchmal deren Schöpfungen zur innerfilmischen Welt gehören, gehört zu den kleinen Inkonsequenzen der Serie, mit denen man leben muss. Das gilt auch für das Selbstverständnis der Zeichentricktechnik, das sein Potential nicht auszureizen versteht, wenn es in manchen Folgen um das Lebendigwerden fiktiver Zeichentrick- und Comic-Charaktere geht: "Captain Steel Saves the Day" (II, 4) & "Station Identification" (II, 63) thematisieren diesen paradoxen Kniff gar nicht erst, während "Who Are You Calling Two Dimensional?" (II, 9) & "Stay Tooned" (VI, 13) typische Zeichentrickgags nur unzulänglich nachahmen oder gleich als willkommenen Grund für schwache Animationen heranziehen.[2] Dass sich manche Grundideen - wie in diesen genannten Fällen - gleich zwei- oder dreimal in der kompletten Serie finden lassen, gehört zu den unschönen Verfallserscheinungen: immer unorigineller, sich selbst kopierender, immer liebloser, immer geistloser geriet die Serie mit der Zeit.

Wieviel Biss der Serie verlorengegangen ist, lässt sich vor allem an den zwei wichtigsten Nebenfiguren ablesen: Janine Melnitz, die schnippische, kecke und bisweilen erstaunlich tatkräftige Sekretärin hat es im Lauf der Zeit am schlimmsten erwischt. Als Kommerzprodukt - als welches die Serie natürlich in erster Linie gesehen worden muss! - musste sich "The Real Ghostbusters" natürlich am Geschmack der Zielgruppe orientieren, sowie an den Forderungen von Erziehungsberechtigten. Während Janine in frühen Folgen zur Retterin in der Not mutiert - vor allem in "Janine's Genie" (I, 12), "Janine's Day Off" (II, 1) und "Janine Melnitz, Ghostbuster" (II, 12), aber auch in vielen anderen Folgen -, da bleibt sie in späteren Folgen nicht bloß eine hilflosere Figur, die nur noch mit Spielzeugwaffen hantieren ("Ghostworld" (VI, 3)) oder erst dann tätig werden darf, wenn sie das herrschende Unheil selbst verursacht hat, sondern vor allem auch (ab Staffel 3) eine Figur, die dem Äußeren nach viel niedlicher, weniger aufmüpfig, viel mädchenhafter und sanfter gemacht worden war: kleinen Jungs kann man starke Frauen unmöglich zumuten! (Eine Überlegung, die sich in zahlreichen Variationen bis heute gehalten hat, wenn es beispielsweise über geringe Zahlen männlicher Grundschullehrer geht...)
J. Michael Straczynski - einer der besten Autoren der Serie, dem diese in den einzelnen Staffeln jeweilige kleine Höhepunkte wie "Slimer, Come Home" (I, 4), "Mr. Sandman, Dream Me A Dream" (I, 7), "When Halloween Was Forever" (I, 8), "Ragnarok and Roll" (II, 3), "No One Comes to Lupusville" (II, 16), "Knock, Knock" (II, 40), "The Grundel" (III, 10), "The Halloween Door" (V, 9), "The Haunting of Heck House" oder "Russian About" verdankt - hat dann auch zu Beginn der sechsten Staffel einen schön doppelzüngigen Kommentar unterbringen können: In "Janine, You've Changed" (VI, 1) verkauft sich Janine einer teuflischen Fee, um ihr Äußeres immer hübscher werden zu lassen, da sie überzeugt ist, vor allem Egon Spengler - ihrem mehr oder weniger heimlichen love interest - nicht mehr gefallen zu können. Eine hübsche Grundidee, die der Serie insgesamt jedoch wenig helfen konnte, wenn es Produzenten und mutmaßliche Zuschaueranteile sind, die eigentlich hinter solch einer teuflischen Änderung stecken.
Noch ärgerlicher ist jedoch die enorme Präsenz Slimers geraten, der seit Staffel 4 mehr Laufzeit und mehr Text erhielt. "The Real Ghostbusters" wurde dann auch als "Slimer! And the Real Ghostbusters" gemeinsam mit dem Spin Off "Slimer!" ausgestrahlt - ein günstiger Schnellschuss mit simplen und albernen Handlungen in schlichter Form, der es gar nicht mehr darauf anlegte, ein erwachsenen Publikum für sich zu gewinnen.[3] Diese Bemühungen, immer mehr auf jüngere Zielgruppen einzugehen, schlug sich kurzzeitig auch in kürzeren, etwa elfminütigen Laufzeiten, helleren Farben und mehr Gesang nieder; und auch der - ohnehin nur sehr begrenzte - Gehalt ließ nach und nach zu wünschen übrig: anzügliche, freche Sprüche wurden seltener, moralische Botschaften, die auch zuvor nur hin und wieder Teil der Serie waren, wurden seltener und auch der Rückgriff auf altbekannte Motive des Phantastischen - auf Trolle, Banshees, mythologische Figuren, Vampire, Werwölfe, kopflose Reiter, Geisterschiffe usw. - wich schnell zusammengebastelten Kreaturen aus dem Klischeegenerator: asymmetrisch zusammengesetzte Wesen mit sonderbaren Auswüchsen, Tentakeln und übermäßig vielen Gliedmaßen gaben stattdessen den Ton an, statt Sam Hain oder statt des Bösen Mannes trieben nun der Slimer-Jäger Doctor Dweeb und der Ghostmaster ihr Unwesen: Trash statt Folklore, der totale Ausverkauf. Und auch handwerklich hat die leicht in Richtung Anime neigende Serie im Laufe der Staffeln Einbußen hinnehmen müssen. Und in "Deja Boo" (VI, 6) bekam man schließlich in einer lieb- und witzlosen Rahmenhandlung nur noch eine Art Best of früherer Folgen geboten, womit der Tiefpunkt der Serie endgültig erreicht war.
Als dann 1989 "The Simpsons" über die Bildschirme flimmerten und ein Zusammenspiel von Anspielungen, pädagogischer Moral und hintersinnigem Humor zur Unterhaltung für die gesamte Familie ablieferten, da war "The Real Ghostbusters" all das bereits abgegangen; ob es da Hommage oder blanker Unmut war, dass man in "Guess What's Coming to Dinner" die Grauenhaften Hausbesetzer (so der dt. Titel), die in dieser Folge die Zentrale der Geisterjäger in Beschlag nahmen, aussehen ließ, wie die erfolgreiche Zeichentrickfamilie: gelbhäutig, die Mutter mit blauem Haar und grüner Kleidung, der Vater glatzköpfig im weißen Hemd, der Sohn in blauen Shorts und orangefarbenem Shirt, die Tochter im rosa Kleidchen. (12 Jahre später tanzten dann die Simpsons in "Tales from the Public Domain" zur Filmmusik der Ghostbusters...)

