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Eine der leider wenigen, der recht seltenen Regieausflüge von Stephen Tung Wai; Tung arbeitet zwar vermehrt hinter der Kamera, ist dort aber zumeist als Action Director für Andere zuständig, er hat sich seine Reputation als Choreograf von Stunts und Kämpfen gemacht. Hier wird durch die Besetzung von Jade Leung Ching sicherlich in Richtung derer Black Cat Ausflüge geschielt, taten dies aber vermehrt alle Filme mit der Darstellerin und präsentiert man sich sonst als autarkes, sich davon loslösen könnendes, auch zu Recht selbst bewusstes Werk:

Die unerfahrene Polizstin Jenny Yeung Ling [ Jade Leung ] wird zusammen mit dem zwangsrekrutierten Zuhälter Jack Hong [ Jordan Chan ] undercover auf einen chinesischen Killer [ Ching Fung ] angesetzt. Als der Auftrag schiefgeht und Yeung's Onkel Chung [ Guy Lai ] getötet wird, schwört diese Rache und zieht Jack damit hinein. Sie verfolgen den Verbrecher bis nach Guangzhou, wo sie der lokale Cop Captain Yu [ Yu Rongguang ] erstmal abbremst.

Auch die Produzenten sind zumeist Leute, die die Action choreografieren, demzufolge wird hier vermehrt Wert, gerade im ausufernden, explosiven Showdown speziell darauf gelegt, der Rest davor ist eine Undercovercop/Informanten-Geschichte, die auch ihren Schwung hat und sich zu steigern auch vor allem weite Wege zu begehen vermag. Beginnen tut man dabei in HK, ein urbanes Geschehen, eine adrett gekleidete Frau in einem Nachtclub, mit einer speziellen Mission, dem Belauschen und austricksen eines Gangsters, im Auftrag des OCTB, das Organized Crime and Triad Bureau, was in Rückblenden dargestellt wird, eine Hilfe angefordert, eine Chance für eine Verbesserung des bisherigen Berufsstandes, die Prüfung nicht bestanden, nun eine Möglichkeit des Beeindruckens, ein ratifiziertes Erzählen der Zusammenhänge, die zu diesem Treffen hier führen, ein hochgestellter Gangster soll verhaftet werden, der V-Mann mit mehr Angst als die Frau, die eigentlich den Lockvogel spielen soll, für einen der 10 gesuchtesten Männer der Stadt, ein Ex-Militär. Auch Tung arbeitet zu der Zeit mit Blur Motion, mit Zeitlupen schneller abgespielt, ein Stürmen der SDU nach Alarmauslösung, der Gangster mit Waffen dabei, ein wildes Feuergefecht auf engstem Raume, in einer VIP-Lounge, einem Hinterzimmer im Club, mit Geiselnahme, Gegenwehr und Fluchtversuchen, ein großes Polizeiaufgebot, die SDU auch informiert. EIne kurze Belagerungssituation, eine doppelte Gefahr, mit Handgranaten bestückt, und auch den Stift gezogen, ein Auto explodiert, Staub und Glas und Dreck wirbelt nach außen.

Eine Warnung an die Polizistin wird ausgesprochen, der Häftling kommt unter Sicherheitsmaßnahmen ins Krankenhaus, einer der meist gesuchtesten Schwerverbrecher verletzt und unter Aufsicht, eine Pressekonferenz wird abgehalten, die Aktion gelobt und gleichzeitig auch von anderen Interessenten verfolgt, das geschützte Krankenzimmer überfallen, eine Rache probiert, ein Vollzug dieser bald in Gange, die ersten Minuten schon agitiert hier. Mit Gewalt wird auch nicht gezögert, nicht zum Selbstzweck, für Effekte und Wirkung, eine blutige Bedrohung. Ein Glasstunt und einen Toten später steht man selber in eine brenzlige Lage, die Wohnung vermint und auch in die Lüfte fliegend, ein Flammenmeer im engen Quader, Leung wird auch anders eingesetzt als ihre Kolleginnen um Moon Lee, Yukari Oshima und Cynthia Khan – Michelle Yeoh spielte schon lange nur in sogenannten A-Listern mit –, sie wird bevorzugt auch mit den Waffen der Frauen, hier und woanders auch mehrfach in Unterwäsche, im knappen Aufzug oder anderweitig sexuell eingesetzt, etwas, dass den anderen Frauen abgesprochen wurde, und nicht benötigt, nicht zum Aufreizen und Verlocken nötig. Der Kriminelle macht auch nicht vor Tötungen seiner eigenen Männer halt, was die chinesische Polizei auf den Plan ruft, eine Kombination der Kräfte vom Festland und von der Sonderverwaltungszone, damals ein beliebtes Thema, eine Art Vorbereitung auf den Handover '97, siehe auch Rock N'Roll Cop (1994) oder Police Story 3 (1992), eine Zusammenarbeit gesucht und gefunden.

