"The Adventures of Sherlock Holmes" wurde von Granada Television, einem Teil der britischen Aktiongesellschaft ITV (Independent Television) direkt für das Fernsehen produziert. Man brachte es auf 36 Episoden und fünf Spielfilme, wozu auch "Der letzte Vampir" zählt. Es handelt sich hierbei um den vierten Spielfilm der Reihe, gehörend zu Staffel 8. Er basiert auf der Kurzgeschichte von Sir Arthur Conan Doyle mit dem Titel "The Adventure of the Sussex Vampire". Doch für einen Spielfilm musste Drehbuchautor Jeremy Paul (Comtesse des Grauens, Der König der Erpresser) einige Elemente hinzudichten, die der Story erfreulicherweise mehr Komplexität verleihen. Die Regie übernahm Tim Sullivan, der sich normalerweise als Schauspieler in schrottigen Produktionen wie "Alien Force" oder "Camp Blood" betätigt.
In der Kleinstadt Lamberly haben sich einige seltsame Todesfälle ereignet, jüngst starb das Baby des Gutsherren Rob Ferguson (Keith Barron). John St. Claire Stockton (Roy Marsden) wird mit allen Morden in Verbindung gebracht, denn seine Vorfahren wurden als Vampire bezeichnet und vor über hundert Jahren wurde ihr Anwesen von der Dorfbevölkerung niedergebrannt. Stockton will sich angeblich für die damaligen Ereignisse rächen, Reverend Augustus Merridew (Maurice Denham) beauftragt den Meisterdetektiv Sherlock Holmes (Jeremy Brett) und seinen Gehilfen Dr. John Watson (Edward Hardwicke) das Ganze zu untersuchen. Und tatsächlich wird Lamberly gerade von einer mysteriösen Krankheitswelle heimgesucht und warum fühlt sich Robs Frau Carlotta (Yolanda Vasquez) so zu Stockton hingezogen ? Holmes und Watson haben viel Arbeit vor sich.
Gedreht wurde diese TV-Produktion in der Nähe von Sussex in einem kleinen Dorf namens Cotswold. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, denn angeblich mussten an der Kulisse kaum Veränderungen vorgenommen werden. Und man fühlt sich in diese Zeit zurückversetzt, denn Cotswold versprüht den nostalgischen Flair mit seinen Fachwerkhäusern und dem altmodischen Inventar. Die Grundstimmung ist düster, gar ungemütlich und verleiht diesem Krimi damit etwas Mystisches. Das schöne an Sherlocks Fällen ist, dass so unglaublich sie auch klingen mögen, es gibt immer eine plausible Erklärung dafür, nichts Übernatürliches ist daran beteiligt. So auch bei "Der letzte Vampir", wo angeblich ein Blutsauger das Örtchen Lamberly heimsucht in Form des Wissenschaftlers Stockton. Allein seine Anwesenheit löst bei der Bevölkerung unbehagen aus, auch weil der Gute nicht in die Kirche geht und eine spezielle Wirkung auf Robs Frau Carlotta ausübt. Doch der Verdacht wird so intensiv auf Stockton gelenkt, dass er es eigentlich nicht sein kann. Und tatsächlich existieren hier massig undurchsichtige Charaktere, jeder scheint ein Geheimnis zu beherbergen. Für Sullivan ziemlich schwierig die ganzen Figuren unter einen Hut zu bringen, weswegen "Der letzte Vampir" in manchen Sequenzen etwas langwierig daherkommt.
Trotzdem fesselt diese immer komplexer werdende Geschichte von Anfang bis Ende. Denn sobald einige Fragen beantwortet wurden, sind wieder neue aufgeworfen. Holmes und Watson gehen zahlreichen Indizien nach, kombinieren fleissig, kommen des Rätsels Lösung wirklich erst auf den letzten Drücker auf die Spur. Selbst der Meisterdetektiv verliert zwischendurch seine bodenständige Haltung, weil er in einer Ruine einen Geist sieht. Jedoch wird das gesamte Mysterium aufgeklärt, auch wenn die Überraschung gegen Ende Fluch und Segen zu gleich ist und es hierzu ein paar schwammige Erklärungen hagelt. Aber es macht Spass dem Detektiv mit seiner fazinierenden Kombinationsgabe bei der Arbeit zuzuschauen, besonders weil Jeremy Brett (Der Schrecken der Medusa, Macbeth) sehr der Conan Doyle Figur entspricht. Edward Hardwicke (Oliver Twist, Der Scharlachrote Buchstabe) ist ebenfalls eine sehr treffende Besetzung für die Rolle des Watson, der hier sehr fordergründig arbeiten darf. Auch die restliche Besetzung vermag durchweg zu gefallen.
Die überarbeitete Kurzgeschichte kann auch dem Fan noch gefallen, da durch das Legen zahlreicher falscher Fährten und den undurchsichtigen Charakteren eine vorzeitige Lösung fast unmöglich ist. Eine gelungene Mischung aus komplexem Krimi und Horrorelementen mit tollen Darsteller und einer düsteren Kulisse. Vielleicht in mancher Hinsicht etwas lang geraten.