Ein unrühmliches Ende, aber wenn man sich auf die ersten zwei Staffeln beschränkt, bieten "The Real Ghostbusters" eine nette Ergänzung zu den Spielfilmen, deren lange, lange angekündigter dritter Teil in Bälde einem Reboot mit weiblichen Hauptfiguren weichen soll... (eine Meldung, die erneut für Unbehagen bei etlichen kleinen Jungs sorgte...)
7/10 für "The Real Ghostbusters", 5,5/10 für die Ghostbusters-Folgen von "Slimer! And the Real Ghostbusters" und 4/10 für das Slimer-Spin Off. (Und über die 1997er Fortführung "Extreme Ghostbusters" sollte man den Mantels des Schweigens hüllen...)


1.) Überhaupt ist ein gewisser Einfluss der Marx Brothers nicht zu leugnen, der sich harmonisch zum Humor des
Ghostbusters-Realfilms gesellt: nicht bloß direkte Zitate wie z.B. Groucho Marx-Scherzartikelbrillen, auch manch schnodderige Kommentare Peter Venkmans, die an Groucho erinnern, Slimers an Harpo gemahnendes, ebenso lustvolles, wie seltsam asexuelles Interesse an hübschen Frauen - das in späteren Folgen mehr und mehr Raum bekommt - und die an Chico erinnernden Kalauer, die sich vor allem in einem großen Teil der Titel niederschlagen, sorgen für diese leichte Nähe.
2.)
An Titeln wie "Stay Tooned" zeigt sich auch sehr schön der ungebremste Sprachwitz der Serie, den Rebecca Völz größtenteils gar nicht erst in die deutsche Fassung herüberzuretten versuchte.
3.) Unter dem neuen Titel lief die Serie auch dann noch, als das Slimer-
Spin Off längst abgesetzt war.

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