Die Polizistin hat sich verändert nach den letzten Ereignissen, sie ist handfester und tatkräftiger geworden, sie hat nichts mehr zu verlieren, sie hat schon alles, was ihr lieb war verloren, sie geht in die Aktion, in das selbständige Agieren, sie nimmt den V-Mann mit, zur Hilfestellung und weil ihn dies auch selbst betrifft. Tung inszeniert das in knappen Szenen, die Einleitung recht gekonnt für einen Film dieser Herkunft, eine übersichtliche Rückblendenstruktur, der Rest in 'normalen' Bildern gehalten und mit dem Schwerpunkt auf das ungleiche 'Buddy Picture' – welches im Grunde keines ist, zumindest nicht im Sinne von Satin Steel (1994), der mehr schecht als recht Lethal Weapon (1987) nachahmt –, sondern als Notwendigkeit für den Fortgang des Geschehens, der eine liefert die Informationen und die andere vollzieht sich, es bleibt in einer Art Handlanger/Ausführende, man hat sich auch vorher schon gegenseitig geholfen. Dass der junge Jordan Chan hier mitspielt, vor seinem eigentlichen Durchbruch ab '96 in den Young and Dangerous – Werken hilft dem insgesamt gut besetzten Film hier sowieso, er hat das nötige Wieselige, dem man aber nicht böse sein kann und was auch nicht unsympathisch wirkt, zumal er als Darsteller hier schon fleißig seine Talente, natürlich im Rahmen der Gegebenheiten und Gepflogenheiten austestet, da kommt später noch mehr.

Seine Mitarbeit anfangs nur mit der Hand an den Kopf, ohne wirkliche Bereitschaft, die Frau aggressiver als der Mann, er kennt sich aber aus in der Gegend, sie sind beide voneinander abhängig, er spielt eingangs ein wenig den Goof, das verändert sich aber bald, er wird zu mehr als dem Sidekick, eine Überfahrt von HK nach China fällt schnell auf, zu schnell für die Pläne der Polizistin auf ihrem angedachten Rachefeldzug, dafür kommt der chinesische Polizist in die Handlung, mit Yu Rongguang ein darstellerisches Schwergewicht, und eine Verstärkung im engeren Sinne, im Film und vom Film, der in seinem Zeitkolorit mehr als nur interessante Aufnahmen des damalig noch nicht vorhandenen Mutterlandes ist. Die Volksrepublik hatte auch damals schon ihre eigenen Actionfilm-Kultur, auch im Modern Day Bereich, die aber strikt innerlandes blieb und kleiner angesiedelt war als die Arbeiten aus HK, welche oft auch einen westlichen Vertrieb hatten; nun ist es umgekehrt, richtig Geld wird bis auf Ausnahmen fast nur im chinesischen Markt re-finanziert und entsprechend auch dort und mit den Bedingungen der einheimischen Zensur und Propaganda erzielt. Etwas, dass die Werke für den westlichen Markt allerdings weniger attraktiv macht, von den Blockbustern schaffen es nur vereinzelte Titel in den Umlauf von USA, UK und auch Deutschland, da trotz aller mittlerweile vorhandener technischer Raffinesse die Auswahl zwar größer ist, der Unterton aber nicht den Sehgewohnheiten anderer Kulturen entspricht.

Was das für diesen Film hier bedeutet ist, dass gerade Chan inzwischen vermehrt für die VRC tätig und dort beliebt ist, Yu ebenso als Urgestein seine Auftritte oftmals bei den lokalen Streamingdiensten macht und Leung ein wenig hin- und herpendelt zwischen dem "Zwei Staaten, eine Nation" – Konstrukt, hier war es noch völlig gegenteilig eingesetzt. Die Gegend hinter der Grenze sieht auch eher ärmlich, provinziell geradezu aus, der Unterschied zwischen Kapitalismus und Kommunismus; etwas, dass den Film mittig rettet, dort wird relativ mit Klamauk und einer Einfachheit gedreht, die auch vor kleineren Slapstickmomenten nicht zurückschreckt, die Aufmerksamkeit des Zuschauers liegt sicherlich auf etwas anderem als der einer Komödie; zur Beruhigung, sie wird nicht übertrieben und sie hat nur vereinzelt ihre Einflüsse, es geht nahezu durchgängig um Rache und ihren Schwur und Festigung, der Rest ist eher ein Mitgefangen, Mitgehangen, und die Entwicklung einer zweckbedingten Freundschaft oder Kameradschaft, mit Yu im aktiven Hintergrund.

So bricht mittig bei einer Festnahme eine Schießerei ebenso aus wie folgend im Hotelzimmer, sprechen die Schusswaffen eine deutliche Sprache, Schnelligkeit und Behändigkeit zuerst und eine Verkörperung des Bösen, wird zumeist waffenaffin gefilmt, ein insgesamt hoher Munitionsverbrauch, der Rest ist Detonationen und mancherlei Sprengungen mitten ins Gesicht; Leung ist keine Martial Arts Könnerin und wird hier auch nicht so, sondern gemäß ob ihrer Stärken und Schwächen eingesetzt. Zwischenzeitlich versucht man etwas Charakterisierung einzubringen bzw. diese ausdrücklich zu verdeutlichen, über die Lebensgeschichten beider Hauptdarsteller, ein Zwischenstopp vor dem Finale, eine Fahrt mit der örtlichen Eisenbahn durch eine landschaftliche Einöde, der Film hat sein Stop-and-go, ein Vorlauf vor dem Showdown, etwas Tiefgründigkeit im Anliegen, etwas Schwermut im Gedeihen, bevor wieder die Bleirohe sprechen, Detonationen am Bahnhof, die Kamera dicht an den Einschüssen und Treffern, an der Destruktion und den Stunts, selbst das Polizeirevier wird angegriffen, dann eine erpresserische Aktion an der Hongling Road, die Sondereinsatzkommandos informiert und involviert, das Stirb langsam – Szenario in aller Kürze, im Kleinformat, dafür mit viel Statisterie, die halbe Volksarmee im Anmarsch, ein Einkaufszentrum belagert, ein Freischießen gegen eine Übermacht, mit viel Aufwand und Destruktion agiert.

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